Europa zwischen Sodom und Gomorrha


(Rom) Die Histo­ri­ke­rin Cri­sti­na Sic­car­di ver­faß­te für die Cor­ri­spon­den­za Roma­na eine Bespre­chung des Buches „L’Europa tra Sodo­ma e Gomor­ra“ (Euro­pa zwi­schen Sodom und Gomor­rha) von Dani­lo Quin­to (Arka­dia, Caglia­ri 2014, 188 Sei­ten, Euro 15).

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Das Vor­wort zum Buch stammt vom im ver­gan­ge­nen März ver­stor­be­nen Rechts­phi­lo­so­phen und Papst­kri­ti­ker Mario Pal­ma­ro. Das letz­te, das er ver­faß­te. Dani­lo Quin­to war 20 Jah­re ein mili­tan­ter Ver­tre­ter der radi­kal­lai­zi­sti­schen Radi­ka­len Par­tei Ita­li­ens, aus der die ehe­ma­li­ge EU-Kom­mis­sa­rin und radi­ka­le Abtrei­bungs­lob­by­istin Emma Boni­no stammt. Vor zehn Jah­ren fand er durch sei­ne heu­ti­ge Frau zum katho­li­schen Glau­ben und brach mit den Radikalen.

Ist der Titel sei­nes jüng­sten Buches rei­ne Pro­vo­ka­ti­on oder erin­nert das heu­ti­ge Euro­pa wirk­lich an die bei­den bibli­schen Städ­te, die von Gott wegen der dort ver­brei­te­ten Homo­se­xua­li­tät bestraft und dem Erd­bo­den gleich­ge­macht wur­den? „Dani­lo Quin­to beweist in die­sem Buch mit erhel­len­den und beleg­ten Argu­men­ten, daß der Ver­gleich völ­lig legi­tim ist“, schreibt Mario Pal­ma­ro in sei­nem Vor­wort. „Es han­delt sich um ein objek­tiv erschüt­tern­des Urteil, das nicht weni­ge Zeit­ge­nos­sen aus dem Kon­zept wer­fen wird, die an eine sanf­te und ein­lul­len­de poli­tisch kor­rek­te Spra­che gewöhnt sind. Und damit mei­ne ich nicht nur jene, die mit der Errich­tung einer neu­en Welt beschäf­tigt, in der die Kri­te­ri­en von wahr und gut auf den Kopf gestellt sind, und für die­ses Pro­jekt der mora­li­schen Ver­wü­stung arbei­ten. Ich mei­ne auch vie­le Men­schen, die für die soge­nann­ten nicht ver­han­del­ba­ren Wer­te sen­si­bel sind, ob Ein­zel­per­so­nen oder Insti­tu­tio­nen, die sich die­ser Wer­te­ver­nich­tung wider­set­zen müßten.“

Zunahme der sexuellen Freiheit, Abnahme der geistigen Kräfte

Europa zwischen Sodom und Gomorrha
Euro­pa zwi­schen Sodom und Gomorrha

In den 70er Jah­ren begann man von einer Wer­te­kri­se zu spre­chen, von der Erset­zung des Seins durch das Haben, vom Gene­ra­tio­nen­kon­flikt zwi­schen Kin­dern und Eltern. Die Vor­stel­lung der christ­li­chen Fami­lie, die Gott und Sei­ne Geset­ze in den Mit­tel­punkt stellt, brach zusam­men. Mit lau­ter Stim­me und an allen Fron­ten wur­de die Frei­heit von den Regeln pro­kla­miert: sexu­el­le Frei­heit (Aus­schwei­fung und Unzucht), Frei­heit sich schei­den zu las­sen, Frei­heit Ver­hü­tungs­mit­tel zu gebrau­chen, Frei­heit abzu­trei­ben (Mord), weib­li­che Eman­zi­pa­ti­on (Femi­nis­mus), Gleich­stel­lung der Geschlech­ter, Klas­sen­haß (Neid) wur­den ganz kon­kret, wäh­rend gleich­zei­tig die gei­sti­ge Kraft, jene, die es den Men­schen ermög­licht, Prü­fun­gen zu besten, Opfer zu brin­gen, Ver­zicht zu üben für ein höhe­res Wohl, die eige­ne Per­son zu per­fek­tio­nie­ren, die durch die Tau­fe geru­fen ist, das eige­ne Leben zu hei­li­gen, schwä­cher wur­de und fast gänz­lich ihre Bedeu­tung und ihren Daseins­grund ver­lo­ren hat.

