(London) Wird die Menschheit in Zukunft genetisch auseinanderklaffen, weil sich Reiche nach genetischen Merkmalen selektionierte Kinder leisten können? Diese „reale Gefahr“ sieht einer der bekanntesten Experten für künstliche Befruchtung und warnt davor.
Robert Winston, einer der Pioniere der künstlichen Befruchtung warnte seine Kollegen in einer Rede an der Universität Kent vor ihren Risiken: „Dank des freien Marktes werden sich die Reichen in Zukunft genetische Merkmale sichern können, die für die Armen unerreichbar bleiben“.
Winston, ein Guru der künstlichen Befruchtung, für die er wichtige Techniken entwickelte, warnte Kollegen und Eltern vor den “realen Gefahren einer Rückkehr zur Eugenetik“. An der Universität Kent sagte Winston: „In einer nicht fernen Zukunft werden die Reichen in der Lage sein, durch Bezahlung ein intelligenteres und stärkeres Kind zu haben“.
„Machen wir einen Schritt zurück“
Der Pionier der künstlichen Befruchtung warnte die Kollegen, wie es bereits vor ihm andere Fachleute taten. Es gebe eine „reale Gefahr“ eines „Rückfalls in die Eugenetik“ durch das gefährliche Zusammenwirken zweier Faktoren: „Eines der Probleme unserer Arbeit ist, daß wir uns durch eine große Begeisterung über die Möglichkeit der Reproduktion mitreißen haben lassen. Der Mix aus Begeisterung und Verzweiflung der Patienten ist ansteckend und wirklich gefährlich. Vielleicht wäre es besser, bei den Techniken, die wir entwickeln, einen Schritt zurück zu machen.“
Intelligentere Kinder für die Reichen?
Winston, der durch künstliche Befruchtung mehr als 10.000 Kinder zur Welt brachte, und der in seiner Heimat durch verschiedene Fernsehprogramme über einen hohen Bekanntheitsgrad genießt, warnt vor allem vor den neuen Techniken, die imstande sein sollen, die Gene der zu zeugenden Kinder anhand der Spender von Samen und Ei kartographieren zu können. Das mache, so Winston eine Selektion möglich, die aus Kostengründen nur Reichen offenstehe und damit zu einer geldbedingten genetischen Diversifikation führe.
GenePeeks
Die Warnung Winstons löste einen Sturm der Empörung unter den Betreibern englischer Kliniken für die künstliche Befruchtung aus, sie sich das Geschäft nicht verderben lassen wollen. „Der Großteil der Menschen wolle nur ein Kind haben und nicht eines programmieren“, versuchte Susan Seenan von Infertility Network UK Winston zu widersprechen.
Die Versuchung zur Selektion sei, laut Winston, aber nicht von der Hand zu weisen. „Was möglich ist, wird auch genutzt. Wer das Geld dazu hat, wird sich zur Selektion verleiten lassen“, so Winston. Die Versuchung, die Merkmale des zu zeugenden Kindes bestimmen zu können, könnte unwiderstehlich sein. In den USA tüftle man bereits an Billigangeboten. Wo die Einen das große Geschäft durch „Qualität“ und hohe Preise wittern, gibt es auch jene, die das große Geld durch Billigangebote und breite Masse machen wollen.
Die US-Gesellschaft GenePeeks entwickelte eine Software, die bereits für 1.500 Dollar ermöglicht, im voraus aufgrund der Spender, das DNS des künftigen Embryos zu sehen. GenePeeks geht auf Lee Silver von der Universität Princeton zurück. Silver entwickelte das Programm, um genetische Krankheiten zu erkennen und betroffene Embryonen auszusondern.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi