Kardinal Schönborn: Vom Papst noch „Zeichen und Wunder“ – „Erschreckend“: Regierungen rüsten gegen eigene Bevölkerung


Kardinal Schönborn und Papst Franziskus
Kar­di­nal Schön­born und Papst Franziskus

(Wien) Wiens Erz­bi­schof Chri­stoph Kar­di­nal Schön­born ist „über­zeugt“, daß Papst Fran­zis­kus sein „Reform­tem­po“ bei­be­hal­ten und es zu „Ände­run­gen“ kom­men wer­de. Dies berich­te­te die Rhei­ni­sche Post in ihrer Diens­tag-Aus­ga­be. Vom amtie­ren­den Papst wer­de es noch „Zei­chen und Wun­der“ geben. Als „erschreckend“ bezeich­ne­te es der Kar­di­nal, daß die west­li­chen Regie­run­gen ihre Ver­tei­di­gungs- und Mili­tär­stra­te­gien immer  mehr „nach innen“ gegen die eige­ne Bevöl­ke­rung richten.

„Reformen“ zu wiederverheiratet Geschiedenen und gegen Zölibat („vielleicht“)

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„Refor­men“, das magi­sche Zau­ber­wort, wur­de von Wiens Erz­bi­schof in die­sem Inter­view inten­siv bemüht. „Ände­run­gen“ und „Reform­tem­po“ wür­den auch für „hei­ße Eisen“ wie die Zulas­sung von wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on und der Abschaf­fung des Prie­ster­zö­li­bats gel­ten, so der Kar­di­nal. Mit der ein­zi­gen Ein­schrän­kung des Wört­chens „viel­leicht“. Schön­born ist sich der päpst­li­chen Refor­men so sicher, daß er von „Zei­chen und Wun­dern“ sprach, die durch Papst Fran­zis­kus „gesche­hen werden“.

Wahl von Franziskus „Demonstration“ der Kardinäle: „Müssen Horizont erweitern“

Der seit 17 Mona­ten amtie­ren­de Papst aus Argen­ti­ni­en ken­ne „kei­ne Dis­kus­si­ons­ver­bo­te“, so der Vor­sit­zen­de der Öster­rei­chi­schen Bischofs­kon­fe­renz. Der Papst kon­zen­trie­re sich aber weni­ger auf „hei­ße Eisen“, son­dern vor allem auf eine „Kir­che der Armen für die Armen“. Mit der Wahl von Papst Fran­zis­kus hät­ten die Kar­di­nä­le „auch demon­strie­ren“ wol­len: „Wir müs­sen unse­ren Hori­zont erwei­tern“. Bis­her hat­te Öster­reichs ein­zi­ger Kar­di­nal die Wahl von Jor­ge Mario Berg­o­glio zum katho­li­schen Kir­chen­ober­haupt „über­na­tür­li­chen Zei­chen“ des Hei­li­gen Gei­stes zugeschrieben.

Der Papst, so Kar­di­nal Schön­born, sei „mehr Pro­phet als Revo­lu­tio­när“, des­halb wer­de er noch für „Auf­se­hen und Unru­he“ sor­gen: „Fran­zis­kus muss und er wird authen­tisch bleiben.“
Das Reform­pro­gramm des Pap­stes habe die­ser „letzt­lich“ beim hei­li­gen Fran­zis­kus abge­schaut: Es gehe dar­um, „das Evan­ge­li­um an die erste Stel­le zu set­zen“ und die Kir­che „jesu­a­ni­scher“ zu machen. Die „Schwie­rig­keit“ sei die Unter­schei­dung der Gei­ster, weil „alle das Evan­ge­li­um auf ihre Fah­nen schrei­ben, sei­en es die Reform­be­rei­ten oder die, die sich gegen Refor­men sträuben“.

Schönborn widerspricht EKD-Präses Schneider: Keine Zustimmung zur Euthanasie

Im Inter­view wider­sprach der Kar­di­nal dem Vor­sit­zen­den des Rates der Evan­ge­li­schen Kir­che in Deutsch­land, Niko­laus Schnei­der, der sich für Eutha­na­sie aus­ge­spro­chen hat­te. Dazu Kar­di­nal Schön­born: „Über das abso­lu­te Nein zur akti­ven Ster­be­hil­fe darf es kei­ne Debat­te geben.“ Die Kir­che wer­de nie ihre Zustim­mung dazu geben. Der Kar­di­nal erin­ner­te dabei an das Wort sei­nes Vor­vor­gän­gers Franz Kar­di­nal König, wonach der Mensch „an der Hand, aber nicht durch die Hand eines Men­schen ster­ben“ solle.

Papst kritisiert „eklatante Ungerechtigkeit des Turbokapitalismus“

Dis­ku­tiert wird die Aus­sa­ge von Papst Fran­zis­kus in sei­nem Apo­sto­li­schen Schrei­ben Evan­ge­lii gau­di­um: „Die­se Wirt­schaft tötet. „Ein rich­ti­ger Befund“ für Wiens Erz­bi­schof, der aus­drück­lich „nicht“ auf die Sozia­le Markt­wirt­schaft bezo­gen sei, die in der Nach­kriegs­zeit für die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und Öster­reich prä­gend war. Die päpst­li­che Aus­sa­ge rich­te sich gegen „den Kapi­ta­lis­mus und die ekla­tan­ten Unge­rech­tig­kei­ten, wel­che der libe­ra­le Tur­bo­ka­pi­ta­lis­mus mit sich bringt“. Die Wirt­schaft ste­he heu­te vor einer „Weg­ga­be­lung“, die Papst Johan­nes Paul II. bereits 1991 in sei­ner Sozi­al­enzy­kli­ka Labo­rem exer­cens vor­her­ge­se­hen hatte.

„Sorge“ wegen Aufrüstung der Regierungen gegen eigene Bevölkerung

Schließ­lich warn­te Kar­di­nal Schön­born vor Fehl­ent­wick­lun­gen in den west­li­chen Staa­ten: „Zu wenig“ wer­de dar­über gespro­chen, daß sich die Mili­tär- und Ver­tei­di­gungs­stra­te­gien immer mehr „nach innen rich­ten, mit Blick auf mög­li­che Auf­stän­de in den eige­nen Län­dern“. Die­se Ent­wick­lung sei „erschreckend“ und ver­deut­li­che die gan­ze Dra­ma­tik der gegen­wär­ti­gen Situa­ti­on, weil man, der Kar­di­nal sagt nicht wer, „mit einem wach­sen­den Unmut in der Bevöl­ke­rung“ rech­ne. Die Kir­che habe „gera­de in die­ser Situa­ti­on dar­an zu erin­nern, dass es noch Zeit ist umzukehren“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: MiL/​Cosa resta del giorno

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