Israel enteignet Palästinenser für neue illegale Siedlungen – Am Golan weht schwarze Fahne des Kalifats


Jüdische Siedlungen im Westjordanland
Jüdi­sche Sied­lun­gen im Westjordanland

(Tel Aviv) Isra­el beschlag­nahmt in der Gegend von Geva­ot im West­jor­dan­land min­de­stens 400 Hekt­ar zur ille­ga­len Errich­tung wei­te­rer jüdi­scher Kolo­nien. Isra­el begrün­det den Schritt als Ver­gel­tungs­maß­nah­me für die Ermor­dung von drei israe­li­schen Jugend­li­chen im Juni, wie der israe­li­sche Hör­funk mel­de­te. Das Pro­jekt, in Geva­ot eine jüdi­sche Kolo­nie zu grün­den, gehe aber bereits auf das Jahr 2000 zurück, so die israe­li­sche Frie­dens­be­we­gung Peace Now. Unter­des­sen weht am Golan, von wo aus man bis Jeru­sa­lem blicken kann, die schwar­ze Fah­ne des Kalifats.

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Die israe­li­sche Frie­dens­be­we­gung Scha­lom Ach­schaw, inter­na­tio­nal bes­ser bekannt als Peace Now (Frie­den jetzt) spricht daher von einer vor­ge­scho­be­nen Begrün­dung. Palä­sti­nen­ser­prä­si­dent Abu Mazen kri­ti­sier­te die ein­sei­ti­ge Akti­on Isra­els, die „zu mehr Insta­bi­li­tät“ bei­tra­gen werde.

Peace Now: Größte Enteignung der vergangenen 30 Jahre

Geva­ot liegt in den von Isra­el beset­zen Palä­sti­nen­ser­ge­bie­ten des West­jor­dan­lan­des. Völ­ker­recht­lich han­delt es sich sowohl bei der Ent­eig­nung als auch der Sied­lungs­tä­tig­keit um ille­ga­le Aktio­nen, da sich Isra­el Gebiet eines ande­ren Staa­tes aneig­net und durch Besied­lung einen dau­er­haf­ten Sta­tus dar­aus zu machen ver­sucht. Durch neue Sied­lun­gen, auf dem zu „Staats­land“ erklär­ten Gebiet, sol­len die jüdi­schen Sied­lun­gen von Etzi­on bei Bet­le­hem gestärkt wer­den. Laut Peace Now han­delt es sich um die größ­te Land­ent­eig­nung durch Isra­el in den ver­gan­ge­nen 30 Jahren.

Die 1978 gegrün­de­te israe­li­sche Frie­dens­be­we­gung Peace Now kämpft seit Jah­ren gegen die ille­ga­len jüdi­schen Sied­lun­gen außer­halb der israe­li­schen Staats­gren­zen. Laut Peace Now habe die Regie­rung den palä­sti­nen­si­schen Grund­be­sit­zern, die in der Gegend Oli­ven anbau­en, 45 Tage ein­ge­räumt, um gegen die Ent­eig­nung Ein­spruch zu erhe­ben. Die Aus­sich­ten, daß die Palä­sti­nen­ser ihre legi­ti­men Rech­te tat­säch­lich durch­set­zen könn­ten, sei­en jedoch mini­mal, so die Frie­dens­be­we­gung. Unter den Grund­be­sit­zern sol­len sich auch Chri­sten befin­den, wie es bei der Fran­zis­ka­ner­kus­to­die in Jeru­sa­lem heißt.

Palästina als mehrere Homelands?

Bereits die UNO teil­te das Gebiet der Palä­sti­nen­ser in zwei Tei­le und schwäch­te damit noch vor der will­kür­li­chen Aus­ru­fung der bei­den Staa­ten Isra­el und Palä­sti­na Ende der 1940er Jah­re die Eigen­staat­lich­keit des palä­sti­nen­si­schen Rest­staa­tes. Isra­el beab­sich­tigt seit der zwei­ten Inti­fa­da durch die ille­ga­le jüdi­sche Sied­lungs­tä­tig­keit auch das West­jor­dan­land zu tei­len und eine israe­lisch-jüdi­schen Sied­lungs­strei­fen bis in die Jor­dan­sen­ke vorzutreiben.

Selbst wenn Palä­sti­na ein­mal ein sou­ve­rä­ner Staat wer­den soll­te, wür­de dadurch sein Staats­ge­biet in meh­re­re, unzu­sam­men­hän­gen­de Tei­le zer­fal­len, deren ter­ri­to­ria­le Klam­mer Isra­el bil­den und damit die palä­sti­nen­si­sche Sou­ve­rä­ni­tät fak­tisch auf den Sta­tus eines Pro­tek­to­rats redu­zie­ren. Kri­ti­ker der israe­li­schen Regie­rungs­po­li­tik spre­chen daher von Ver­su­chen, Palä­sti­na in meh­re­re Home­lands auf­zu­tei­len, wie es das süd­afri­ka­ni­sche Apart­heid­re­gime zwi­schen 1963 und 1994 getan habe.

