Kardinal Kasper unterstellt Verteidigern des Ehesakraments: „Sie wollen einen Krieg“


Frage der wiederverheiratet Geschiedenen
Kar­di­nal Kas­pers Stra­te­gie der Ent­sach­li­chung der Fra­ge der wie­der­ver­hei­ra­tet Geschiedenen

(Rom) Kar­di­nal Kas­per, der Wort­füh­rer der Zulas­sung der wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on setzt einen wei­te­ren Schritt zur Ent­sach­li­chung der Dis­kus­si­on. In einem heu­te ver­öf­fent­lich­ten Inter­view unter­stellt er den Ver­tei­di­gern der katho­li­schen Ehe-Leh­re, damit einen „Krieg“ zu wol­len, des­sen „Ziel­schei­be“ nicht er, son­dern Papst Fran­zis­kus sei.

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Der Vor­stoß zur Zulas­sung wie­der­ver­hei­ra­te­ter Geschie­de­ner zur Kom­mu­ni­on erfolgt im Namen von „Barm­her­zig­keit“ und „Mensch­lich­keit“. Ein geüb­ter tak­ti­scher Schach­zug. Er unter­stellt impli­zit, daß jede ande­re Posi­ti­on „unbarm­her­zig“ und „unmensch­lich“ sei. So äußer­te sich jüngst auch Bischof Franz-Josef Over­beck, der auf einer „Dia­log­ver­an­stal­tung“ der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz mein­te, die Kir­che müs­se im Umgang mit wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen „mensch­li­cher“ werden.

Eindruck einer strategischen Planung

Und Papst Franziskus steht wo
Und Papst Fran­zis­kus steht wo?

Über­haupt ver­mit­tel­te der Vor­stoß Kar­di­nal Kas­pers beim Kar­di­nal­kon­si­sto­ri­um im ver­gan­ge­nen Febru­ar den Ein­druck einer stra­te­gisch geplan­ten Akti­on (Kar­di­nal Kas­pers Rede und „Die Zeit“ – Ein­druck einer stra­te­gi­schen Pla­nung), bei der maß­geb­li­che Fäden bei Papst Fran­zis­kus selbst zusam­men­zu­lau­fen schei­nen. Dazu gehört ein infor­mel­les Bünd­nis mit welt­li­chen Medi­en zur Erzeu­gung öffent­li­chen Drucks, eben­so die Mit­tel der Dro­hung (Kas­pers Nöti­gung: „Ent­we­der wie ich will, oder bes­ser kei­ne Bischofs­syn­ode“) und der dra­ma­ti­schen Inszenierung.

Das jüng­ste Bei­spiel der dra­ma­ti­schen Insze­nie­rung bil­det ein heu­te in der ita­lie­ni­schen Tage­zei­tung Il Mat­ti­no ver­öf­fent­lich­tes Inter­view Kas­pers. Dar­in skiz­ziert der Kar­di­nal eine schwe­re „Bedro­hung“, die sich gegen den Papst rich­te: „Sie wol­len den Krieg bei der Syn­ode. Der Papst ist die Ziel­schei­be“. Der Kar­di­nal ent­sach­t­licht damit die Dis­kus­si­on um die wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen voll­ends. Die Ent­sach­li­chung stell­te von Anfang an ein zen­tra­les Ele­ment des Vor­sto­ßes dar durch die Behaup­tung, die Fra­ge allein der pasto­ra­len Ebe­ne zuord­nen und damit von der Ebe­ne der Glau­bens­leh­re abkop­peln zu wol­len. Gleich­zei­tig wur­de die Fra­ge emo­tio­na­li­siert durch die Beto­nung von „Lei­den“, „Barm­her­zig­keit“ und „Mensch­lich­keit“.

Entsachlichung der Frage durch inszenierte Emotionalisierung

Mit dem heu­te ver­öf­fent­lich­ten Inter­view geht der Kar­di­nal noch einen stra­te­gi­schen Schritt wei­ter und kop­pelt die Fra­ge direkt an die Per­son von Papst Fran­zis­kus. Damit tritt die eigent­li­che Fra­ge in den Hin­ter­grund und das Pro und Con­tra um den seit März regie­ren­den argen­ti­ni­schen Papst in den Vor­der­grund. Eine Ableh­nung von Kas­pers The­sen soll damit auto­ma­tisch zu einem Angriff gegen den Papst umge­deu­tet werden.

„Eini­ge wol­len bei der kom­men­den Syn­ode einen ideo­lo­gi­schen Krieg. Die Leh­re der Kir­che ist offen, sie aber wol­len eine kri­stal­li­sier­te Wahr­heit. Die Ziel­schei­be der Pole­mi­ken bin nicht ich, son­dern ist der Papst“, so Kas­per wört­lich, der von der Zei­tung als „Theo­lo­ge“ vor­ge­stellt wird, „den Fran­zis­kus zum zeit­ge­nös­si­schen Theo­re­ti­ker der ‚Theo­lo­gie auf den Knien‘ erho­ben hat, der fähig ist, die Gesell­schaft zu hören, vor allem die exi­sten­ti­el­len Dra­men des Men­schen, nicht um zu ver­ur­tei­len, son­dern zusam­men mit ihm zu gehen.“

Kaspers Replik auf Kardinäle, die seine Thesen als wahrheitswidrig verwerfen

Fünf Kardinäle verteidigen Ehe-Sakrament
Fünf Kar­di­nä­le ver­tei­di­gen Ehe-Sakrament

Das Inter­view stellt eine Replik des Kar­di­nals auf das Buch von fünf Kar­di­nä­len dar, die Kas­pers The­sen wider­spre­chen. Das Buch erschien in meh­re­ren Spra­chen im ame­ri­ka­ni­schen Ver­lag Igna­ti­us Press eines Mit­glieds des Joseph-Ratz­in­ger-Schü­ler­krei­ses. Die Autoren for­dern dazu auf, „in der Wahr­heit Chri­sti zu blei­ben“. Ein har­ter Vor­wurf gegen Kar­di­nal Kas­per, mit sei­nen The­sen die Wahr­heit ver­las­sen zu haben. Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler ist als Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on der rang­höch­ste und ein­fluß­reich­ste unter den fünf Kar­di­nä­len. Die wei­te­ren Kar­di­nä­le sind Ray­mond Leo Bur­ke, Wal­ter Brand­mül­ler, Vel­asio De Pao­lis und Car­lo Caf­farra. Drei von ihnen, die Kar­di­nä­le Mül­ler, Bur­ke und Caf­farra wer­den als Syn­oda­len ihre Klin­ge mit Kas­per auch auf der am 5. Okto­ber begin­nen­den Bischofs­syn­ode über die Fami­lie kreu­zen. Papst Fran­zis­kus ernann­te Kas­per per­sön­lich zum Synodenvater.

Im Inter­view erklärt Kas­per, das Buch sei­ner fünf Mit­brü­der im Kar­di­nals­kol­le­gi­um noch nicht gele­sen zu haben. Den­noch meint er, die Inhal­te zu ken­nen. Er selbst sieht sich in der Posi­ti­on des­sen, der ledig­lich die The­men auf­ge­grif­fen habe, die in Fami­lia­ris Con­sor­tio von Johan­nes Paul II. unbe­han­delt geblie­ben sei­en. Papst Woj­ty­la sei es gewe­sen, so Kas­per, der die Fami­lie als „zen­tra­le“ Zel­le, aber nicht mehr als „natür­li­che“ Zel­le von Kir­che und Gesell­schaft bezeich­net habe. Die Fami­lie sei zwar „etwas gro­ßes und schö­nes, aber nicht per se gött­li­ches“, so der Kar­di­nal. Dem sei Rech­nung zu tra­gen und dar­in meint der Kar­di­nal jenen Spiel­raum zu erken­nen, der die Tore zu einer „neu­en Pasto­ral“ öffne.

„Lehre der Kirche nichts Geschlossenes“

„Die Leh­re der Kir­che steht nicht zur Dis­kus­si­on, kann aber ver­tieft wer­den. Aber die Leh­re ist nicht etwas Geschlos­se­nes. Es geht dar­um, über die Umset­zung der Leh­re in kom­ple­xen Situa­tio­nen zu dis­ku­tie­ren“, so Kas­per in sei­nem Inter­view. Die fünf Kar­di­nä­le wür­den ihn angrei­fen, „weil sie sagen, daß das Aus­gangs­do­ku­ment [die Rede Kas­pers beim Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um am 21. Febru­ar] gegen die Wahr­heit ist. Wir sind aber alle für die Wahr­heit“, so Kasper.

Medien sehen Übereinstimmung zwischen Kasper und Papst Franziskus

Unter­stüt­zung fin­det Kar­di­nal Kas­per, wie beab­sich­tigt, bei welt­li­chen Medi­en, die wesent­lich die öffent­li­che Dis­kus­si­on beein­flus­sen. Der Spie­gel titel­te zum Buch, mit dem die fünf Kar­di­nä­le die katho­li­sche Ehe-Leh­re ver­tei­di­gen: „Kar­di­nä­le gegen Öff­nung der Kir­che für Geschie­de­ne“. Der ORF: „Hard­li­ner-Pro­test gegen Papst-Kurs“. Die Pres­se: „Palast-Revol­te gegen den Papst. So ging die Mel­dung über die Ticker der inter­na­tio­na­len Pres­se­agen­tu­ren. Sie stel­len eine ver­deck­te Par­tei­nah­me zugun­sten Kas­pers dar. Zudem wird all­ge­mein sug­ge­riert, daß Papst Fran­zis­kus der­sel­ben Mei­nung wie Kar­di­nal Kas­per sei. Dafür spricht tat­säch­lich vie­les. Offi­zi­ell geäu­ßert hat er sich aller­dings nicht.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL/​Ignatius Press/​OR

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