Gespräche zwischen Rom und Piusbruderschaft wieder aufgenommen


Bischof Fellay in Rom
Bischof Fel­lay in Rom

(Rom) Am spä­ten Vor­mit­tag des heu­ti­gen Tages fand in Rom das Tref­fen zwi­schen Glau­bens­prä­fekt Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler und dem Gene­ral­obe­ren der Pius­bru­der­schaft, Bischof Fel­lay statt. Zum ersten Mal stan­den sich Kar­di­nal Mül­ler und Bischof Fel­lay per­sön­lich gegen­über, seit der ehe­ma­li­ge Bischof von Regens­burg Anfang Som­mer 2012 zum Glau­bens­prä­fek­ten ernannt wor­den war.
Seit der Wahl von Papst Fran­zis­kus fehl­te es nicht an Stim­men, die in Rom einen dra­sti­schen Schluß­strich zie­hen und Bischö­fe und Prie­ster der Pius­bru­der­schaft exkom­mu­ni­zie­ren woll­ten. Papst Fran­zis­kus folg­te die­sem „Rat­schlag“ nicht. Statt­des­sen wur­den mit heu­ti­gem Tag die Gesprä­che zwi­schen der Pius­bru­der­schaft und Rom wie­der aufgenommen.

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Die vom vati­ka­ni­schen Pres­se­amt ver­öf­fent­lich­te Erklä­rung erfolg­te in ver­schie­de­nen Spra­chen, aller­dings nicht in deut­scher Spra­che. Die nach­fol­gen­de Über­set­zung lehnt sich mög­lichst genau an den maß­geb­li­chen ita­lie­ni­schen Text.

Heu­te, Diens­tag, 23. Sep­tem­ber, fand von 11 Uhr bis 13 Uhr in einem herz­li­chen Kli­ma am Sitz der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on die Begeg­nung zwi­schen S.Em. Kar­di­nal Ger­hard Lud­wig Mül­ler, Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on und S.Ex. Ber­nard Fel­lay, Gene­ral­obe­rer der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. statt. An der Begeg­nung nah­men die Ex.en Msgr. Luis Fran­cis­co Lada­ria Fer­rer SJ, Sekre­tär der­sel­ben Kon­gre­ga­ti­on, Msgr. Joseph Augu­sti­ne Di Noia OP, bei­geord­ne­ter Sekre­tär, und Msgr. Gui­do Poz­zo, Sekre­tär der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei teil, sowie die Assi­sten­ten der FSSPX, Pater Niklaus Pfluger und Pater Allain-Marc Nély.

Bei der Begeg­nung wur­den eini­ge Pro­ble­men dok­tri­nel­ler und kano­ni­scher Natur behan­delt, und man hat sich dar­auf ver­stän­digt, schritt­wei­se und in ange­mes­se­nem Zeit­rah­men in Rich­tung Über­win­dung die­ser Schwie­rig­kei­ten und der wün­schens­wer­ten Errei­chung der vol­len Ver­söh­nung fortzufahren.

Zwei Aspek­te der Erklä­rung ste­chen ins Auge. Erstens die Beto­nung, daß die Begeg­nung in einem „herz­li­chen Kli­ma“ statt­fand. Eine For­mu­lie­rung, die in deut­scher Über­set­zung sehr stark klingt, in der blu­mi­ge­ren ita­lie­ni­schen Spra­che hin­ge­gen noch eini­ge Stei­ge­rungs­mög­lich­kei­ten zulie­ße, aber ins­ge­samt eine posi­ti­ve Wer­tung signa­li­siert. Zwei­tens, der inhalt­lich wich­tig­ste letz­te Satz, der zeigt, daß die direk­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­we­ge zwi­schen Rom und Eco­ne wie­der offen sind. Das schien vor kur­zem noch nicht selbstverständlich.

Die offi­zi­el­le Erklä­rung des Gene­ral­hau­ses der Pius­bru­der­schaft in Men­zin­gen ent­spricht weit­ge­hend dem Wort­laut des Vati­kans. Zusätz­lich wird neben den „dok­tri­nel­len und kano­ni­schen Schwie­rig­kei­ten“ gesagt, daß auch die „aktu­el­le Lage der Kir­che“ ange­spro­chen wur­de. Die Erklä­rung der Pius­bru­der­schaft ist bei der Nen­nung eines ange­streb­ten Zie­les zurück­hal­ten­der und spricht davon, die Gesprä­che „zur Klä­rung der ver­blei­ben­den umstrit­te­nen Punk­te fortzusetzen“.

