Spekulationen um Schließung der Vatikanbank IOR vom Tisch – Viel Lärm um nichts?


IOR Vatikanbank: Spekulationen um Schließung des Instituts sind definitiv vom Tisch(Vati­kan) Eine Schlie­ßung der Vatik­an­bank IOR scheint defi­ni­tiv vom Tisch zu sein. Der vom Papst selbst aus­ge­lö­ste mona­te­lan­ge Streß um eine mög­li­che Schlie­ßung des Insti­tuts erwies sich als unnö­ti­ger Sturm im Was­ser­glas. Eini­ge Fra­gen blei­ben. Papst Fran­zis­kus appro­bier­te die Reform der Vatik­an­bank IOR, die wei­ter­hin eine „wich­ti­ge Auf­ga­be für die Kir­che, den Hei­li­gen Stuhl und den Staat der Vati­kan­stadt“ erfül­len wer­de, wie das Pres­se­amt des Hei­li­gen Stuhls bekannt­gab. Ob damit Ruhe in das in sei­ner heu­ti­gen Form 1942 gegrün­de­te „Insti­tut für die reli­giö­sen Wer­ke“ ein­kehrt, wird sich zeigen.

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Viel Lärm um nichts? Mit der Wahl von Papst Fran­zis­kus rück­te die Vatik­an­bank IOR, die ein Eldo­ra­do für aller­lei Macht- und Ver­schwö­rungs­theo­rien dar­stellt, in Wirk­lich­keit aber im Ver­gleich mit ande­ren Ban­ken nur eine Klein­bank ist, in das Inter­es­se. Grund dafür waren Äuße­run­gen von Papst Fran­zis­kus, denen ein erstaun­li­cher Reform­ak­ti­vis­mus folg­te. In kei­nem Bereich setz­te der amtie­ren­de Papst mehr und kon­kre­te­re Aktionen.

IOR begrüßt „große Anerkennung“ durch den Papst

Die Ent­schei­dung von Papst Fran­zis­kus wur­de von der Vatik­an­bank als „eine star­ke Bestä­ti­gung, eine gro­ße Aner­ken­nung der Bedeu­tung unse­rer Dienst­lei­stung und der in den ver­gan­ge­nen zwölf Mona­ten gelei­ste­ten Arbeit“ begrüßt, wie IOR-Spre­cher Max Hohen­berg bekannt­gab. Der von IOR-Prä­si­dent Ernst von Frey­berg in den Vati­kan gehol­te fürst­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­ons­fach­mann und Unter­neh­mens­be­ra­ter ist ein Uren­kel des vor hun­dert Jah­ren in Sara­je­wo ermor­de­ten öster­rei­chi­schen Thron­fol­gers Erz­her­zog Franz Ferdinand.

Als Prio­ri­tä­ten des Insti­tuts nann­te er die „Ana­ly­se der Kund­schaft und aller erfaß­ten Daten bis Som­mer­be­ginn abzu­schlie­ßen und an einer bes­se­ren Inte­grie­rung des Insti­tuts“ in ande­re Ein­rich­tun­gen des Hei­li­gen Stuhls und des Vati­kans zu arbei­ten sowie „die Ein­füh­rung von einer Rei­he von ope­ra­ti­ven Verbesserungen“.

Papst Franziskus lenkte nach seiner Wahl Aufmerksamkeit auf Vatikanbank

Mit der gestern bekannt­ge­ge­be­nen Ent­schei­dung von Papst Fran­zis­kus sind Spe­ku­la­tio­nen über eine Schlie­ßung der Vatik­an­bank vom Tisch. Den Rei­gen zahl­rei­cher Ein­grif­fe lei­te­te Papst Fran­zis­kus am 24. April des Vor­jah­res kurz nach sei­ner Wahl ein, als er in einer mor­gend­li­chen Pre­digt über die Vatik­an­bank sprach. Er sprach in direk­ter Nen­nung der IOR über die Not­wen­dig­keit von Ämtern. Wenn die­se jedoch die Ober­hand gewän­nen, wür­de die Lie­be in den Hin­ter­grund tre­ten und die Kir­che wür­de bedau­er­li­cher­wei­se zu einer NGO her­ab­sin­ken. „Das aber ist nicht der Weg“, der Kirche.

