Orthodoxe Bischöfe werfen Papst Franziskus „Häresie“ vor


Orthodoxe Kritik an Papst Franziskus(Athen/​Rom) Zwei grie­chisch-ortho­do­xe Metro­po­li­ten beschul­di­gen Papst Fran­zis­kus der „Häre­sie“. In einer 89 Sei­ten lan­gen Schrift an das „Staats­ober­haupt“ des Vati­kan­staa­tes erhe­ben die bei­den Bischö­fe „Ankla­ge“ gegen das katho­li­sche Kir­chen­ober­haupt und for­dern von Rom, auf den „sata­ni­schen Hoch­mut“ zu verzichten.

Anzei­ge

Einer der bei­den Unter­zeich­ner, Bischof Andre­as von Dry­inou­po­lis, Pogo­nia­ni und Konit­sa ist bereits für ver­gleich­ba­re Initia­ti­ven bekannt. Das gemein­sam mit Bischof Sera­phim von Pirä­us ver­faß­te Schrei­ben wur­de in grie­chi­scher und eng­li­scher Spra­che auf einer in Grie­chen­land sehr popu­lä­ren reli­giö­sen Inter­net­sei­te ver­öf­fent­licht. Die Diö­ze­se Dry­inou­po­lis, Pogo­nia­ni und Konit­sa unter­steht eigent­lich dem Patri­ar­chat von Kon­stan­ti­no­pel, wird aber fak­tisch von der auto­ke­pha­len Kir­che von Grie­chen­land ver­wal­tet, der auch die Diö­ze­se Pirä­us untersteht.

Papst Franziskus als „Staatsoberhaupt“, aber nicht als Bischof angesprochen

Die bei­den Bischö­fe spre­chen Papst Fran­zis­kus als „Exzel­lenz“ und als „Ober­haupt des Staa­tes der Vati­kan­stadt“ an, aber nie als Bischof. Sie geben an, dem Papst „in Lie­be“ zu schrei­ben und vom Wunsch getrie­ben zu sein, „die Häre­ti­ker“ zurück in die hei­li­ge ortho­do­xe Kir­che zu rufen, aus der sich der Papst (der immer nur mit Anfüh­rungs­zei­chen geschrie­ben wird) ent­fernt habe.

Die bei­den grie­chisch-ortho­do­xen Metro­po­li­ten distan­zie­ren sich vom „Geist des Westens und des Öku­me­nis­mus“. Die von Rom ver­tre­te­ne „Häre­sie“, bezeich­nen sie als „geist­li­ches Deli­ri­um“ und brand­mar­ken es als „Papis­mus“. Bischof Andre­as und Bischof Sera­phim schrei­ben, „unab­läs­sig“ dafür zu beten, daß die vom Papst „Getäusch­ten“ und sei­ne „Anhän­ger“ von ihrer „Häre­sie“ ablas­sen und for­dern Papst Fran­zis­kus auf, in die Ortho­do­xie zurückzukehren.

„Synkretismus“ und „Papismus“

In ihrem lan­gen Doku­ment wer­fen sie dem Papst “Syn­kre­tis­mus“ vor. Der Katho­li­schen Kir­che spre­chen die bei­den Unter­zeich­ner den Sta­tus als Kir­che ab. Die Gül­tig­keit der von der Katho­li­schen Kir­che gespen­de­ten Sakra­men­te leug­nen die bei­den Metro­po­li­ten aus­drück­lich. Eben­so die Stel­lung des Bischofs von Rom als Papst. Den Pri­mat des Petrus und sei­ne Juris­dik­ti­on über die gan­ze Kir­che ver­wer­fen sie. Das Dog­ma der Unfehl­bar­keit sei eine „Läste­rung“ wider den Hei­li­gen Geist und der Beweis dafür, daß der Papst vom „sata­ni­schen Hoch­mut beses­sen“ sei. Der „Papis­mus“ sei kei­ne Kir­che, „son­dern eine reli­giö­se Gemein­schaft, eine Para-Syn­ago­ge, eine Häre­sie, eine völ­li­ge Per­ver­si­on der Wahrheit“.

