Kirchliche Ehelehre für Kardinal Baldisseri „Wahnsinn“? – Kardinal Collins widerspricht Kasper


Kardinal Baldisseri und die Bischofssynode: Was genau ist für den Pupurträger "Wahnsinn"?
Kar­di­nal Bal­dis­se­ri und die Bischofs­syn­ode: Was genau ist für den Pur­pur­trä­ger im Zusam­men­hang mit der kirch­l­chen Ehe­leh­re „Wahn­sinn“?

(Rom) Nach den Kar­di­nä­len Mül­ler, Brand­mül­ler, Caf­farra und De Pao­lis ist ein wei­te­rer Kar­di­nal öffent­lich in den Ring gestie­gen, um den umstrit­te­nen The­sen von Kar­di­nal Wal­ter Kas­per zur Zulas­sung wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ner zur Kom­mu­ni­on zu wider­spre­chen, die die­ser aus pri­vi­le­gier­ter Posi­ti­on beim Kar­di­nals­kon­si­sto­ri­um geäu­ßert hatte.

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Es han­delt sich um Tho­mas Kar­di­nal Coll­ins, den Erz­bi­schof von Toron­to. Der 66jährige Anglo­ka­na­di­er wur­de 2012 von Papst Bene­dikt XVI. in den Kar­di­nals­stand erho­ben. Seit­her gilt er als „auf­ge­hen­der Stern“ im Kar­di­nals­kol­le­gi­um, so der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster. Papst Fran­zis­kus betrau­te ihn bis­her nur mit einer weni­ger bedeu­ten­den Auf­ga­be. Er ernann­te ihn zum Mit­glied der neu­en Kar­di­nals­kom­mis­si­on, die als Auf­sichts­or­gan über die Vatik­an­bank IOR wacht.

Kardinal Collins: Kommunion für wiederverheiratet Geschiedene „unmöglich“

Kar­di­nal Coll­ins nahm in einem umfang­rei­chen Inter­view mit Bran­don Vogt für den katho­li­schen US-Blog The Word on Fire zur Fra­ge Stel­lung, das am 25. Juni ver­öf­fent­licht wur­de. Das war einen Tag bevor in Rom das Instru­men­tum labo­ris, das Arbeits­pa­pier für die näch­ste Bischofs­syn­ode ver­öf­fent­licht wur­de, die dem The­ma Fami­lie gewid­met sein wird. Durch Kar­di­nal Kas­pers Wei­chen­stel­lung wird sich die Bischofs­syn­ode aus­führ­lich mit dem The­ma der wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen befassen.

In die­sem Inter­view bekräf­tigt Kar­di­nal Coll­ins die Unmög­lich­keit, wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­ne zur Kom­mu­ni­on zuzulassen:

Das Interview von Kardinal Collins
Das Inter­view von Kar­di­nal Collins

„Die geschie­de­nen und wie­der­ver­hei­ra­te­ten Katho­li­ken kön­nen die Hei­li­ge Kom­mu­ni­on nicht emp­fan­gen, weil sie, wie auch immer ihre per­sön­li­che Ein­stel­lung oder die Grün­de für ihre Situa­ti­on sein mögen, die viel­leicht nur Gott kennt, in einem Lebens­wan­del ver­har­ren, der objek­tiv Sün­de ist. Die Barm­her­zig­keit Got­tes ist allen Sün­dern über­reich sicher. Der Mord, der Ehe­bruch und ande­re Sün­den, egal wie schwer­wie­gend sie sind, wer­den von Jesus durch das Sakra­ment der Ver­söh­nung ver­ge­ben, und der Sün­der, dem ver­ge­ben ist, darf die Hei­li­ge Kom­mu­ni­on emp­fan­gen. In Sachen Schei­dung und Zweit­ehe liegt das Pro­blem in der bewuß­ten Ent­schei­dung, aus den ver­schie­den­sten Grün­den, in einer dau­er­haf­ten Situa­ti­on der Fer­ne zu Jesu Gebot zu ver­har­ren. So sehr es nicht rich­tig für sie ist, die Sakra­men­te zu emp­fan­gen, müs­sen wir bes­se­re Wege fin­den, um den Men­schen zu hel­fen, die sich in die­ser Situa­ti­on befin­den, um ihnen eine lieb­vol­le Hei­lung anzubieten.

