(Madrid) Die Entscheidung des in Spanien regierenden Partido Popular (PP) das bereits von der Regierung beschlossene Gesetz zur Stärkung des Lebensrechts Ungeborener und zur Einschränkung des Kindermordes durch Abtreibung zurückzuziehen, sorgt für heftige Diskussionen. Den spanischen Christdemokraten des PP wird vorgeworfen, ein zentrales Versprechen gebrochen zu haben, mit dem sie 2011 die Parlamentswahlen gewannen. Mit dem Rückzieher möchten sie bei den 2015 anstehenden Parlamentswahlen die Aussicht auf Wiederwahl verbessern. Oder geht es darum, daß im westlichen Establishment ein ungeschriebenes Gesetz gilt, daß Abtreibung als „gesellschaftlicher Konsens“ anzuerkennen ist?
Ist der PP zur Abtreibungspartei geworden? Das fragen sich nicht nur die Lebensrechtsorganisationen, sondern auch die katholischen Bischöfe Spaniens. Tatsächlich würde der PP damit dem Beispiel der christdemokratischen Parteien des deutschsprachigen Raumes folgen, wie der bundesdeutschen CDU, der österreichischen ÖVP, der Schweizer CVP oder der luxemburgischen CSV. Für sie ist Abtreibung kein Thema mehr. Mehr noch, sie sind soweit bereits zu Abtreibungsparteien geworden, daß sie das Ende des Kindermordes als „Störung des gesellschaftlichen Konsenses“ bekämpfen.
Partido Popular von „Gender-Ideologie und Homo-Lobby infiziert“
Klare Worte für den PP fand Bischof Juan Antonio Reig Pla von Alcalá de Henares: „Es ist moralisch nicht zu rechtfertigen, wie der Partido Popular mit den Katholiken umgeht, die an der Ausarbeitung der Reform des Abtreibungsgesetzes mitgewirkt haben“. Und weiter: „Nennen wir die Dinge beim Namen: Es handelt sich um eine richtige Ohrfeige für die Katholiken.“ Ministerpräsident Mariano Rajoy habe sich in dieser Sache als „untreu“ und „dumm“ erwiesen. Die jüngste Entscheidung zeige, wie „infiziert“ der Partido Popular durch „Radikal-Feminismus, Gender-Ideologie und Homo-Lobby“ sei, so der Bischof. Unter diesen Bedingungen sei der PP eine „eine diabolische Synthese aus liberalem Individualismus und Marxismus“.
Msgr. Reig Pla erinnerte den PP daran, daß „Abtreibung ein abscheuliches Verbrechen“ ist und jeder Katholik, der daran mitwirke, „und das gilt auch für Politiker, latae sententiae exkommuniziert ist“. Wenn der PP an seiner Haltung zugunsten der Abtreibung festhalten sollte, sei es unmöglich für Katholiken, weiterhin mit der Partei zusammenzuarbeiten.
„Zivile Antwort“ gegen „Weltordnung im Dienst eines transnationalen, neokapitalistischen Imperialismus“
Der Bischof forderte die Bevölkerung auf, auf diesen „Skandal“ eine „organisierte, zivile Antwort“ zu geben. Eine Antwort gegen das „Versagen“ der Regierung beim „Schutz der Schwächsten“ und für ein „Ende der Weltordnung im Dienst eines transnationalen, neokapitalistischen Imperialismus“.
Auch andere Bischöfe kritisierten die regierenden Christdemokraten scharf. Bischof Jose Ignacio Munilla von San Sebastian schrieb auf Twitter: „Angesichts des Todes Tausender unschuldiger Leben kann das Gewissen nicht schlafen“.
Bischof Esteban Escudero von Palencia, der sich gerade im Heiligen Land befindet, schickte von dort eine Erklärung. Darin erinnerte er die Regierung an ihre „Pflicht“, ihr „Wahlversprechen gegenüber den Bürgern einzuhalten“. Das Lebensrecht, so der Bischof, „ist das erste aller Menschenrechte, auf dem alle anderen aufbauen. Es darf nicht zum Spielball des Wahlkampfopportunismus einer politischen Partei werden“. Unabhängig von dem, was ein Staatsgesetz derzeit erlaube, „ist für einen Katholiken die Abtreibung mit allen Konsequenzen moralisch inakzeptabel“.
Bischof Julian Lopez von Leon sagte gegenüber der Nachrichtenagentur ICAL: Der PP „hat eine Gelegenheit vertan, nicht um irgendeine Wählerklientel zufrieden zu stellen, sondern um dem ethischen und absoluten Wert des Lebensrechts Geltung zu verschaffen“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Infovaticana