Indien – Der „Kinderhersteller“ und das Geschäft mit der Leihmutterschaft


Leihmutterschaft das Geschäft in der "Kinderfabrik" in Indien boomt (Neu Delhi) Die indi­sche Ärz­tin Naya­na Patel will bis Febru­ar 2015 eine gro­ße Kli­nik für Leih­müt­ter, bio­lo­gi­sche Eltern und in einer „fami­liä­ren Atmo­sphä­re“ pro­du­zier­te Kin­der errich­ten. Der offi­zi­el­le Name der Ein­rich­tung lau­tet „Akank­sha Infer­ti­li­ty and IVF Hos­pi­tal“. Alle nen­nen sie aber nur „Kin­der­fa­brik“. Die Ein­rich­tung wur­de 2003 in Anand im indi­schen Bun­des­staat Guja­rat gegrün­det und erlaubt es Aus­län­dern, sich die Gebär­mut­ter und den Kör­per einer armen indi­schen Frau zu mie­ten, damit die­se für sie ein Kind aus­trägt. Der Hin­weis auf „arme“ indi­sche Frau­en ist dabei durch­aus wört­lich zu nehmen.

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In zehn Jah­ren kamen durch die­se kom­mer­zi­el­le Leih­mut­ter­schaft 744 Kin­der zur Welt. Wei­te­re 3000 Kin­der wur­den in der Kli­nik durch künst­li­che Befruch­tung erzeugt.

Nicht Auto- sondern Kinderproduzent

Nun will die „Kin­der­fa­brik“ expan­die­ren. Die Nach­fra­ge stei­ge, das Geld flie­ße, sagt Naya­na Patel. Sie will aus ihrer Ein­rich­tung die größ­te Kli­nik für Leih­mut­ter­schaft und künst­li­che Befruch­tung der Welt machen. Die Grün­de­rin der Ein­rich­tung hat das ehr­gei­zi­ge Ziel, bis Ende Febru­ar 2015 eine Kli­nik mit „Spe­zi­al­schlaf­sä­len für Leih­müt­ter“ zu schaf­fen. Dazu „25 Zim­mer für die Pati­en­tin­nen für die künst­li­che Befruch­tung, 15 Zim­mer für die Neu­ge­bo­re­nen und 40 Spe­zi­al­zim­mer für die Paa­re“. Je nach Bedeu­tung stuft Patel ihre Ein­rich­tung ab, „es ist eine Fra­ge der Mög­lich­kei­ten und damit des Gel­des“. Und Geld wol­len schließ­lich mit der Ein­rich­tung vor allem die Betrei­ber machen. Die Paa­re sind die bio­lo­gi­schen Eltern, die für eine Kom­bi­na­ti­on ihrer Eier und Sper­mi­en indi­sche Frau­en für die Aus­tra­gung und Geburt ihres Kin­des mie­ten. Um genau zu sein, bezah­len sie die Kli­nik, die einen Teil des Gel­des den Leih­müt­tern wei­ter­gibt. Die­se Paa­re sind die Kun­den, die das Geld brin­gen. Des­halb wer­den ihnen 40 mit allen Annehm­lich­kei­ten eines geho­be­nen Hotels aus­ge­stat­te­te Dop­pel­zim­mer zur Ver­fü­gung ste­hen. Für die indi­schen Leih­müt­ter dage­gen gibt es nur Mas­sen­schlaf­sä­le. Alles eine Fra­ge des Geschäfts.

„Familiäre Atmosphäre“

Die Kosten für die neue „Kin­der­fa­brik“ belau­fen sich auf sechs Mil­lio­nen Euro, sagt Patel. Die Sum­me ist beacht­lich, aber nicht über­mä­ßig, wenn man bedenkt, daß jede Leih­mut­ter­schaft 20.000 Euro kostet. 30 Pro­zent, beteu­ert Patel, wür­den an die Leih­mut­ter aus­be­zahlt. In Indi­en wer­den sol­che Anga­ben auch bezwei­felt. Sie sind letzt­lich auch nicht ent­schei­dend. Der Zweck des Pro­jekts, so Patel, sei es, „ein Nest zu bau­en, wo die Fami­lie“, bestehend aus den bio­lo­gi­schen Eltern, den wild­frem­den Leih­müt­tern und den „pro­du­zier­ten“ Kin­dern, „leben und Bin­dun­gen knüp­fen“. So und ähn­lich bewirbt die indi­sche Ärz­tin jeden­falls ihre Ein­rich­tung. Um das Gan­ze noch deut­li­cher zu unter­strei­chen, aber nicht wirk­lich glaub­wür­di­ger zu machen, betont Patel, daß in der neu­en Kli­nik auch Ver­wand­te der Leih­müt­ter ange­stellt wer­den sol­len, um „die fami­liä­re Atmo­sphä­re zu erhöhen“.