Der­zeit leben bereits etwa 500.000 israe­li­sche Juden in den Kolo­nien im West­jor­dan­land und Ost-Jeru­sa­lem, die gemäß inter­na­tio­na­lem Recht ille­gal errich­tet wur­den und die Lösung des israe­lisch-palä­sti­nen­si­schen Kon­flikts schwer belasten.

Schwarze Fahne des Kalifats weht am Golan

Franziskanerkustode des Heiligen Landes Pater Pizzaballa beim Meeting von CL in Rimini (2014)
Fran­zis­ka­ner­kus­to­de des Hei­li­gen Lan­des Pater Piz­za­bal­la beim Mee­ting von CL in Rimi­ni (2014)

Die Fran­zis­ka­ner­kus­to­die des Hei­li­gen Lan­des äußer­te sich noch nicht offi­zi­ell zur Land­ent­eig­nung. Sie mach­te jedoch vor vier Tagen dar­auf auf­merk­sam, daß auf den Golan­hö­hen die „schwar­ze Fah­ne des Kali­fats weht“. Am 27. August bom­bar­dier­te die syri­sche Luft­waf­fe dort isla­mi­sti­sche Stel­lun­gen. Dabei wur­de ein israe­li­scher Offi­zier durch eine ver­irr­tes Geschoß ver­letzt. Vor kur­zem wäre das noch ein Grund für einen mili­tä­ri­schen Gegen­schlag gewe­sen. Nun aber ver­hält sich Isra­el jedoch ganz ruhig. Die Fran­zis­ka­ner­kus­to­die weiß auch den Grund dafür zu berich­ten. Weil Isra­el nicht unwe­sent­lich Mit­ver­ant­wor­tung an der neu­en Stär­ke der Isla­mi­sten und des Kali­fats trägt.

Im syrisch-israe­li­schen Grenz­ge­biet der Demar­ka­ti­ons­li­nie von 1967 „ope­rie­ren seit eini­ger Zeit rund 30 Anti-Assad-Orga­ni­sa­tio­nen“, die „in vie­len Fäl­len durch die ent­schei­den­de Unter­stüt­zung der USA, Jor­da­ni­ens und auch Isra­els aus­ge­bil­det“ wur­den, was auch durch israe­li­sche Mili­tär­ana­ly­sten (Debka­files) zuge­ge­ben wer­de, so die Kusto­die. Die zen­tra­le Ent­schei­dungs­stel­le für „Aus­bil­dung, Bewaff­nung und Finan­zie­rung der Anti-Assad-Mili­zen“ befin­de sich in der jor­da­ni­schen Haupt­stadt Amman. Errich­tet sie vom ame­ri­ka­ni­schen Pen­ta­gon, doch sei­en dort auch israe­li­sche Offi­zie­re maß­geb­lich eingebunden.

USA und Israel haben Al-Qaida, IS und Kalifat gefördert

Tat­sa­che sei es, daß unter der Begrün­dung die Anti-Assad-Oppo­si­ti­on zu stär­ken, „Al-Qai­da gestärkt wur­de und damit letzt­lich das isla­mi­sche Kali­fat, das heu­te an die Türen des Golan klopft, wo bereits die schwar­ze Fah­ne des IS weht und von wo aus man bis Jeru­sa­lem sehen kann, über des­sen Bedeu­tung als pro­pa­gan­di­sti­sche Waf­fe man sich voll­kom­men bewußt ist „, so die Fran­zis­ka­ner­kus­to­die ohne Umschwei­fe. „Unter den Hun­der­ten von Mili­zio­nä­ren am Golan sol­len sich auch Anhän­ger der Ter­ror­grup­pe Ansar al-Beit Maq­dis, einer Koali­ti­on von Al-Qai­da-Zel­len befin­den, deren Kämp­fer von der ägyp­ti­schen Sinai-Halb­in­sel und – sie­he da – aus dem Gaza-Strei­fen kommen.“

Nun müs­se Isra­el „gute Mie­ne zum bösen Spiel machen, wenn Assad die isla­mi­sti­schen Stel­lun­gen der al-Nus­ra-Bri­ga­de  am Golan bom­bar­die­ren läßt, die sich hin­ter der Fah­ne des Kali­fats schart und phil­ip­pi­ni­sche Blau­hel­me gefan­gen­nahm. Noch vor kur­zem hät­te ein sol­cher Akt sofort einen Gegen­schlag der israe­li­schen Kampf­flug­zeu­ge zur Fol­ge gehabt, doch nun war der Angriff sogar so etwas wie eine Gefäl­lig­keit. Im Nahen Osten in Auf­ruhr könn­te der Feind von gestern zum Ver­bün­de­ten wer­den“, so die Fran­zis­ka­ner­kus­to­die in ihrer Ana­ly­se. Ähn­lich äußer­te sich bereits Pater Pier­bat­ti­sta Piz­za­bal­la, der seit 2004 amtie­ren­de Kustos der Fran­zis­ka­ner­kus­to­die des Hei­li­gen Lan­des am ver­gan­ge­nen 24. August auf dem Mee­ting 2014 von Comu­nio­ne e Libe­ra­zio­ne in Rimini.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Asianews/​Franziskanerkustodie des Hei­li­gen Landes

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