(Stockholm) Das Leben zu verteidigen, ist etwas für Verrückte. Das scheint jedenfalls die Direktion des städtischen Krankenhauses von Eksjö in Schweden zu denken, die vor kurzem die 37jährige Ellinor Grimmark wieder an ihren Arbeitsplatz als Hebamme zurückkehren ließ. Grimmark war 2013 entlassen worden, weil sich die Hebamme geweigert hatte, an Abtreibungen, sprich der Tötung ungeborener Kinder mitzuwirken. Die Krankenhausdirektion erlaubt die Rückkehr allerdings nur unter der Bedingung, daß Grimmark sich einem psychologischen Counseling unterwirft. Ziel ist es, die Hebamme davon zu überzeugen, daß nicht das Leben, sondern Abtreibung ein „Recht“ ist.
Wegen ihrer Gewissensverweigerung („Als Hebamme soll ich Kindern helfen, daß sie geboren werden, nicht daß sie getötet werden“) war Ellinor Grimmark kurzerhand entlassen worden. Im „zivilisierten“ Schweden kann aus Gewissensgründen der Militärdienst verweigert werden, nicht aber die Mitwirkung an der Tötung ungeborener Kinder. Dies, obwohl Stockholm 2011 die Europäische Sozialcharta (ESC) unterzeichnete, die Arbeitnehmer im Gesundheitswesen schützt, die nicht an Abtreibungen und Euthanasie mitwirken wollen.
Schutzrechte schützen nicht vor Abtreibung
Die ESC definiert Schutzrechte für Kinder, Jugendliche, Mütter und Familien. Vor Abtreibung, der größten und eliminierenden Bedrohung, schützt die ESC die Kinder nicht.
Nach ihrer Entlassung wandte sich Grimmark an einen Ombudsman (Volksanwalt) und an die Alliance Defending Freedom, einer internationalen christlichen Rechtshilfeorganisation, die sich für Religionsfreiheit, Lebensrecht und Schutz der Familie einsetzt. Zunächst sollte der Fall vor schwedische Gerichte, notfalls auch vor internationale Gerichte wie den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg gebracht werden.
Brutalität als Steigerungsform von Zivilisation
Der Fall Grimmark stellt keinen Einzelfall dar. Schweden wurde vom Europäischen Komitee für Sozialrechte wegen der Einschränkung der Gewissensfreiheit kritisiert, das über die Einhaltung der ESC wacht. Die schwedische Regierung antwortete dem Komitee in einer offiziellen Stellungnahme mit erschreckend unzivilisierter Brutalität. Die Regierung in Stockholm ist der Meinung, daß Abtreibung nicht notwendigerweise eine Tötung sei, weshalb auch keine Gewissensverweigerung zur Anwendung kommen könne. Denn solange ein Kind nicht geboren sei, könne man nicht sagen, daß es wirklich lebt. Auch bei einer Spätabtreibung, selbst dann, wenn das Kind, würde es geboren, Arme und Beine bewegt, könne man nicht sagen, daß es wirklich lebt.
„Als Hebamme will ich Leben schützen und nicht töten“
Der Fall Ellinor Grimmark fand in den schwedischen Medien große Aufmerksamkeit. In einem Interview mit der Tageszeitung Aftonbladet sagte die Hebamme: „Als Hebamme will ich das Leben um jeden Preise schützen und retten. Sollen die Mitarbeiter des Gesundheitswesens in Schweden gezwungen werden, an Praktiken mitwirken, die am Lebensanfang und Lebensende Leben töten? Jemand muß sich auf die Seite der Kleinen stellen. Jemand muß für ihr Recht auf Leben kämpfen.“
„Gesellschaft hat Orientierung verloren“
Ihr Rechtsbeistand Roger Kiska erklärte: „Eine Gesellschaft hat in der Tat die Orientierung verloren, wenn sie jemanden von seinem Gesundheitsberuf ausschließen, nur weil er sich dafür einsetzt, daß ein Menschenleben geboren wird, statt es zu zerstören.“
Weil Grimmark Lebensschützerin ist, mußte sie erleben, wie ihr viele Türen vor der Nase zugeschlagen wurden. Nachdem sie ihren Arbeitsplatz verloren hatte, klopfte sie bei verschiedenen Krankenhäusern an, wurde aber überall abgewiesen. „An meinem alten Krankenhaus und bei späteren Gesprächen sagte man mir: ‚Für jemanden mit deinen Ansichten ist kein Platz in unserer Klinik‘“.
Hinter zivilisierter Fassade Verrohung der schwedischen Gesellschaft
Der Fall Grimmark ist ein Indikator dafür, wie die allgemeine Haltung der Schweden gegenüber dem wachsenden Leben ist. Schweden erlebt die Brutalisierung als Steigerungsform einer „zivilisierten“ Gesellschaft. Schweden liefert heute das erschreckende Modell des barbarischen Zivilisierten.
Catharina Zatterstrom von der Hebammenvereinigung erzählt: Als sie selbst schwanger war, mußte sie in eine weit entfernte Stadt gehen, um sicher zu sein, eine Hebamme zu finden, die Gewissensverweigerin ist. Zatterstrom war aufgrund eigener Erfahrung verängstigt, daß das Leben ihres ungeborenen Kindes in den Händen einer abtreibungsbefürwortenden Hebamme nicht sicher sei. „Ich fühlte mich erst sicher, als ich wußte, daß meine Hebamme nie an Abtreibungen mitgewirkt und die getöteten Kinder wie Müll in die Mülltonne geworfen hatte.“
Primat bei Abtreibungen von Minderjährigen
In Schweden ist die Abtreibung seit 1975 legal und kann auch an minderjährigen Mädchen ohne Einwilligung der Eltern praktiziert werden. Schweden hält in Europa den traurigen Rekord bei Abtreibungen von Minderjährigen (22 auf 1.000). Die Tötung ungeborener Kinder ist eine so verbreitete und liberalisierte Praxis, daß gesellschaftlich und politisch kein Hindernis akzeptiert wird, schon gar nicht die Gewissensverweigerung.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana/Norwegische Regierung