Orthodoxe Kirchen suchen Geschlossenheit – Synaxis tagt in Konstantinopel


Synaxis der orthodoxen Primasse tagt in Konstantinopel(Kon­stan­ti­no­pel) Die Ortho­do­xen suchen die Ein­heit unter­ein­an­der. In der Georgs­kir­che des Öku­me­ni­schen Patri­ar­chats von Kon­stan­ti­no­pel hat die Ver­samm­lung der Pri­mas­se der ortho­do­xen Kir­che begon­nen. Das Patri­ar­chat von Mos­kau wird dabei auch die Soli­da­ri­tät und Unter­stüt­zung der gesam­ten Ortho­do­xie in der Ukrai­ne-Kri­se suchen und wahr­schein­lich auch bekommen.

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In Kon­stan­ti­no­pel, dem heu­ti­gen Istan­bul, wur­de heu­te die Syn­axis der Pri­mas­se der ortho­do­xen Kir­chen eröff­net. Dazu gela­den hat der Öku­me­ni­sche Patri­arch von Kon­stan­ti­no­pel, Bar­tho­lo­mä­us I., um – nicht ohne eini­ges Rumo­ren der rus­si­schen Ortho­do­xen – über das Hei­li­ge und Gro­ße Kon­zil, die gesamt­or­tho­do­xe Kir­chen­ver­samm­lung zu spre­chen, das nach 50 Jah­ren der Ankün­di­gun­gen und Vor­be­rei­tun­gen 2015 viel­leicht begin­nen könnte.

Findet 2015 Heiliges und Großes Konzil der Orthodoxen statt?

Die Kri­se in der Ukrai­ne, die auch ein west-öst­li­cher Kon­flikt ist, gibt dem heu­ti­gen Tref­fen eine beson­de­re Bedeu­tung, um zu ver­ste­hen, in wel­che Rich­tung sich die inner­or­tho­do­xen Bezie­hun­gen zwi­schen den auto­ke­pha­len Kir­chen in den kom­men­den Jah­ren ent­wickeln könn­ten, aber auch die öku­me­ni­schen zwi­schen den ortho­do­xen Kir­chen und der Katho­li­schen Kirche.

Eine Rei­he von Signa­len der jüng­sten Zeit deu­ten dar­auf hin, daß in der drei­tä­gi­gen Ver­samm­lung im Pha­nar, am Sitz des Öku­me­ni­schen Patri­ar­chats, die ortho­do­xen Kir­chen nach Jah­ren von Gezänk und Ent­zwei­ung wie­der enger zusam­men­rücken und sich ihre inne­re Ein­heit festi­gen wird. Es zeich­net sich eine neue Dyna­mik der wie­der­ge­fun­de­nen Ein­tracht ab, die am 9. März mit einer fei­er­li­chen Sonn­tags­lit­ur­gie zele­briert wird, dem Tag des „Tri­umphs der Ortho­do­xie“. Gemeint ist der noch auf das erste Jahr­tau­send zurück­ge­hen­de Tri­umph der Iko­nen­ver­eh­rung gegen die Iko­no­kla­sten, aber im wei­te­ren Sinn auch der Tri­umph der Recht­gläu­big­keit über die Häre­ti­ker. Es ist der Tri­umph der „klei­nen, ver­folg­ten Her­de“, ein „Tri­umph der Mär­ty­rer und Beken­ner“, wie ihn die Ortho­do­xie begeht.

Ukraine-Krise führt zur innerorthodoxen Annäherung

Lan­ge Zeit war die Teil­nah­me des ein­fluß­reich­sten ortho­do­xen Kir­chen­füh­rers, des Mos­kau­er Patri­ar­chen Kyrill I. nicht sicher. Der Patri­arch von Mos­kau und ganz Ruß­land rei­ste schließ­lich doch nach Istan­bul. Für ihn geht es dar­um, mit der Unter­stüt­zung aller ortho­do­xen Pri­mas­se den zwei­ten Teil sei­nes Titels zu behaup­ten. Nach Mos­kau­er Ver­ständ­nis des drei­fa­chen Ruß­land (Groß­ruß­land, Klein­ruß­land, Weiß­ruß­land), erstreckt sich sein Pri­mat nicht nur über den Staat Ruß­land und die eth­ni­schen Rus­sen, son­dern auch über die Ukrai­ne und Weiß­ruß­land. Die Fra­ge einer auto­ke­pha­len ukrai­nisch-ortho­do­xen Kir­che, die sich in der Ukrai­ne-Kri­se auf die Sei­te der anti­rus­si­schen Selb­stän­dig­keits­be­we­gung gestellt hat, wird die Ver­samm­lung daher nicht berühren.

Patriarch Filaret ging an der Seite von US-Außenminister Kerry über Märtyrerplatz in Kiew

Wie es aus­sieht, wer­den auch wei­ter­hin alle kano­nisch aner­kann­ten ortho­do­xen Kir­chen gemein­sam eine kano­ni­sche Aner­ken­nung einer von Mos­kau unab­hän­gi­gen Ukrai­nisch-ortho­do­xen Kir­che des Kie­wer Patri­ar­chats unter der Lei­tung von Patri­arch Fila­ret von Kiew ableh­nen. Fila­ret, bereits seit 1966 rus­sisch-ortho­do­xer Metro­po­lit, war 1990 nach dem Tod von Pimen I. des­sen Nach­fol­ger als Metro­po­lit von Kiew und der gesam­ten Ukrai­ne gewor­den. Als die Ukrai­ne nach dem Zer­falls der Sowjet­uni­on die Unab­hän­gig­keit erlang­te, for­der­te Fila­ret die Auto­ke­pha­lie für die ortho­do­xe Kir­che des Lan­des, was Mos­kau jedoch ent­schie­den ablehn­te. 1995 rief er eigen­mäch­tig die auto­ke­pha­le ukrai­nisch-ortho­do­xe Kir­che aus und sich zum Patri­ar­chen von Kiew und der gan­zen Ukrai­ne.