Ein Ele­ment der mög­li­chen Hil­fe wäre es, wenn wir alle ver­ste­hen wür­den, daß der Emp­fang der Hei­li­gen Kom­mu­ni­on, wenn man zur Hei­li­gen Mes­se geht, nicht obli­ga­to­risch ist. Es gibt vie­le Grün­de, wes­halb ein Christ ent­schei­den kann, die Hei­li­ge Kom­mu­ni­on nicht zu emp­fan­gen. Wenn es weni­ger Druck gäbe, daß jeder die Kom­mu­ni­on emp­fängt, wäre das für jene hilf­reich, die nicht die Vor­aus­set­zun­gen haben, sie zu empfangen.“

Ehelehre Jesu mißachten „bringt nur momentane Erleichterung“

Und wei­ter: „Wir müs­sen dar­über nach­den­ken, was wir tun kön­nen, um Men­schen auf lie­be­vol­le und wirk­sa­me Wei­se hel­fen zu kön­nen, die sich in die­ser Situa­ti­on befin­den. Indem wir das tun, müs­sen wir aber dem Gebot Jesu treu sein und der Not­wen­dig­keit, die Hei­lig­keit der Ehe nicht aufs Spiel zu set­zen mit den schwer­wie­gend­sten Fol­gen für alle, beson­ders in einer Welt, in der die Sta­bi­li­tät der Ehe bereits auf tra­gi­sche Wei­se geschä­digt ist. Wenn wir mit Wor­ten und Taten so tun wür­den, als wäre der Ehe­bund nicht das, was Jesus sagt, wür­de das nur eine momen­ta­ne Erleich­te­rung brin­gen zum Preis eines lan­gen Leidens.“

Im Inter­view sag­te Kar­di­nal Coll­ins noch viel mehr. Er zog am Ende einen Ver­gleich zwi­schen der Erwar­tungs­hal­tung auf Ver­än­de­run­gen, die der Enzy­kli­ka Hum­a­nae vitae von Papst Paul VI. vor­aus­ging und der nun eben­so unbe­grün­de­ten Erwar­tungs­hal­tung, die der bevor­ste­hen­den Bischofs­syn­ode vorausgehen.

Ähnliche Situation wie vor Enzyklika Humanae vitae

„In den Jah­ren, die der Enzy­kli­ka von Papst Paul VI. vor­aus­gin­gen, mit der die stän­di­ge christ­li­che Leh­re bekräf­tigt wur­de, daß eine lebens­feind­li­che Emp­fäng­nis­ver­hü­tung nicht mit dem Wil­len Got­tes über­ein­stimmt, herrsch­te die ver­brei­te­te Erwar­tung, daß die Kir­che ihre Leh­re ändern wür­de. Die­se Erwar­tungs­hal­tung grün­de­te zu einem bestimm­ten Teil auf der Vor­stel­lung, daß die christ­li­che Leh­re wie die Regie­rungs­po­li­tik sei: wenn die Umstän­de sich ändern, oder wenn mehr Leu­te eine Posi­ti­on statt einer ande­ren unter­stüt­zen, dann ändert sich auch die Politik.

Die christ­li­che Leh­re grün­det jedoch auf dem Natur­recht, das von Gott in unse­re Her­zen ein­ge­schrie­ben ist, und beson­ders auf dem offen­bar­ten Wort Got­tes. Wir ent­decken den Wil­len Got­tes, und die Hei­li­ge Schrift und der leben­di­ge Glau­ben der Kir­che hel­fen uns dabei. Wir model­lie­ren den Wil­len Got­tes nicht, so wie es uns gera­de am besten scheint.

Als Papst Paul VI. dann nicht änder­te, was nicht in sei­ner Macht stand, zu ändern, son­dern den christ­li­chen Glau­ben bekräf­tig­te, waren vie­le, vie­le Men­schen ver­är­gert und beschlos­sen, die Leh­re ein­fach zu miß­ach­ten. Das ist unse­re gegen­wär­ti­ge Situa­ti­on. Ich hof­fe wirk­lich, daß wir nicht eine Wie­der­ho­lung des­sen zu erlei­den haben, wäh­rend sich halt­lo­se Erwar­tun­gen auf eine Ände­rung der aus­drück­li­chen Ehe­leh­re Jesu durch die Kir­che verbreiten.“

Hexenjagd gegen einen Pfarrer (der sagte, was Kardinal Collins auch sagt)

