(Salzburg) Am Sonntag, den 20. Juli, steht im Rahmen der Salzburger Festspiele die Profanierung der berühmten Kollegienkirche auf dem Programm.
Ein Schwerpunkt der Festspiele, die „Ouverture Spirituelle“, steht 2014 unter dem Motto „Christentum und Islam. Am Sonntag ist mit Beginn um 21 Uhr der Auftritt des islamischen Sufi-Ordens al-Gazoulia (al-Dschazuliya al-Husayniya al-Schadhiliya) aus Kairo vorgesehen, der „erstmals seine Riten und Zeremonien in einem öffentlichen Raum, bei uns in der Kollegienkirche zeigen wird“, wie der scheidende Festspielintendant Alexander Pereira begeistert der Kleinen Zeitung sagte. „Wir sind alle wahnsinnig gespannt“ auf den Sufi-Auftritt. Für den Österreicher Pereira sind eine katholische Kirche und der öffentliche Raum offensichtlich einerlei. Die „Ouverture Spirituelle“ gehört zu den Erfindungen von Intendant Pereira und bildet den Auftakt zu den Festspielen. Nach dem Christentum 2012 und dem Buddhismus 2013, liegt der Schwerpunkt 2014 auf dem Islam.
Vier Sufi-Veranstaltungen zum Motto „Christentum und Islam“
Insgesamt finden zum Motto „Christentum und Islam“ vier Programmpunkte statt, alle in der Kollegienkirche. Am 24. Juli folgen nach den Sufi-Gesängen 1 die Sufi-Gesänge 2. Am 22. und 26. Juli singt ein Sufi-Chor Texte des Sufi-Mystikers Mansur al-Hallag (858–922), die als Auftragswerk der Festspiele von Hossam Mahmoud und Samir Odeh-Tamimi vertont wurden.
„Die Religion ist wie ein Fluss, der durch viele Länder fließt. Jedes Land gibt diesem Fluss einen anderen Namen und beansprucht diesen womöglich auch noch für sich. Dabei ist der Fluss aber unabhängig von den Ländern und entspringt darüberhinaus auch einer Quelle“, heißt es zu den Aufführungen auf der Internetseite der Salzburger Festspiele. Auch fehlt der obligatorische Hinweis nicht, daß das Angebot im Zeichen des „Dialogs“ erfolge.
Sufi-Rituale „über Mohammed mit der göttlichen Wissensquelle verbunden“
„Im Zentrum ihrer Lehre steht die Liebe als der einzige Weg zu Gott, dessen Name Allah sich aus vier arabischen Buchstaben zusammensetzt“, wissen die Veranstalter der Festspiele in ihrer Ankündigung zu berichten. Und weiter: „Jedes ihrer Rituale, gleichsam aus der Stille erwachsend, mit der Anrufung seines Namens, steigert sich zu Gesang und mit den allmählich hinzutretenden orientalischen Musikinstrumenten zu einer Musik, die dazu dient, mit dem Göttlichen in Verbindung zu treten. Geleitet werden diese Rituale vom Meister (Sheikh) des jeweiligen Ordens (Tariqa), wobei der Sheikh durch eine Überlieferungskette über den Propheten Muhammad mit der göttlichen Wissensquelle verbunden ist. Die Rituale, von denen nicht eines dem anderen gleicht, finden zumeist an Gedenkstätten verstorbener Sufi-Meister statt.“
Kirche mit „öffentlichem Raum“ verwechselt
Der Sufi-Orden habe sich „spontan sofort bereit erklärt“, die Rituale „erstmals“ in einem „öffentlichen Raum“ durchzuführen. Für die Festspielleitung ist eine katholische Kirche offensichtlich unterschiedslos ein „öffentlicher Raum“ wie ein Konzertsaal oder das Große Festspielhaus.
Die 1707 geweihte Kollegienkirche von Salzburg steht nicht nur unter Denkmalschutz und gehört zum Unesco-Welterbe, sondern ist in erster Linie und ausschließlich ein katholisches Gotteshaus. Als solches ließ sie Fürsterzbischof Johann Ernst von Thun-Hohenstein für die 1622 errichtete Universität erbauen und der Heiligen Dreifaltigkeit weihen. Während den Napoelonischen Kriegen wurde die Kirche profaniert und diente den französischen Besatzungstruppen als Stall und Magazin. Nachdem die Universität 1810 von Bayern aufgehoben und unter Österreich neu geweiht wurde, fand sie als Garnisonskirche eine neue Aufgabe. Seit 1922 wird sie auch als Spielstätte für die Salzburger Festspiele genützt.
Mit der Wiedererrichtung der Universität 1962 wurde die Kollegienkirche wieder Universitätskirche und 2008 sogar zur Pfarrkirche der für die Universität errichteten Personalpfarrei. Die von Johann Bernhard Fischer von Erlach erbaute Barockkirche gilt neben dem Dom als einer der bedeutendsten Kirchenbauten Salzburgs.
Die Kollegienkirche ist als Universitätskirche Sitz der Katholischen Hochschulgemeinde. Jüngste Umbauarbeiten vollzogen nach der Verwaisung des Hochaltars und der Errichtung eines „Volksaltars“ durch die Hineinversetzung des „Volksaltars“ in das Langschiff den endgültigen Bedeutungsverlust des Presbyteriums. Die neue „Gemeinde“ versammelt sich im Kreisrund um den Altar, während das Presbyterium, jeder Bedeutung entblößt, zu einem kirchenbaulichen Relikt vergangener Zeiten degradiert ist.
Das katholische Kirchenrecht schließt die Nutzung einer Kirche für die Riten einer anderen Religion kategorisch aus. Deren Durchführung führt zur Schändung der Kirche und verlangt einen eigenen Reinigungsritus, um sie für die katholische Liturgie wieder nützen zu können.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Muslim in Egypt