(Fribourg) Die 1889 gegründete Universität Freiburg im gleichnamigen Schweizer Kanton war aus dem Wunsch der Schweizer Katholiken entstanden, eine eigene Universität in der katholischen Schweiz zu haben. Katholische Vorgängereinrichtungen gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Diese katholisch ausgerichtete, wenn auch nie offiziell katholische Universität will ab kommenden Herbst einen Studienlehrgang für islamische Imame einrichten.
Das Projekt wird vor allem vom Ägyptologen Antonio Loprieno, dem Rektor der Universität Basel und Vorsitzenden der protestantischen Waldenserkirche von Basel gefördert. Loprieno führte den Vorsitz in der multireligiösen Arbeitsgruppe für die Weiterbildung für Imane und Ausbildung islamischer Religionslehrer, die von der Bundesregierung eingerichtet wurde. In einem Interview sagte er über das Projekt: „Die Idee entstand aus einem Dialog, der seit mehreren Jahren auf Bundesebene mit den in der Schweiz bestehenden islamischen Gemeinschaften und Organisationen geführt wird. Es handelt sich um einen Versuch, einen Lehrgang zu schaffen, der einerseits die Intergration der Moslems in die immer multikulturellere Schweizer Gesellschaft fördert und andererseits eine qualitätsvolle theologische Debatte über den europäischen Islam allgemein und den Schweizer Islam im besonderen voranbringt.“
Schweizer Moslems „zufrieden“ – Kosten trägt der Steuerzahler
Zufrieden zeigt sich die islamische Gemeinschaft. Laut einer Erhebung der Universität Zürich sei eine Mehrheit der in der Schweiz lebenden Moslems für eine Ausbildung der Imame und islamischen Religionslehrer in der Schweiz. Hicham Maizar, der Verantwortliche des Dachverbandes der islamischen Organisationen in der Schweiz und Vorsitzender des Schweizer Religionsrats sagte: „Ich bin glücklich, festzustellen, daß ein großer Schritt gemacht wurde. Es gibt Moslems, die seit mehr als 50 Jahren in der Schweiz leben. Wir müssen Brücken bauen zwischen ihnen, der Gesellschaft und den Landesbehörden. Wir haben von Anfang an auf Dialog gesetzt und gezeigt, daß man gleichzeitig Schweizer und Moslems sein kann.“
Hicham Maizar sagte, daß eine Beteiligung der in der Schweiz lebenden Moslems an den Kosten „unrealistisch“ sei. Finanziert werden die Lehrgänge daher vom Schweizer Steuerzahler, konkret von der Schweizer Bundesregierung und vom Kanton Freiburg. Die langfristige Trägerschaft ist noch ungeklärt, wie der Rektor der Universität Freiburg sagte. Gespräche zwischen Universität und Bundesregierung seien im Gange.
Gefahr einer islamistischen Infiltration?
Das Projekt löste auch starke Zweifel und Proteste aus. Vor allem Abgeordnete der Schweizer Volkspartei (SVP) und Christdemokratischen Volkspartei der Schweiz (CVP) des Kantons Freiburg warnen vor möglichen Gefahren durch islamistische Infiltration. Die Abgeordneten wollen mit ihrer Initiative den christlichen Charakter der Universität erhalten. Sie fordern den Großen Staatsrat des Kantons auf, die Universität davon abzubringen, die umstrittenen Lehrgänge einzurichten. Antonio Loprieno ist hingegen überzeugt, daß die Kurse ein sicherer Erfolg sein werden: „Es ist unmöglich, daß der Islamismus in die Universität eindringt, die eine starke liberale Tradition hat.“ Freiburgs Rektor Guido Vergauwen sieht im Projekt hingegen eine „Chance“, die Positionierung der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg zu stärken, „auch als Standort für den interreligiösen Dialog“.
In der Bundesrepublik Deutschland sind kürzlich an vier Orten vergleichbare Studiengänge eingerichtet worden. Hintergrund ist ein zunehmendes Eindringen eines islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen. Das Schweizer Projekt folgt in etwa dem bundesdeutschen Projekt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons