(Rom/Madrid) Es wurde bereits seit einigen Tagen geschrieben. Nun erfolgte die Bestätigung. Papst Franziskus ernannte heute Erzbischof Carlos Osoro von Valencia zum neuen Erzbischof von Madrid. Die Absetzung von Kardinal Antonio Cañizares Llovera, den Präfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung durch Papst Franziskus wurde bereits wenige Wochen nach dem jüngsten Konklave erwartet. Nun schickt ihn der argentinische Papst zurück nach Spanien als neuen Erzbischof von Valencia. Entscheidend ist nicht diese Beförderung, die rangmäßig mehr einer Deklassierung ähnelt, sondern die Wegbeförderung aus Rom.
Damit erfolgt jene zweite Absetzung eines Präfekten der Römischen Kurie, die bereits seit dem Spätfrühling 2013 von Beobachtern erwartet wurde. Mit der Wahl eines neuen Papstes verfallen alle Ämter an der Römischen Kurie. Im Zuge seines personellen Umbaus der Kurie entfernte Papst Franziskus jene beiden von insgesamt neun Präfekten, die dem Kirchenverständnis von Papst Benedikt XVI. am nächsten standen. Bereits am 21. September 2013 wurde Kardinal Mauro Piacenza als Präfekt der Kleruskongregation abgelöst. Heute folgte auch das delikate Ressort der Heiligen Liturgie und der Sakramente. Delikat nicht zuletzt wegen der von Papst Franziskus zur Schau gestellten geringen liturgischen Sensibilität.
Liturgischer Mißbrauch für Franziskus kein Anstoß? – Liturgische Würde des Alten Ritus schon
Während der Papst bisher in keinem Zusammenhang Kritik an den vor allem im Westen verbreiteten liturgischen Mißbräuchen kundtat, ließ er mehrfach Unverständnis, ja sogar Abneigung gegenüber dem überlieferten Römischen Ritus erkennen, vor allem gegen die Gläubigen, die diesem Ritus anhängen.
Daß es unter Papst Franziskus kein Motu proprio Summorum Pontificum gegeben hätte, mit dem Papst Benedikt XVI. 2007 die durch die Liturgiereform von 1969 entstandene Schieflage im innersten Kernbereich des Glaubens korrigierte und dem überlieferten Ritus kirchenrechtlich wieder weitgehendes Heimatrecht und Gleichberechtigung neben dem Novus Ordo verschaffte, wird weder im näheren noch weiteren Umfeld des argentinischen Amtsinhabers bezweifelt.
Die bereits bei seinem ersten öffentlichen Auftritt sichtbar gewordene Abneigung gegen die Bemühungen seines Amtsvorgängers, in der Kirche wieder das Verständnis für das Sakrale zurückzugewinnen, setzt sich mit der Absetzung von Kardinal Cañizares fort. Eine Neubesetzung wurde noch nicht vorgenommen. Traditionsverbundene Kreise hegen Befürchtungen. Unter den im vergangenen Jahr am häufigsten genannten Kandidaten, befand sich auch Kurienerzbischof Piero Marini, der päpstlichen Zeremonienmeister von Johannes Paul II.
Zu nahe am Kirchenverständnis von Benedikt XVI.
Mit Kardinal Piacenza war der Versuch Benedikts XVI. verbunden, dem Klerus mit dem heiligen Johannes Maria Vianney einen Patron zum Vorbild zu geben, der unerschütterlich im überlieferten Kirchen- und Glaubensverständnis verankert war. Ein „vorkonziliares Priesterbild“, das kirchenintern so heftig bekämpft wurde, daß der Versuch scheiterte.
Mit Kardinal Cañizares ist das Bemühen Benedikts XVI. verbunden, die Heiligkeit der Liturgie zu stärken und dieses Bemühen vor allem durch die Aufwertung des überlieferten Ritus zu verstärken. Benedikt XVI. beendete damit nicht nur die Monopolstellung des Novus Ordo, sondern setzte ihn durch den Vetus Ordo unter Druck. Tatsächlich zeitigte das päpstliche Handeln weltweit Früchte. Ein Prozeß, der durch die Wahl von Papst Franziskus erheblich ins Stocken geraten ist. Kritiker werfen Kardinal Cañizares vor, kaum auf liturgische Mißbräuche im Novus Ordo reagiert zu haben.
Unverständnis für liturgische „Restauration“
Persönlich integer, aber nicht besonders kämpferisch, zelebrierte der Kardinal mehrfach in der überlieferten Form des Römischen Ritus, so auch im Herbst 2012 anläßlich der ersten Internationalen Wallfahrt der Tradition nach Rom. Es war das erste Mal seit der Liturgiereform, daß an einem Hauptaltar des Petersdomes wieder in größerem Rahmen ein Meßopfer im Alten Ritus zelebriert wurde.
Kardinal Piacenza war zum Zeitpunkt seiner Absetzung gerade 69 geworden. Kardinal Cañizares ist 68. Um ein altersbedingtes Ausscheiden handelte es sich weder beim einen noch beim anderen Purpurträger. Beide wurden, wie es Gepflogenheit der Kirche ist, mit wohlklingenden und prestigeträchtigen Ämtern abgefunden. Der entscheidende Punkt an den Umbesetzungen ist jedoch die dahinter stehende Richtungsentscheidung. Papst Franziskus will nicht nur durch Gesten, sondern durch Fakten das Pontifikat seines Vorgängers Benedikt XVI. korrigieren. Dafür wurde er letztlich auch gewählt.
Entspannung gegenüber Ministerpräsident Rajoy?
Antonio Maria Kardinal Rouco Varela, der bisherige Erzbischof von Madrid scheidet wegen Erreichung der Altersgrenze aus dem Amt. Wie unter Papst Benedikt XVI. üblich, beließ er ihn zwei Jahre länger im Amt. Daraus wurde genau ein weiteres Jahr, weil sich Papst Franziskus für diese Personalentscheidung ausreichend Zeit nehmen wollte. Spanien spielt in der spanischsprachigen Welt, zu der auch Argentinien gehört, eine deutlich wichtigere Rolle als andere europäischen Staaten.
Kardinal Rouco Varela war ein entschlossener Gegner der sozialistischen Regierung Zapatero und ihrer Gesellschaftspolitik. Aufgrund seines persönlichen Gewichts und als Vorsitzender der Spanischen Bischofskonferenz übte er entscheidenden Einfluß auf die Bischofsernennung in Spanien aus. Politisch stand er dem rechten Flügel des bürgerlichen Partido Popular (PP) nahe. Damit aber nicht dem derzeit amtierenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, dem auf der Suche nach Mehrheiten eine leise Kirche lieber wäre.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: 30Giorni/MiL/Asianews/Le Forum Catholique