Am 11. Juni leg­te er noch nach als er sag­te: „Der Hei­li­ge Petrus hat­te kein Kon­to auf der Bank“. Nach sei­ner Rück­kehr vom Welt­ju­gend­tag in Bra­si­li­en mein­te der Papst kryp­tisch: „Ich weiß nicht, wie die IOR enden wird. Eini­ge sagen, daß es viel­leicht bes­ser wäre, daß sie eine Bank sei, ande­re, daß sie ein Hilfs­fonds sei, wie­der ande­re sagen, daß sie geschlos­sen wer­den solle.“

Rund um das Insti­tut errich­te­te Papst Fran­zis­kus in den ver­gan­ge­nen zwölf Mona­ten eine gan­ze Rei­he neu­er Gre­mi­en und Kon­troll­orga­ne. Teil­wei­se wur­den bestehen­de Kon­troll­me­cha­nis­men ersetzt, teil­wei­se per­so­nell umge­baut. Das ent­stan­de­ne Dickicht ist kaum über­schau­bar. Unterm Strich liegt die Auf­sicht über das Bank­in­sti­tut heu­te in völ­lig ande­ren Hän­den als noch vor einem Jahr. Erstaun­li­cher­wei­se unver­än­dert blieb der Auf­sichts­rat des IOR, die soge­nann­te „Vie­rer­ban­de“. Der Ame­ri­ka­ner Carl Ander­son, der Deut­sche Ronal­do Her­mann Schmitz, der Spa­ni­er Maneul Soto Ser­ra­no und der Ita­lie­ner Anto­nio Maria Maroc­co waren es, die am 24. Mai 2012 den dama­li­gen IOR-Prä­si­den­ten Etto­re Got­ti Tede­schi unter ziem­lich unge­klär­ten Umstän­den stürz­ten, wäh­rend der dama­li­ge Gene­ral­di­rek­tor Pao­lo Cipria­ni und sein Vize Mas­si­mo Tul­li im Amt blie­ben. Got­ti Tede­schi wur­de unrühm­lich unter dem Vor­wurf von Finanz­skan­da­len ver­jagt, wäh­rend die eigent­li­chen Ver­ant­wort­li­chen auf ihren Stüh­len blie­ben. Inzwi­schen wur­de Got­ti Tede­schi von der Justiz reha­bi­li­tiert, wäh­rend Finanz­skan­da­le Cipria­ni und Tul­li im Som­mer des ver­gan­ge­nen Jah­res zum Rück­tritt zwangen.

Die vier Auf­sichts­rä­te blei­ben wei­ter­hin in ihren Posi­tio­nen, als sei nichts gesche­hen. In der Erklä­rung des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes wer­den sie sogar dafür gelobt, zusam­men mit ande­ren, die Reform­vor­schlä­ge für Papst Fran­zis­kus for­mu­liert zu haben.

Institutionendickicht im ökonomisch-administrativen Bereich

Im Wort­laut des Pres­se­am­tes des Hei­li­gen Stuhls klingt das fol­gen­der­ma­ßen: Die Reform des Insti­tuts „wur­de in Zusam­men­ar­beit von Ver­tre­tern der bericht­erstat­ten­den Päpst­li­chen Kom­mis­si­on für die IOR (CRIOR), der bericht­erstat­ten­den Päpst­li­chen Stu­di­en­kom­mis­si­on für die Orga­ni­sa­ti­on der öko­no­misch-admi­ni­stra­ti­ven Struk­tu­ren des Hei­li­gen Stuhls (COSEA), der Kar­di­nals­kom­mis­si­on des IOR und des Auf­sichts­rats des IOR ent­wickelt, und vom Kar­di­nal­prä­fek­ten des Wirt­schafts­se­kre­ta­ri­ats mit Zustim­mung von Kar­di­nal San­tos Abril y Castel­lo, dem Prä­si­den­ten der Kar­di­nals­kom­mis­si­on des IOR dem Hei­li­gen Vater vor­ge­legt“ und im Febru­ar dem C8-Kar­di­nals­rats von der CRIOR vorgestellt.

Mit ande­ren Wor­ten: dem Nach­fol­ger von Got­ti Tede­schi, IOR-Prä­si­dent Ernst von Frey­berg, wur­de von Papst Fran­zis­kus das Ver­trau­en aus­ge­spro­chen. Er wird sei­nen Plan zur Neu­or­ga­ni­sa­ti­on des Insti­tuts ver­voll­stän­di­gen kön­nen. Ansprech­part­ner sind für ihn der C8-Kar­di­nals­rat und der neu­ge­schaf­fe­ne Wirt­schafts­rat unter dem Vor­sitz von Kar­di­nal Rein­hard Marx.

Die Vatik­an­bank wird wei­ter­hin unter der Kon­trol­le der Finanz­auf­sichts­be­hör­de (AIF) des Vati­kans ste­hen. Eine Ein­rich­tung, die aller­dings selbst nicht unum­strit­ten ist. Gegen AIF-Direk­tor René Brül­hart pro­te­stie­ren die eige­nen Mit­ar­bei­ter. In der Anwen­dung inter­na­tio­na­ler Trans­pa­renz­kri­te­ri­en wird ihm vor­ge­wor­fen, Schrit­te „rück­wärts“ gesetzt zu haben, die von IOR-Prä­si­dent Got­ti Tede­schi vor des­sen Ent­fer­nung hef­tig kri­ti­siert wur­den und zwi­schen­zeit­lich unter inter­na­tio­na­lem Druck kor­ri­giert wer­den mußten.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Asianews

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