(Jerusalem/Buenos Aires) „Wir können gehen, wie weit wir wollen, wir können vieles aufbauen, aber wenn wir nicht Jesus Christus bekennen, geht die Sache nicht. Wenn man Jesus Christus nicht bekennt, da kommt mir das Wort von Léon Bloy in den Sinn: „Wer nicht zum Herrn betet, betet zum Teufel.“ Wenn man Jesus Christus nicht bekennt, bekennt man die Weltlichkeit des Teufels, die Weltlichkeit des Bösen.“ Diese Worte sagte Papst Franziskus in seiner ersten Predigt als neues katholisches Kirchenoberhaupt am 14. März 2013 bei der Eucharistiefeier mit den Kardinälen in der Sixtinischen Kapelle. Dennoch wird am 8. Juni im Vatikan mit Papst, Rabbi und Imam „interreligiös gebetet“. Wie das?
Es scheint einige Orientierungslosigkeit in den katholischen Reihen zu herrschen und man wird das Gefühl nicht los, daß Papst Franziskus das Seine dazu beiträgt. Die Katholische Aktion im Heimatland des Papstes, die nationale argentinische Kommission Iustitia et Pax, die Weltunion Katholischer Frauenorganisationen (WUCWO) und das Internationale Forum der Katholischen Aktion (FIAC) haben für 13 Uhr des 6. Juni unter dem Motto „Eine Minute für den Frieden“ zum Gebet aufgerufen (siehe Bild).
Argentinisches Gruppenbild – Umarmung der abrahamitischen Weltreligionen?
Zum Aufruf wurde ein argentinisches Gruppenbild vor der Klagemauer in Jerusalem veröffentlicht. Es zeigt Papst Franziskus mit Rabbi Abraham Skorka und dem Moslemvertreter Omar Abboud, beide aus Buenos Aires, wie sich alle drei umarmen. Der Text zum Bild besagt: „Wo Du um 13 Uhr bist, bleib stehen, neige das Haupt und sprich ein Gebet für den Frieden, jeder nach seiner eigenen Tradition“. Anlaß für den Gebetsaufruf ist das Treffen von Israels Staatspräsident Simon Peres und Palästinenserpräsident Abu Mazen am 8. Juni im Vatikan, zu dem Papst Franziskus geladen hat.
Nimmt man die eingangs erwähnte Aussage zur Hand, die Papst Franziskus an den Beginn seines Pontifikats stellte, erhebt sich die Frage: Ist es denn nun doch einerlei, ob man – nach den Papstworten – zu Jesus Christus oder zum Teufel betet? Der Papst hätte als Vermittler in den Vatikan laden können, warum aber zum „gemeinsamen Gebet“ mit Rabbi und Imam bei gleichzeitig ausdrücklicher Verneinung einer Vermittlerrolle?
Papst Franziskus „macht Weltpolitik“
Begeistert gibt sich die Zweiwochenzeitung Publik Forum des Vereins Kirche von unten (nomen est omen). Zur Reise ins Heilige Land wußte das progressive Forum über Papst Franziskus zu berichten: „Er macht Weltpolitik –, anders als sein Amtsvorgänger aus Bayern. Wenn Benedikt XVI. auf Reisen ging, musste man damit rechnen, dass er in Fettnäpfchen trat oder Leidtragende vor den Kopf stieß. Franziskus beherrscht das Gegenteil.“ Von ihm sei keine „Beleidigung“ der Moslems zu erwarten, wie angeblich durch die Regensburger Rede Benedikts XVI. Kein „vor den Kopf Stoßen“ der Juden, wie angeblich in Auschwitz geschehen und vor allem müsse sich von Franziskus niemand anhören, daß „die Vorfahren die katholische Mission herbeigesehnt“ hätten, wie es der deutsche Papst den Indios Lateinamerikas gesagt hatte. Bei Publik Forum „atmet“ man deshalb noch immer „hörbar“ auf, weil Benedikt XVI. zurückgetreten ist.
„Mausetot“ sei der Friedensprozeß im Nahen Osten gewesen, bis Papst Franzikus kam. Publik Forum vergißt nicht anzumerken, daß am 8. Juni im Vatikan „mit dem Papst interreligiös“ gebetet wird. So haben es auch einige argentinische und internationale katholische Organisationen verstanden. Das ist in der Tat eine Neuigkeit im Vatikan.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Un minuto por la paz