So wie das Gute Gutes her­vor­bringt, bringt das Böse Böses her­vor: 2003 for­der­te das Euro­päi­sche Par­la­ment die Mit­glieds­staa­ten auf, den gleich­ge­schlecht­li­chen Paa­ren glei­che Rech­te ein­zu­räu­men. Gleich­zei­tig erkann­te die Char­ta der Grund­rech­te der Euro­päi­schen Uni­on (Niz­za 2000) allen das Recht zu, zu hei­ra­ten und eine „Fami­lie“ zu bil­den. „Das sind die Ergeb­nis­se von eini­gen Jahr­zehn­ten lai­zi­sti­scher euro­päi­scher Kul­tur, die die mensch­li­chen Dyna­mi­ken bestärkt, statt sie ein­zu­däm­men und zu len­ken. Das aber soll­te ihre Auf­ga­be sein, um dem All­ge­mein­wohl zu die­nen, das kei­ne abstrak­te, son­dern eine durch und durch kon­kre­te Kate­go­rie ist, die Teil des Lebens einer Gemein­schaft ist oder zumin­dest sein soll­te. Sich für das All­ge­mein­wohl ein­set­zen, heißt im Sinn der Ethik zu han­deln. Die Abtrei­bung, die Schei­dung wer­den von der euro­päi­schen Poli­tik als sozia­le Erschei­nun­gen betrach­tet. Als sol­che wer­den sie wahr­ge­nom­men und ent­spre­chend greift man mit Geset­zen ein. Eine Instru­men­ta­li­sie­rung. Die Poli­tik gebraucht die Din­ge des Lebens, um dar­aus ein poli­ti­sches Instru­ment zu machen“, so Quinto.

Wettlauf der Regierungen für „dämonische Entscheidungen“

Der Autor erklärt, erzählt und erläu­tert mit gro­ßer Sach­kennt­nis. Nicht nur weil er die Geschich­te Euro­pas kennt, nicht nur weil er detail­liert um die ver­schie­de­nen Pro­blem­stel­lun­gen und die Gesetz­ge­bung der ver­schie­de­nen Staa­ten weiß, die sich gegen­sei­tig in ruch­lo­sen und dämo­ni­schen Ent­schei­dun­gen über­trump­fen, son­dern weil er das destruk­ti­ve System, das sich gegen die christ­li­che Civi­tas rich­tet, von innen kennt. Durch sei­ne lang­jäh­ri­ge Arbeit in der Radi­ka­len Par­tei an der Sei­te der Radi­kal­lai­zi­sten Mar­co Pan­nella und Emma Boni­no [1]Deren Wühl­ar­beit läßt sich kaum bes­ser als anhand der Bio­gra­phie von Emma Boni­no able­sen: Emma Boni­no, aus gut­bür­ger­li­chem Eltern­haus, 1967–1972 Stu­di­um der Sprach­wis­sen­schaf­ten, Diplom­ar­beit … Con­ti­n­ue rea­ding hat er im Feld­ein­satz die Poli­tik und die Stra­te­gien ken­nen­ge­lernt, die von der gei­ßeln­den Maschi­ne­rie ver­folgt wird.

Der Autor schließt sein scho­nungs­los die Wahr­heit auf­zei­gen­des Buch mit dem Bekennt­nis, auf die Für­spra­che der Got­tes­mut­ter und Jung­frau Maria zu ver­trau­en, an die er sich als kämp­fe­ri­scher und from­mer Sohn wen­det. „Wenn man unse­ren katho­li­schen, got­tes­fürch­ti­gen Vor­fah­ren, die sich des Ern­stes des irdi­schen wie des über­na­tür­li­chen Lebens bewußt waren, die heu­ti­ge Welt in Aus­sicht gestellt hät­te, wären sie ent­setzt gewe­sen und hät­ten Chri­stus gebe­ten, die­se per­ver­se Gesell­schaft zu stra­fen, so wie Sodom und Gomor­rha bestraft wur­den“, so Cri­sti­na Siccardi.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Cor­ri­spon­de­za Romana

