Kirche stöhnt nicht unter zuviel, sondern zuwenig Autorität – Ariel Levi di Gualdo über den Fall Martha Heizer


Das Kirchenrecht(Inns­bruck) Ver­gan­ge­ne Woche wur­de bekannt, daß die Vor­sit­zen­de der kir­chen­re­bel­li­schen Ver­eins „Wir sind Kir­che“ exkom­mu­ni­ziert wur­de. Exkom­mu­ni­ka­tio­nen sind pro­por­tio­nal umge­kehrt zur zuneh­men­den Ver­brei­tung hete­ro­do­xer Leh­ren und zur Dis­zi­plin­lo­sig­keit in der Kir­che eine Sel­ten­heit gewor­den. Der streit­ba­re Prie­ster Ari­el Levi di Gual­do, ein jüdi­scher Kon­ver­tit, befaßt sich in sei­nem jüng­sten Auf­satz mit dem Fall Mar­tha Hei­zer. Mehr noch geht es ihm dar­um, daß die kirch­li­che Auto­ri­tät das Instru­ment der Exkom­mu­ni­ka­ti­on kaum nutzt und die Kir­che unter die­ser Abwe­sen­heit der kirch­li­chen Auto­ri­tät stöhnt.

Anzei­ge

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Die „Priesterin“ von „Wir sind Kirche“ hat sich exkommuniziert

von Ari­el Levi di Gualdo

Die Fak­ten: Mar­tha Hei­zer insze­nier­te zusam­men mit ihrem Ehe­mann Gert Hei­zer seit drei Jah­ren in ihrem Haus in Absam unter Anwe­sen­heit von Gläu­bi­gen eine regel­rech­te eucha­ri­sti­sche Par­odie. Nach einer gründ­li­chen Unter­su­chung durch die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on stell­te der Bischof von Inns­bruck, Msgr. Man­fred Scheu­er per­sön­lich das Exkom­mu­ni­ka­ti­ons­de­kret zu, das von den bei­den Betrof­fe­nen zurück­ge­wie­sen wur­de. Mar­tha und Gert Hei­zer erklär­ten in den Medi­en, empört zu sein über das Vor­ge­hen der „Amts­kir­che“ und vor allem, daß sie ihren Weg wei­ter­ge­hen werden.

Jeder Bischof kann exkommunizieren und sollte es im Notfall auch tun

Jenen, die mich um Auf­klä­rung über die Exkom­mu­ni­zie­rung gebe­ten haben und dar­über, was genau eine Exkom­mu­ni­ka­ti­on bedeu­tet und wer sie ver­hän­gen kann, muß ich zunächst vor­aus­schicken, daß es sich dabei nicht um ein päpst­li­ches Vor­recht han­delt, wie vie­le zu mei­nen schei­nen. Alle resi­die­ren­den Diö­ze­san­bi­schö­fe, die über die Voll­macht zur Lei­tung ihrer Orts­kir­che ver­fü­gen, besit­zen das Recht, die Exkom­mu­ni­ka­ti­on über ihnen unter­ste­hen­de Gläu­bi­ge zu ver­hän­gen, und manch­mal hät­ten sie gera­de­zu die Pflicht, davon Gebrauch zu machen, wenn sie dies in die­sen Zei­ten auch nur sehr sel­ten tun. Das Recht erstreckt sich unter­schieds­los auf alle ihnen in ihrer jewei­li­gen Juris­dik­ti­on anver­trau­ten Gläu­bi­gen ob Prie­ster, Dia­ko­ne, Ordens­leu­te oder gläu­bi­ge Lai­en gemäß den im Kir­chen­recht fest­ge­leg­ten Bestimmungen.