Auf den 89 Sei­ten lie­fern die bei­den Bischö­fe auch detail­lier­te Anga­ben dar­über, was sie für die „schwer­wie­gend­sten Irr­tü­mer“ der Katho­li­schen Kir­che hal­ten. Dazu gehört, daß der Papst „das Ange­bot des Teu­fels ange­nom­men“ habe, einen Staat zu regie­ren. Die Punk­te rei­chen von der theo­lo­gi­schen Streit­fra­ge des „fili­o­que“ im Niz­ä­no-Kon­stan­ti­no­po­li­ta­ni­schen Glau­bens­be­kennt­nis über das Unfehl­bar­keits­dog­ma, die päpst­li­che Juris­dik­ti­on, die Tau­fe durch Bespren­gen (Asper­si­on) und die Tren­nung des Taufsa­kra­ments von der Fir­mung, die Art der eucha­ri­sti­schen Kon­se­kra­ti­on, die feh­len­de Kom­mu­ni­on unter bei­der­lei Gestal­ten (kein Lai­en­kelch), das Feh­len der Klein­kin­der­kom­mu­ni­on, die Mari­en­dog­men der unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis und der Him­mel­fahrt, die Leh­re vom Fege­feu­er, die Abläs­se, den Zöli­bat für Prie­ster, bis zur Aner­ken­nung der unier­ten Kir­chen durch Rom.

Kommunion für Vladimir Luxuria und „satanische Kabbala“

Zum Beleg ihrer Anschul­di­gung füh­ren die bei­den Bischö­fe eine Rei­he von Medi­en­be­rich­ten an, dar­un­ter zum Bei­spiel die Kom­mu­ni­on für den sich als Bud­dhi­sten bezeich­nen­den Trans­ve­sti­ten Vla­di­mir Luxu­ria bei der Toten­mes­se für Don Gal­lo (sie­he eige­nen Bericht Don Gal­lo, der Prie­ster der fast alles leug­ne­te – Skan­dal bis ins Grab).

Die direk­ten Angrif­fe gegen Papst Fran­zis­kus rei­chen von der Seg­nung der Har­ley David­son Motor­rä­der, über die Art, wie der Welt­ju­gend­tag in Bra­si­li­en statt­fand, bis zur Gewäh­rung von Abläs­sen über Twit­ter. Selbst eine angeb­li­che Zusam­men­ar­beit Berg­o­gli­os mit dem argen­ti­ni­schen Mili­tär wäh­rend der Dik­ta­tur wur­de erneut bemüht.

Vie­le Sei­ten sind einer Kri­tik am Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil gewid­met und an der Öff­nung für den „inter­re­li­giö­sen Dia­log“. Kri­ti­siert wird auch die Hal­tung der Katho­li­schen Kir­che gegen­über dem Juden­tum, das von der „Ver­ant­wor­tung für die Kreu­zi­gung Jesu“ frei­ge­spro­chen wer­de, wäh­rend „das Juden­tum“ mit der „sata­ni­schen Kab­ba­la und dem dämo­ni­schen Tal­mud jeden Tag den Ret­ter der Welt“ kreuzige.

„Papst der Juden, Freimaurer, Amerikas, der Neuen Weltordnung“

Papst Fran­zis­kus wird die Fuß­wa­schung am Grün­don­ners­tag an Mos­lems und Frau­en im Jugend­ge­fäng­nis 2013 zum Vor­wurf gemacht, aber eben­so die bevor­ste­hen­de Hei­lig­spre­chung von Johan­nes XXIII. und Johan­nes Paul II.

Auf wei­te­ren Sei­ten wird eine zu nach­gie­bi­ge Hal­tung der Katho­li­schen Kir­che zur “Homo-Ehe“ kri­ti­siert und Papst Fran­zis­kus als „Papst der Juden, der Rab­bi­nen, der Frei­mau­rer, der Dik­ta­to­ren, Ame­ri­kas, des Öku­me­nis­mus und der Neu­en Welt­ord­nung“ bezeich­net, der den ortho­do­xen Chri­sten nichts zu bie­ten habe. Des­halb kön­ne es „kei­ne Kom­pro­mis­se zwi­schen Ortho­do­xie und Papst­tum geben“.

