Versteckte Papst Franziskus das Kreuz vor Großrabbinen?


Während seiner Begegnung mit den beiden Oberrabbinen in Jerusalem hatte Papst Franziskus sein Brustkreuz versteckt.
Während seiner Begegnung mit den beiden Oberrabbinen in Jerusalem hatte Papst Franziskus sein Brustkreuz versteckt.

(Jeru­sa­lem) Ver­steck­te Papst Fran­zis­kus das Kreuz, um den Groß­rab­bi­nen Isra­els kein „Ärger­nis“ zu geben? Mit Sicher­heit voll­zog er am Grab Theo­dor Herzls eine bis­her für die katho­li­sche Kir­che undenk­ba­re Aner­ken­nung samt Ver­nei­gung vor dem Zio­nis­mus. Eine Aner­ken­nung, die die Kir­che seit mehr als hun­dert Jah­ren aus theo­lo­gi­schen Grün­den ver­wei­ger­te. Wel­che Zie­le ver­folgt Papst Fran­zis­kus damit? War die Rol­le von Rab­bi Abra­ham Skorka vor allem die bis­her von den Päp­sten ver­wei­ger­te Aner­ken­nung des Zio­nis­mus zu erreichen?

Treffen mit Großrabbinen und das versteckte Kreuz

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Am Mon­tag stat­te­te Papst Fran­zis­kus den bei­den Groß­rab­bi­nen Isra­els einen „Höf­lich­keits­be­such“ ab. Die Begeg­nung fand im Heich­al Shlo­mo Cen­ter neben der Gro­ßen Syn­ago­ge von Jeru­sa­lem statt. Anders als erwar­tet, waren bei­de Groß­rab­bi­nen erschie­nen, auch der sephar­di­sche Groß­rab­bi­ner Yitzak Josef.

Des­sen Vater Ovad­ja Josef, selbst von 1973–1983 sephar­di­scher Groß­rab­bi­ner Isra­els, hat­te 2009 als Ober­haupt der ultra­or­tho­do­xen Schas-Bewe­gung den sephar­di­schen Juden jede Teil­nah­me an Begeg­nun­gen mit Papst Bene­dikt XVI. wäh­rend des­sen Hei­lig-Land-Rei­se ver­bo­ten (sie­he eige­nen Bericht 700.000 ortho­do­xe Juden bei Beer­di­gung von Groß­rab­bi­ner – Ovad­ja Josef lehn­te Tref­fen mit Bene­dikt XVI. als „Göt­zen­die­ne­rei“ ab).

Wäh­rend sein Vater als Ober­haupt der anti-zio­ni­sti­schen Schas-Bewe­gung eine Begeg­nung ver­wei­ger­te, nahm der Sohn in sei­ner insti­tu­tio­nel­len Funk­ti­on als Groß­rab­bi­ner und damit als einer der bei­den israe­li­schen Ver­fas­sungs­rich­ter an der Begeg­nung teil.

„Kruzifixe sind eine Beleidigung für Juden“

Bei­de amtie­ren­den Groß­rab­bi­nen, der asch­ke­na­si­sche Groß­rab­bi­ner David Lau und der sephar­di­sche Groß­rab­bi­ner Yitzak Josef sind Söh­ne von ehe­ma­li­gen Groß­rab­bi­nen. Vom Vater von David Lau, Isra­el Meir Lau, Groß­rab­bi­ner von 1993–2003 stammt die Aus­sa­ge : „Kru­zi­fi­xe sind eine Belei­di­gung für Juden. Das Kreuz ist gegen die jüdi­sche Reli­gi­on und der Anblick des Kreu­zes ist für einen Juden verboten.“

Ob Papst Fran­zis­kus des­halb bei der Begeg­nung mit den Groß­rab­bi­nen das Kreuz ver­steck­te? Oder war es nur Zufall, daß das Kreuz aus­ge­rech­net bei die­sem Tref­fen hin­ter das Zin­gu­lum rutsch­te? Wäh­rend des Zusam­men­tref­fens mit den Groß­rab­bi­nen steck­te das päpst­li­che Brust­kreuz hin­ter dem Zin­gu­lum, so daß es nicht oder nur teil­wei­se, jeden­falls nicht als Kreuz sicht­bar war.

Aufsehen erregende Verneigung eines Papstes vor dem Zionismus

Sicher kein Zufall war hin­ge­gen die Ehr­erbie­tung, die Papst Fran­zis­kus bereits vor der Begeg­nung mit den Groß­rab­bi­nen dem Zio­nis­mus erwies. Der Papst leg­te am Grab Theo­dor Herzls, der in Isra­el als „Vater des Vater­lan­des“ geehrt wird, Blu­men nie­der. Eine sol­che Aner­ken­nung des Zio­nis­mus, einer poli­ti­schen Bewe­gung des Juden­tums, hat­te noch kein Papst getä­tigt, weil sie mit Poli­tik und nicht mit Reli­gi­on zu tun hat. So war der Besuch des Pap­stes im Hei­li­gen Land von Inko­hä­renz und wei­te­ren umstrit­te­nen Aus­sa­gen gepfla­stert, die gera­de in sei­ner bevor­zug­ten, wenn auch theo­lo­gisch nicht leicht ver­ständ­li­chen Hal­tung gegen­über dem Juden­tum zum Aus­druck kommt. Seit der Hei­lig-Land-Rei­se wäre zu ergän­zen, daß sei­ne bevor­zug­te Hal­tung dem zio­ni­sti­schen Juden­tum gilt. Die Rol­le sei­nes rab­bi­ni­schen Freun­des Abra­ham Skorka scheint für die­se Aner­ken­nung des Zio­nis­mus aus­schlag­ge­bend gewe­sen zu sein.

Kirche lehnte Zionismus ab

Die Fra­ge ist nicht unbe­deu­tend, da Papst Pius X. 1904 gegen­über Theo­dor Herzl die Schaf­fung eines jüdi­schen Staa­tes aus theo­lo­gi­schen Grün­den ablehn­te und die­se Hal­tung für die Katho­li­sche Kir­che seit­her bestim­mend war (sie­he Bericht Pius X. und Theo­dor Herzl – Geste der Ent­schul­di­gung durch Papst Fran­zis­kus?). Der Staat Isra­el wur­de von der Katho­li­schen Kir­che nie offi­zi­ell aner­kannt, wie übri­gens auch ein Teil des Juden­tums den Zio­nis­mus bis heu­te ablehnt. Erst 1984 wur­de der Staat Isra­el erst­mals von Johan­nes Paul II. in einem päpst­li­chen Lehr­schrei­ben erwähnt. Erst 1994 wur­den zwi­schen Isra­el und dem Hei­li­gen Stuhl diplo­ma­ti­sche Bezie­hun­gen auf­ge­nom­men. Papst Bene­dikt XVI. hat­te 2009 noch alle diplo­ma­ti­schen Gepflo­gen­hei­ten ein­ge­hal­ten, auch die Holo­caust-Gedenk­stät­te Yad Vas­hem besucht. Von einer Aner­ken­nung des Zio­nis­mus oder einem Besuch am Grab Theo­dor Herzls war jedoch kei­ne Rede. Der Zio­nis­mus ist eine bestimm­te poli­ti­sche Bewe­gung inner­halb des Juden­tums. Allein schon des­halb lehn­ten die Päp­ste eine Aner­ken­nung bis­her ab, die zumin­dest einer Ein­mi­schung in poli­ti­sche Ange­le­gen­hei­ten ent­spro­chen hätte.

Doch Papst Fran­zis­kus will offen­bar Poli­tik machen, wie sei­ne Ein­la­dung von Isra­els Staats­prä­si­dent Simon Peres und Palä­sti­nen­ser­prä­si­dent Abu Mazen in den Vati­kan zeigt. Damit wur­den die „Fal­ken“ im israe­lisch-palä­sti­nen­si­schen Kon­flikt, Isra­els Mini­ster­prä­si­dent Netan­ja­hu und die isla­mi­sti­sche Hamas-Bewe­gung, die den Gaza-Strei­fen kon­trol­liert über­gan­gen. Ob der päpst­li­che Polit-Akti­vis­mus Erfolg haben wird, sei dahin­ge­stellt. Wich­ti­ger scheint die Fra­ge, wie sich die Ein­la­dung zu einem „gemein­sa­men Gebet“, das Fas­sa­de für Ver­hand­lun­gen zu sein scheint, gestal­ten wird, ohne in einen All­re­li­gio­nen-Syn­kre­tis­mus zu verfallen.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bil­der: Screenshots

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