Der Groß­teil der Exkom­mu­ni­ka­tio­nen erfolgt latae sen­ten­tiae wegen Tat­stra­fen, das heißt auto­ma­tisch, weil die Betrof­fe­nen durch ihr Ver­hal­ten oder ihre ver­bre­che­ri­schen Hand­lun­gen, gleich­gül­tig ob es sich dabei um einen Kle­ri­ker in sacris oder um einen Lai­en han­delt, ipso fac­to exkom­mu­ni­ziert sind.
Ver­su­chen wir die Sache anhand eines kon­kre­ten Bei­spiels zu erklä­ren: Wenn ich als Prie­ster beim Beicht­dienst das sakra­men­ta­le Sie­gel der Geheim­hal­tungs­pflicht bre­che und den Inhalt der Beich­te eines Pöni­ten­ten, näm­lich die von ihm gebeich­te­ten Sün­den öffent­lich machen wür­de, wäre ich auto­ma­tisch latae sen­ten­tiae, im Sin­ne einer Tat­stra­fe exkom­mu­ni­ziert. Kon­kret wäre mei­ne Exkom­mu­ni­ka­ti­on mit einem der delic­ta gra­vio­ra ver­bun­den, des­sen Nach­laß ein­zig dem Apo­sto­li­schen Stuhl vor­be­hal­ten ist, wäh­rend mir mein Diö­ze­san­bi­schof dafür kei­ne Abso­lu­ti­on ertei­len und mir den Nach­laß gewäh­ren könn­te. Die­se Form betrifft eini­ge im Kir­chen­recht fest­ge­leg­te schwer­wie­gen­de Ver­bre­chen. Den Nach­laß dafür kann mir nur die Apo­sto­li­sche Signa­tur ertei­len, nach­dem sie eine ange­mes­se­ne Buße auf­er­legt hat.

Die Exkom­mu­ni­ka­ti­on latae sen­ten­tiae bedeu­tet also, daß man sie sich selbst durch das eige­ne Han­deln zuzieht. Die kirch­li­che Auto­ri­tät beschränkt sich ledig­lich dar­auf, die Tat zur Kennt­nis zu neh­men und dem Betrof­fe­nen, der exkom­mu­ni­ziert ist, die­se Fest­stel­lung offi­zi­ell zuzu­stel­len und die je not­wen­di­gen Sank­tio­nen und Stra­fen zu ver­hän­gen. Im Fal­le eines Kle­ri­kers könn­te das vom Inter­dikt, dem Ver­bot die Sakra­men­te zu zele­brie­ren und zu spen­den, bis zur Rück­ver­set­zung in den Lai­en­stand in beson­ders schwer­wie­gen­den Fäl­len reichen.

Ver­gleicht man das Straf­recht mit dem Kir­chen­recht könn­te man sagen, daß die Exkom­mu­ni­ka­ti­on latae sen­ten­tiae, der man ipso fac­to ver­fällt und der Exkom­mu­ni­ka­ti­on, die hin­ge­gen wegen einer ver­bre­che­ri­schen Tat von der kirch­li­chen Auto­ri­tät nach einer for­ma­len Anzei­ge ver­hängt wird, der straf­recht­li­chen Ver­fol­gung von Amts­we­gen und jener nach einer Anzei­ge Drit­ter entspricht.

