Wenn der Papst „privat“ spricht, ist es doch öffentlich?


L'Osservatore Romano 30. Juli 2014
L’Os­ser­va­to­re Roma­no 30. Juli 2014

(Vati­kan) Die zwie­späl­ti­ge Öffent­lich­keits­ar­beit des Vati­kans gibt immer neue Rät­sel auf. Mehr noch dürf­te sie Ver­wir­rung unter Gläu­bi­gen und Nicht-Gläu­bi­gen stif­ten. „Die täg­li­che Mes­se des Pap­stes ist pri­vat, die voll­stän­di­gen Tex­te sei­ner Pre­dig­ten wer­den nicht ver­öf­fent­licht, wenn er aber pri­vat die Pfingst­ler besucht dann…“, kom­men­tier­te die spa­nisch­spra­chi­ge katho­li­sche Inter­net­sei­te Secre­tum Meum Mihi. Grund ist der heu­te erfolg­te voll­in­halt­li­che Abdruck der Papst­re­de vor den Evan­ge­li­ka­len in Caser­ta durch den Osser­va­to­re Roma­no (sie­he Bild). Bereits gestern war die Rede im offi­zi­el­len Bul­le­tin des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes ver­öf­fent­licht wor­den, eben­so auf der Inter­net­sei­te des Hei­li­gen Stuhls, wo sie unter „Anspra­chen“ gereiht wurde.

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Einer­seits gel­ten die Pre­dig­ten in der mor­gend­li­chen Hei­li­gen Mes­se in San­ta Mar­ta nicht als Teil des päpst­li­chen Lehr­am­tes. Den­noch ent­schied der Vati­kan „nach auf­merk­sa­mer Über­le­gung“, so Vati­kan­spre­cher Pater Feder­i­co Lom­bar­di am 29. Mai 2013, eine Zusam­men­fas­sung zu ver­öf­fent­li­chen „um einem gro­ßen Publi­kum den Reich­tum der Homi­li­en des Pap­stes“ zugäng­lich zu machen. Aus die­sem Grund wer­den gleich zwei unter­schied­li­che Zusam­men­fas­sun­gen ange­fer­tigt und ver­öf­fent­licht, eine von Radio Vati­kan und eine wei­te­re vom Osser­va­to­re Roma­no. Begrün­det wur­de es unter ande­rem mit „der situa­ti­ons­be­ding­ten, spon­ta­nen und fami­liä­re­ren Aus­drucks­wei­se des Hei­li­gen Vaters“, die die­ser in San­ta Mar­ta verwende.

Die Pre­digt vom 7. Juli in San­ta Mar­ta wur­de jedoch voll­in­halt­lich ver­öf­fent­licht, wie­der­um im Osser­va­to­re Roma­no. „Demü­tig bit­te ich um Ver­ge­bung“, lau­te­te der Titel. Papst Fran­zis­kus hat­te sich mit Opfern sexu­el­len Miß­brauchs durch Kle­ri­ker getrof­fen. Die voll­stän­di­ge Pre­digt wur­de neben der Tages­zei­tung des Vati­kans auch im Bul­le­tin, durch VIS und Radio Vati­kan verbreitet.

Wenn es ein­mal geht, könn­te es auch immer gehen. War­um ver­öf­fent­licht der Hei­li­ge Stuhl nicht täg­lich die Pre­dig­ten voll­in­halt­lich? Oder viel­leicht gar nicht? Auch das wäre eine Opti­on. Wahr­schein­lich sogar die bes­se­re ange­sichts eines „pri­va­ten“ Lehr­am­tes des Pap­stes, das drauf und dran ist, das offi­zi­el­le Lehr­amt zu über­flü­geln und in den Schat­ten zu drängen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Osser­va­to­re Romano

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