„Anklageschrift“ richtet sich an orthodoxe Christen

Die Kri­tik rich­tet sich grund­sätz­lich gegen jede Annä­he­rung zwi­schen Katho­li­ken und Ortho­do­xen und steht damit in einer lan­gen ortho­do­xen Tra­di­ti­on, die sich in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten deut­lich abge­schwächt hat. Noch unter Johan­nes Paul II. ver­wei­ger­te der Erz­bi­schof von Athen und ganz Grie­chen­land jede Zusam­men­ar­beit, ja sogar eine Begeg­nung mit dem Papst. Die Zei­ten haben sich seit­her geän­dert und unter allen ortho­do­xen Kir­chen fehlt nur mehr eine per­sön­li­che Begeg­nung zwi­schen dem Papst und dem Patri­ar­chen von Mos­kau. Die bei­den Bischö­fe Andre­as Trem­pelas und Sera­phim Ment­zelo­pou­los gehö­ren die­ser har­ten Linie an, deren Zuspruch schwindet.

Die 89 Sei­ten der Ankla­ge­schrift sind daher weni­ger an die Katho­li­sche Kir­che gerich­tet, als viel­mehr im inner­or­tho­do­xen Streit zu lesen. Die bei­den Bischö­fe kri­ti­sie­ren die Hal­tung des Öku­me­ni­schen Patri­ar­chen Bar­tho­lo­mä­us I., ohne die­sen zu erwäh­nen, und des­sen gute Kon­tak­te zu Rom, die Ende Mai in einer gemein­sa­men Rei­se mit Papst Fran­zis­kus nach Jeru­sa­lem zum Aus­druck kommt, die vom Patri­ar­chen ange­regt wor­den war. Die Ortho­do­xie sucht nach einer schritt­wei­sen Annä­he­rungs­pha­se unter Johan­nes Paul II., beson­ders seit dem Pon­ti­fi­kat Bene­dikts XVI. einen Schul­ter­schluß mit Rom gegen das, was der deut­sche Papst als „Dik­ta­tur des Rela­ti­vis­mus“ kri­ti­siert hatte.

Bereits 2012 war Bischof Sera­phim von Patri­arch Bar­tho­lo­mä­us scharf kri­ti­siert wor­den, weil er sich nicht an den von allen kano­nisch aner­kann­ten ortho­do­xen Kir­chen gefaß­ten Beschluß zum Dia­log mit der Katho­li­schen Kir­che hält.

Torniellis Seitenhieb gegen „ultrarechte Katholiken“

Schwe­rer wiegt, daß in die Ankla­ge­schrift, einer dif­fu­sen Mischung ernst­zu­neh­men­der klas­si­scher ortho­do­xer Posi­tio­nen und wir­rer Anschul­di­gun­gen, auch berech­tig­te Kri­tik ein­ge­streut ist. Eini­ge Vati­ka­ni­sten, wie Andrea Tor­ni­el­li, die im neu­en Kli­ma des argen­ti­ni­schen Pon­ti­fi­kats die­sem eine „devo­te“ Geste ent­bie­ten woll­ten, nütz­ten den unge­wöhn­li­chen Angriff einer ortho­do­xen Min­der­hei­ten­po­si­ti­on, die unter katho­li­schen Chri­sten auf wenig Ver­ständ­nis sto­ßen dürf­te, um „ultra­rech­te katho­li­sche Inter­net­sei­ten und Publi­ka­tio­nen“ anzu­grei­fen. Sie wer­den im Umkehr­schluß mit ihrer Kri­tik am Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil und an nach­kon­zi­lia­ren Ent­wick­lun­gen, aber auch mit ihrer Kri­tik am der­zei­ti­gen Pon­ti­fi­kat in die Nähe der bei­den ortho­do­xen Metro­po­li­ten gerückt, die Tor­ni­el­li mit „Tali­ban“ gleichsetzt.

Die ein­sei­ti­ge Bot­schaft ist klar, da Tor­ni­el­li nichts von „ultra­lin­ken katho­li­schen Inter­net­sei­ten und Publi­ka­tio­nen“ schreibt, die im sel­ben unzu­läs­si­gen Umkehr­schluß mit ihrer Kri­tik am „Papis­mus“, am Unfehl­bar­keits­dog­ma, am Papst als Staats­ober­haupt oder den maria­ni­schen Dog­men in die Nähe der bei­den „unor­tho­do­xen“ grie­chisch-ortho­do­xen Metro­po­li­ten gerückt wer­den könnten.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati­can Insider

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