Problematisches Nichthandeln der Bischöfe

Es gibt zudem eine Rei­he weni­ger ekla­tan­ter, aber des­halb nicht weni­ger schwer­wie­gen­der Fäl­le, in denen es die Pflicht des Diö­ze­san­bi­schofs wäre, stren­ge kano­ni­sche Sank­tio­nen zu ver­hän­gen, zum Bei­spiel, indem er gegen Kle­ri­ker ein­schrei­tet, die öffent­li­ches Ärger­nis geben, weil sie im Kon­ku­bi­nat leben, oder Unord­nung und Ver­wir­rung im Volk Got­tes stif­ten durch ihre Schrif­ten oder öffent­li­chen Aus­sa­gen vol­ler Groll oder getränkt von unüber­seh­ba­ren Schnit­zern und Falsch­dar­stel­lun­gen der Glau­bens­leh­re, denn rich­ti­ge Häre­si­en set­zen bereits ein bestimm­tes Maß an Kul­tur und theo­lo­gi­scher Intel­li­genz vor­aus, die bestimm­ten „sozia­len Prie­stern“ wie dem berühm­ten Don Lui­gi Ciot­ti [bei dem sich Papst Fran­zis­kus ein­häng­te und der seit­her mit höhe­ren päpst­li­chen Wei­hen ver­se­hen gilt] sel­ten eigen ist. Oder etwa der Genue­ser Prie­ster Pao­lo Fari­nella, der so ger­ne in der links­ra­di­ka­len und anti­ka­tho­li­schen Zeit­schrift Micro­me­ga publi­ziert. Das ein­zi­ge Pro­blem ist, daß sein Diö­ze­san­bi­schof Ange­lo Kar­di­nal Bag­nas­co ist, jener gute Bischof, der im Mai 2013 beim Requi­em für den ver­stor­be­nen Don Lui­gi Gal­lo, einen ande­ren „sozia­len Prie­ster“, vor poli­ti­schen und pole­mi­schen Dis­kus­sio­nen zurück­schreck­te und des­halb nicht davor zurück­schreck­te, die Aller­hei­lig­ste Eucha­ri­stie einem als Frau ver­klei­de­ten Mann zu spen­den, der als rabia­ter Ver­fech­ter des Homo­se­xua­lis­mus bekannt ist, der sich ihm in Stöckel­schu­hen prä­sen­tier­te und dem post com­mu­nio­nem sogar erlaubt wur­de, wahr­schein­lich als eucha­ri­sti­sche Dank­sa­gung, vom Ambo des Pres­by­te­ri­ums zu pala­vern, von dem den Chri­sti fide­les das Wort Got­tes ver­kün­det wird. Das alles wäh­rend der Eucha­ri­stie­fei­er, der der Vor­sit­zen­de der ita­lie­ni­schen Bischö­fe als Orts­or­di­na­ri­us vorstand.

Pelikan nährt seine JungenIst der Hirte heute Pelikan oder Vogelstrauß?

Wenn in der alten Iko­no­gra­phie des Aqui­na­ten der gute Vater und Hir­te durch den sich selbst­los auf­op­fern­den, hin­ge­bungs­vol­len Peli­kan dar­ge­stellt wur­de, der sich mit dem Schna­bel das Herz auf­reißt, um sei­ne Kin­der zu näh­ren, müß­ten heu­te vie­le Väter und Hir­ten durch eine moder­ne Iko­no­gra­phie als Vogel­strauß dar­ge­stellt wer­den, der mit­nich­ten hin­ge­bungs­voll, sogar vor dem eige­nen Schat­ten der­ma­ßen erschrickt, daß der instink­tiv den Kopf in den Sand steckt, dabei aber bestens sicht­bar die deli­ka­te­ste und ver­letz­lich­ste Sei­te sei­nes Kör­pers expo­niert läßt.

Um ehr­lich zu sein, wun­dert mich noch heu­te, daß nicht ich bestraft wur­de, wie man es mir übri­gens mehr­fach ange­droht hat, obwohl ich kei­ne kano­ni­sche Bestim­mung ver­letzt hat­te. „Schul­dig“ gemacht hat­te ich mich hin­ge­gen, in den Augen man­cher, der Maje­stäts­be­lei­di­gung, dem ober­sten „Dog­ma“ bestimm­ter Prä­la­ten, das heu­te weit höher steht als das Myste­ri­um des fleisch­ge­wor­de­nen Wor­tes Got­tes, weil ich gestern sag­te und heu­te bekräf­ti­ge, daß der Vor­sit­zen­de der Bischofs­kon­fe­renz falsch gehan­delt hat und wei­ter­hin falsch han­delt, weil er eini­gen sei­ner Prie­ster frei­en Lauf läßt, ideo­lo­gi­schen Haß zu schü­ren und offen­kun­di­ge Hete­ro­do­xien zu verbreiten.

Heizer hat sich selbst exkommuniziert

Was nun die „Prie­ste­rin“ von Wir sind Kir­che betrifft, ist es letzt­lich nicht ganz rich­tig, zu sagen, der Papst habe sie und ihren eben­so pro­gres­si­ven Ehe­mann exkom­mu­ni­ziert. Kom­ma 2 von Canon 1378 des Codex Iuris Cano­ni­ci besagt näm­lich: „Die Tat­stra­fe des Inter­dikts oder, falls es sich um einen Kle­ri­ker han­delt, der Sus­pen­si­on, zieht sich zu, wer ohne Prie­ster­wei­he das eucha­ri­sti­sche Opfer zu fei­ern ver­sucht.“ Wer sich die ent­spre­chen­den Bestim­mun­gen des Kir­chen­rechts genau­er anschau­en will, wird im Inter­net fün­dig.