Ausgebeutete Frauen

Es blei­ben zwei Pro­ble­me: die Aus­beu­tung von Frau­en und die künst­li­che „Pro­duk­ti­on“ von Kin­dern. Die Leih­müt­ter wer­den durch die Armut gezwun­gen, ihren Kör­per zu ver­kau­fen. Dem Leih­mut­ter­ge­schäft haf­tet etwas von dem an, das auch Merk­mal für die Pro­sti­tu­ti­on ist. Aller­dings mit dem Unter­schied, daß im Fall der Leih­mut­ter mit dem Leben gespielt wird. Die Ärz­tin Patel weiß auch die­sen Umstand zu nüt­zen. Sie sug­ge­riert den wohl­ha­ben­den Aus­län­dern, mit ihrer Anmie­tung einer Leih­mut­ter gewis­ser­ma­ßen eine gute Tat zu bege­hen und Ent­wick­lungs­hil­fe zu lei­sten. Patel sagt: „Die­ser Ort hilft Men­schen. Nicht nur mir und mei­nem Mann ein Kind zu haben, son­dern auch den Leih­müt­tern und deren Fami­li­en. Denn das Geld, das sie hier ver­die­nen, bedeu­tet für sie sehr viel. Die Frau­en tun alles frei­wil­lig, nie­mand wird aus­ge­beu­tet. Wir legen natür­lich gro­ßen Wert auf die Men­schen­rech­te“. Natürlich.

Die ethi­sche Fra­ge der künst­li­chen Erzeu­gung von Kin­dern fin­det kaum Zugang zur öffent­li­chen Dis­kus­si­on. Patel schüt­telt nur den Kopf. Uti­li­ta­ri­sti­sches Den­ken und die Vor­stel­lung, daß es letzt­lich ja „dumm“ wäre, das Mach­ba­re nicht zu tun, läßt das The­ma höchst sel­ten in den Medi­en auf­tau­chen. Wenn über­haupt, besten­falls unter dem Blick­win­kel einer aus­ge­beu­te­ten Leih­mut­ter, aber nicht als Infra­ge­stel­lung der Leih­mut­ter­schaft an sich. Geschwei­ge­denn was mit dem „Rück­ga­be­recht“ für nicht mehr gewünsch­te oder feh­ler­haf­te Ware ist.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Tempi

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3 Kommentare

  1. Wie kaputt muss man sein, um sich solch ein „Geschäfts­mo­dell“ auszudenken.
    Es ist ja nicht nur die Ver­lockung durch das Geld allein.
    Es ist auch die wahr­haft kran­ke Sichtweise -
    auf das Kind als eine Ware, die man wie jede ande­re erwirbt;
    auf die Leih­mut­ter, derer man sich als Brut­ka­sten bedient
    auf die zukünf­ti­gen Eltern als zah­len­de Kunden.

    Wenn man einen mög­lichst unvor­ein­ge­nom­me­nen Blick auf unse­re Welt wirft, muss man fast zwangs­läu­fig zu der Ansicht kommen:
    Kaum je war eine Gesell­schaft mora­lisch so ver­kom­men wie die unsere.
    Denn es betrifft ja noch so vie­le ande­re Bereiche!

  2. Was für eine gott­lo­se Welt! Auf der einen Sei­te wer­den die Kin­der im Mut­ter­schoss zu Mil­lio­nen ermor­det und and­rer­seits tra­gen Leih­müt­ter fre­vel­haft pro­du­zier­te Embryo­nen aus. Die Mensch­heit erhebt sich zum Herr über Leben und Tod, will sel­ber Gott sein. Wehe uns armen Men­schen. Gott lässt sei­ner nicht spotten.

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