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1 Deren Wühl­ar­beit läßt sich kaum bes­ser als anhand der Bio­gra­phie von Emma Boni­no able­sen: Emma Boni­no, aus gut­bür­ger­li­chem Eltern­haus, 1967–1972 Stu­di­um der Sprach­wis­sen­schaf­ten, Diplom­ar­beit über Mal­colm X, 1975 Grün­de­rin des Infor­ma­ti­ons­zen­trum Ste­ri­li­sa­ti­on und Abtrei­bung, welt­weit seit­her zahl­rei­che Kam­pa­gnen zur Abtrei­bungs- und Schei­dungs­li­be­ra­li­sie­rung; an der Durch­füh­rung ille­ga­ler Abtrei­bun­gen betei­ligt, Flucht nach Frank­reich, dort poli­ti­sches Asyl, nach der Lega­li­sie­rung des Kin­der­mor­des Rück­kehr straf­frei nach Ita­li­en, 1976–1978 ita­lie­ni­sche Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­te der Radi­ka­len Par­tei (Boni­no schafft den Ein­zug ins Par­la­ment teil­wei­se direkt mit der Radi­ka­len Par­tei, teil­wei­se durch wech­seln­de Bünd­nis­se ihrer­Par­tei mit der Lin­ken (seit 2007) und der Rech­ten (1994–2000), 1978 Kam­pa­gne gegen den christ­de­mo­kra­ti­schen Staats­prä­si­dent Gio­van­ni Leo­ne, der unter Kor­rup­ti­ons­ver­dacht zurück­tre­ten muß, 1998 ent­schul­dig­te sich Boni­no bei Leo­ne wegen der unge­recht­fer­tig­ten Vor­wür­fe, 1979–1984 Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te, 1986 trotz ihrer erklär­ten Kir­chen­feind­lich­keit offi­zi­el­le Begeg­nung mit Papst Johan­nes Paul II. wegen ihrer Kam­pa­gne gegen den Hun­ger in der Welt, 1986–1995 ita­lie­ni­sche Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­te, seit den 80er Jah­ren immer neue Kam­pa­gne zur Dro­gen­li­be­ra­li­sie­rung, 1989–1993 Vor­sit­zen­de der Trans­na­tio­na­len Radi­ka­len Par­tei, 1993 Kam­pa­gne für die Errich­tung eines Inter­na­tio­na­len Straf­tri­bu­nals für das ehe­ma­li­ge Jugo­sla­wi­en, 1995–1999 EU-Kom­mis­sa­rin der Kom­mis­si­on Jaques San­ter, 1998 Teil­nah­me am Tref­fen der Bil­der­ber­ger in Turn­ber­ry (Schott­land), 1999–2006 Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te (Libe­ra­le Frak­ti­on), Kam­pa­gnen für die Libe­ra­li­sie­rung der künst­li­chen Befruch­tung und die Lega­li­sie­rung der Eutha­na­sie, 2006–2008 ita­lie­ni­sche Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­te und Han­del- und Euro­pa­mi­ni­ste­rin der Regie­rung Roma­no Pro­di, 2007 kir­chen­feind­li­che, gegen Papst Bene­dikt XVI. gerich­te­te Kam­pa­gne „No Tali­ban No Vati­can“, 2008–2013 Vize­prä­si­den­tin des ita­lie­ni­schen Senats, 2011 Unter­zeich­ne­rin des Sor­os-Brie­fes zur Stär­kung der EU, 2013–2014 Außen­mi­ni­ste­rin der Regie­rung Enri­co Let­ta, 2003 mit dem Preis des ita­lie­ni­schen Staats­prä­si­den­ten aus­ge­zeich­net wegen ihres Ein­sat­zes zur För­de­rung der Men­schen­rech­te in der Welt, 2011 mit dem Gay Vil­la­ge Award für den belieb­te­sten hete­ro­se­xu­el­len Poli­ti­ker, 2013 mit dem Ame­ri­ka-Preis der Italy–USA Foun­da­ti­on; eine bemer­kens­wer­te Kar­rie­re mit bedeu­ten­dem Ein­fluß für die Ver­tre­te­rin einer Par­tei, die bei Wah­len immer nur Ergeb­nis­se zwi­schen 0,2 und 2,8 Pro­zent der Stim­men erziel­te, ein­zi­ge Aus­nah­me waren die Euro­pa­wah­len 1999 mit 8,5 Pro­zent; 1999, 2006 und 2013 kan­di­dier­te Boni­no erfolg­los für das Amt des ita­lie­ni­schen Staatspräsidenten
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