Kardinal Baldisseri, rechts neben ihm Vatikansprecher Pater Federico Lombardi
Kar­di­nal Bal­dis­se­ri, rechts neben ihm Vati­kan­spre­cher Pater Feder­i­co Lombardi

Um die Unmög­lich­keit der Zulas­sung von wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen zur Kom­mu­ni­on zu ver­an­schau­li­chen, zog Kar­di­nal Coll­ins einen Ver­gleich, daß Men­schen, die selbst schwer­wie­gend­ste Sün­den began­gen haben, denen aber durch das Buß­sa­kra­ment ver­ge­ben wur­de, zur Kom­mu­ni­on wie­der zu gelas­sen sind, wäh­rend die wie­der­ver­hei­ra­tet Geschie­de­nen aus­ge­schlos­sen sind, weil sie sich in einem Zustand fort­dau­ern­der Sünd­haf­tig­keit befin­den und damit kei­ne Sün­den­ver­ge­bung und Los­spre­chung erfol­gen kann. Genau den­sel­ben Ver­gleich hat­te weni­ge Tage zuvor ein Pfar­rer in der lom­bar­di­schen Diö­ze­se Nova­ra gezo­gen. Die Aus­sa­gen von Don Tar­cis­io Vica­rio führ­ten zu einem empör­ten Auf­schrei. Bischof Fran­co Giu­lio Bram­bil­la von Nova­ra mein­te sich umge­hend von sei­nem Prie­ster „ein­deu­tig distan­zie­ren“ zu müs­sen, „sowohl von der Art als auch vom Inhalt“, denn der Ver­gleich sei „inak­zep­ta­bel“, so das öffent­li­che bischöf­li­che Fall­beil gegen den Pfar­rer, den sein Bischof damit der media­len Lynch­ju­stiz des Mobs preisgab.

Kardinal Baldisseri: Aussage des Pfarrers ein „Wahnsinn“?

Am Tag danach, den 26. Juni wur­de der Fall von Pfar­rer Vica­rio sogar inter­na­tio­nal bekannt und zwar durch eine inter­na­tio­na­le „Hin­rich­tung“ die­ses Prie­sters. Auf der Pres­se­kon­fe­renz zur Vor­stel­lung des Instru­men­tum labo­ris zur bevor­ste­hen­den Bischofs­syn­ode nahm deren Gene­ral­se­kre­tär, Loren­zo Kar­di­nal Bal­dis­se­ri dazu Stel­lung und nann­te die Wor­te des Pfar­rers „Wahn­sinn, eine aus­schließ­lich per­sön­li­che Mei­nung eines Pfar­rers, der nie­man­den ver­tritt, nicht ein­mal sich selbst“. Ver­nich­ten­der geht es nicht mehr.

Was aber hat­te der sol­cher­ma­ßen abge­kan­zel­te Pfar­rer so „Wahn­sin­ni­ges“ gesagt? Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster ver­öf­fent­lich­te den genau­en Wort­laut: „Für die Kir­che, die im Namen des Soh­nes Got­tes han­delt, ist die Ehe zwi­schen Getauf­ten ein­zig und immer ein Sakra­ment. Die stan­des­amt­li­che Ehe und das Zusam­men­le­ben sind kein Sakra­ment. Wer sich daher außer­halb des Sakra­ments stellt, indem er nur eine stan­des­amt­li­che Ehe ein­geht, lebt stän­dig in der Untreue. Es han­delt sich daher weder um eine Gele­gen­heits­sün­de (zum Bei­spiel ein Mord) noch um eine Untreue aus Leicht­fer­tig­keit oder aus Gewohn­heit, die das Gewis­sen jedoch zur Pflicht ruft, sie durch wah­re Reue zu berei­ni­gen mit dem festen Vor­satz, sich künf­tig von der Sün­de und den Gele­gen­hei­ten, die zu ihr füh­ren, fernzuhalten.“

Kar­di­nal Coll­ins sag­te genau das­sel­be, wes­halb San­dro Magi­ster die Fra­ge stellt: „Ist es auch ‚Wahn­sinn‘, was er sag­te?“ Hin­zu kommt die Fra­ge, war­um Kar­di­nal Bal­dis­se­ri im Zusam­men­hang mit der Bischofs­syn­ode zur Fami­lie, die eigens zur Behand­lung die­ser The­men zusam­men­tritt, so auf­ge­schreckt und apo­dik­tisch die Aus­sa­ge des Pfar­rers von sich wies.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: The Word on Fire/​Catholic Herald/​CNS

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