Ein kurzer Rückblick

Im Früh­jahr 2012 hat­te man auf Sei­ten der Pius­bru­der­schaft in den mona­te­lan­gen Ver­hand­lun­gen davor den Ein­druck gewon­nen, Rom akzep­tie­re die vor­ge­brach­ten Ände­rungs­wün­sche an der „Dok­tri­nel­len Prä­am­bel“, deren Annah­me die Grund­la­ge für die kano­ni­sche Aner­ken­nung bil­den soll­te. Dann trat im Mai die Voll­ver­samm­lung der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on zusam­men und annul­lier­te die erziel­ten Ergeb­nis­se. Am 13. Juni 2012 dach­te Bischof Fel­lay nach Rom zu rei­sen und mit der kano­ni­schen Aner­ken­nung der Pius­bru­der­schaft zurück­zu­keh­ren. Statt des­sen wur­de ihm von Kar­di­nal Wil­liam Leva­da, dem dama­li­gen Glau­bens­prä­fek­ten nicht die ver­ein­bar­te Fas­sung der Dok­tri­nel­len Prä­am­bel vor­ge­legt, son­dern wie­der die ursprüng­li­che Fas­sung, bevor die Gesprä­che begon­nen hat­ten. Eine inak­zep­ta­ble Situa­ti­on, die mit einer ergeb­nis­lo­sen Abrei­se des Gene­ral­obe­ren der Pius­bru­der­schaft ende­te. Weil die Kehrt­wen­de so uner­war­tet kam, frag­te Bischof Fel­lay weni­ge Tage spä­ter, aus­drück­lich und schrift­lich bei Bene­dikt XVI. nach, ob das wirk­lich auch der Wunsch des Pap­stes sei. Als die­ser am 30. Juni bestä­tig­te, trat eine Sen­de­pau­se ein.

Eini­ge Krei­se in Rom woll­ten der Pius­bru­der­schaft den Schwar­zen Peter am Schei­tern der Gesprä­che zuspie­len und woll­ten von Bischof Fel­lay eine schrift­li­che nega­ti­ve Ant­wort auf die „Prä­am­bel“. Als die Pius­bru­der­schaft, die sich aus ihrer Sicht hin­ter­gan­gen fühl­te, nicht in die­se Fal­le tapp­te, stell­te ihr der inzwi­schen ins Amt getre­te­ne, und damit mit den Gesprä­chen nicht befaß­te neue Glau­bens­prä­fekt Mül­ler der Bru­der­schaft Anfang 2013 ein Ultimatum.

In einer sei­ner letz­ten Ent­schei­dun­gen hob Papst Bene­dikt XVI. das Ulti­ma­tum jedoch kurz vor sei­nem Amts­ver­zicht auf. Die Gesamt­fra­ge blieb damit unbe­ant­wor­tet. Die vom deut­schen Papst 2005 ange­sto­ße­nen Eini­gungs­be­mü­hun­gen, die in einer kano­ni­schen Aner­ken­nung der Bru­der­schaft mün­den soll­ten, wur­den auf Eis gelegt.

Mit der Wahl von Papst Fran­zis­kus schie­nen weni­ger denn je die Vor­aus­set­zun­gen gege­ben, die geschei­ter­ten Gesprä­che ziel­füh­rend wie­der­auf­neh­men zu kön­nen. Nach andert­halb Jah­ren der offi­zi­el­len Sen­de­pau­se, wur­den mit heu­ti­gem Tag die Gesprä­che in einem erstaun­lich wohl­wol­len­den Kli­ma wiederaufgenommen.

Fest steht, daß es im Vati­kan Stim­men gab, nach der erfolg­rei­chen Ver­hin­de­rung einer Eini­gung durch die Voll­ver­samm­lung der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, dem Abtritt von Bene­dikt XVI. und der Wahl von Papst Fran­zis­kus, die Gele­gen­heit zu nüt­zen, um einen dra­sti­schen Schluß­strich zu zie­hen und ein Exkom­mu­ni­ka­ti­ons­de­kret für die Bischö­fe und alle Prie­ster der Pius­bru­der­schaft zu erlas­sen. Eine Opti­on, die auch Papst Fran­zis­kus nahe­ge­legt wur­de, die sich der argen­ti­ni­sche Papst, trotz sei­ner kaum über­seh­ba­ren Abnei­gung gegen die Tra­di­ti­on und den über­lie­fer­ten Ritus, nicht zu eigen machte.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati­can Insider

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