Indem Frau Mar­tha Hei­zer vor­sätz­lich und mit Beharr­lich­keit wie­der­holt eine Straf­tat beging, hat sie sich selbst exkom­mu­ni­ziert. Der Bischof von Inns­bruck hat ledig­lich dafür gesorgt, ihr mit­zu­tei­len, daß sie sich auf­grund ihres Ver­ge­hens gegen den katho­li­schen Glau­bens ipso fac­to aus der Gemein­schaft der Gläu­bi­gen aus­ge­schlos­sen hat. Das heißt: Wir tei­len dir mit, daß du dich selbst exkom­mu­ni­ziert hast und damit aus der Gemein­schaft der Kir­che aus­ge­schie­den bist und daß die Kir­che des­halb gegen dich kano­ni­sche Maß­nah­men ergreift.

Falsches Verständnis von Liebe und Barmherzigkeit – Bischöfe schweigen

Der Gute Hirte läßt die Schafe nicht in die Irre gehenAnders liegt die Sache beim genann­ten Genue­ser Prie­ster Pao­lo Fari­nella, der alles getan hat, um für meh­re­re Mona­te von sei­nem Bischof das Recht ent­zo­gen zu bekom­men, zu pre­di­gen, öffent­lich die Hei­li­ge Mes­se zu zele­brie­ren und die Beich­te zu hören, jeden­falls solan­ge, bis nicht geklärt ist, wie er sich künf­tig öffent­lich zu ver­hal­ten gedenkt, da sein bis­he­ri­ges Ver­hal­ten der sakra­men­ta­len Wür­de des Prie­ster­tums gro­ßen Scha­den zuge­fügt hat. Eine sol­che über­fäl­li­ge Maß­nah­me wird jedoch gegen Fari­nella nicht ergrif­fen wegen der der­zeit vor­herr­schen­den Auf­fas­sung von Lie­be und Barm­her­zig­keit. Zumin­dest solan­ge es sich nicht um die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta und ihren Grün­der, jenen „Schwer­ver­bre­cher“ und „noto­ri­schen Häre­ti­ker“ han­delt, denn dann geht das Schlacht­beil uner­bitt­lich nie­der, obwohl vie­le Bischö­fe und Kar­di­nä­le in ihren pri­va­ten Wohn­zim­mern die­se kom­mis­sa­ri­sche Zer­stö­rung miß­bil­li­gen. Öffent­lich aber schwei­gen alle aus Angst, irgend­ein Pri­vi­leg, eine Prä­ben­de oder eine Beför­de­rung auf einen bes­se­ren Stuhl zu verlieren?

Aus die­sem Grund wäre ein kla­res und ein­heit­li­ches Ver­ständ­nis des Kir­chen­rechts und des inter­nen Lebens der Kir­che wich­tig sowie ein kor­rek­tes Ver­ständ­nis der Barm­her­zig­keit, indem zu letz­te­rer ein­zig auf einer theo­lo­gi­schen Ebe­ne vor­ge­gan­gen wird. Denn wenn die apo­sto­li­sche Auto­ri­tät und die christ­li­che Gerech­tig­keit feh­len, die auf der zen­tra­len gött­li­chen Tugend der Lie­be erbaut sind, wenn das Gute böse und das Böse gut wird, kann man weder von Barm­her­zig­keit noch von Ver­ge­bung spre­chen, wenn­schon nur vom ewi­gen Ver­füh­rer, der heu­te umso eif­ri­ger am Werk ist, den Affen Got­tes zu spie­len, wie ihn der Kir­chen­va­ter Hie­ro­ny­mus nann­te: der Teu­fel, der seit jeher dar­auf abzielt, das Gute und Böse umzu­keh­ren, um eine ande­re, wider­gött­li­che Wirk­lich­keit zu schaffen.

Und heu­te scheint ihm das, lei­der, mei­ster­haft zu gelingen.

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati​can​.va/​Pro Spe Salutis

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