Die­se Spal­tung der Ortho­do­xie in der Ukrai­ne setz­te sich noch fort, so daß sich heu­te drei ver­fein­de­te ortho­do­xe Kir­chen gegen­über­ste­hen. Offi­zi­ell von der Ortho­do­xie aner­kannt ist nur die Ukrai­nisch-ortho­do­xe Kir­che des Mos­kau­er Patri­ar­chats, der nach wie vor auch die Mehr­zahl der ortho­do­xen Gläu­bi­gen anhängt. Fila­ret wur­de 1997 von Mos­kau exkom­mu­ni­ziert und in den Lai­en­stand zurück­ver­setzt. Trotz ver­schie­de­ner Ver­su­che anti­rus­si­scher ukrai­ni­scher Poli­ti­ker die Aner­ken­nung aus­zu­spre­chen, gab der Öku­me­ni­sche Patri­arch Bar­tho­lo­mä­us I. bis­her nicht nach. Obwohl in den ver­gan­ge­nen mehr als 20 Jah­ren der ukrai­ni­schen Unab­hän­gig­keit, das Kie­wer Patri­ar­chat sei­ne Posi­ti­on aus­bau­en konn­te, gehört die Mehr­zahl der ukrai­ni­schen Pfar­rei­en und das Mönchs­tum fast voll­stän­dig zum Mos­kau­er Patriarchat.

Filaret gilt in der kanonischen Orthodoxie als exkommunizierter Schismatiker

Patri­arch Fila­ret von Kiew bleibt in den Augen der aner­kann­ten Pri­mas­se ein Exkom­mu­ni­zier­ter, der zudem beschul­digt wird, Titel und Juris­dik­tio­nen an schis­ma­ti­sche Grup­pen und selt­sa­me Gestal­ten ver­lie­hen zu haben, an lai­sier­te Prie­ster, an selbst­er­nann­te Prie­ster und Vagan­ten, die sich in ver­schie­de­nen Län­dern außer­halb der kirch­li­chen Kon­trol­le bewe­gen. Die Rede ist von einer „schis­ma­ti­schen Inter­na­tio­na­len“, die in man­chen Tei­len der Erde die apo­sto­li­sche Suk­zes­si­on der ortho­do­xen Kir­chen unter­gra­be und in Fra­ge stel­le. Ein Aus­druck, der die Stim­mung inner­halb der kano­ni­schen Ortho­do­xie zum The­ma widerspiegelt.

Als US-Außen­mi­ni­ster John Ker­ry in die­sen Tagen sei­nen Spa­zier­gang über den Platz der Mär­ty­rer in Kiew mach­te, wur­de er von ver­schie­de­nen ukrai­ni­schen Reli­gi­ons­füh­rern beglei­tet. Direkt neben Ker­ry, sicht­ba­rer als alle ande­ren, ging Patri­arch Fila­ret. Auf rus­si­scher Sei­te bemüht sich Patri­arch Kyrill I. um Zurück­hal­tung im Ukrai­ne-Kon­flikt. Dies um so mehr, seit Archi­man­drit Tschap­lin die rus­si­sche Mili­tär­in­ter­ven­ti­on auf der Krim als „Frie­dens­mis­si­on“ bezeich­ne­te. Anders Kyrill: „Unser Volk besteht aus Men­schen mit unter­schied­li­chen Sicht­wei­sen und poli­ti­schen Über­zeu­gun­gen, ein­schließ­lich jener, die auf sich auf den Bar­ri­ka­den gegen­über­ste­hen. Die Kir­che stellt sich an die Sei­te von kei­ner Par­tei im poli­ti­schen Kampf.“ Die Wor­te sind einer Bot­schaft an Metro­po­lit Onuf­ry ent­hal­ten, dem der­zei­ti­gen Locum ten­ens des Mos­kau­er Patri­ar­chats in Kiew.

Moskau sucht Unterstützung und ist bereit solche zu gewähren

Nicht nur der Mos­kau­er, son­dern auch der Öku­me­ni­sche Patri­arch drängt auf ein Schlie­ßen der ortho­do­xen Rei­hen. Das hat nicht nur mit der Ukrai­ne-Kri­se zu tun. Gleich­zei­tig stärkt die Ein­heit auch die Rol­le von Bar­tho­lo­mä­us I. als Pri­mus inter pares und damit Garant und Koor­di­na­tor der ortho­do­xen Ein­heit. Der „Außen­mi­ni­ster“ des Mos­kau­er Patri­ar­chats, Metro­po­lit Hila­ri­on fand daher viel Wor­te des Lobs und der dank­ba­ren Aner­ken­nung für Bar­tho­lo­mä­us und auch für Metro­po­lit Ioan­nis von Per­ga­mon, den Haupt­theo­lo­gen des Öku­me­ni­schen Patri­ar­chats.

Hilarion: „Müssen der Welt die Probleme von heute benennen, nicht jene der 70er Jahre“

Hila­ri­on äußer­te bei den vor­be­rei­ten­den Sit­zun­gen zur der­zeit tagen­den Syn­axis erst­mals die vol­le Bereit­schaft, an der Vor­be­rei­tung des Hei­li­gen und Gro­ßen Kon­zils mit­zu­wir­ken, das bis­her von Mos­kau mit wenig Auf­merk­sam­keit betrach­tet wur­de: „Neue Rea­li­tä­ten, neue Pro­ble­me sind auf­ge­tre­ten und wir müs­sen vor unse­rer Her­de und der gan­zen Welt die Pro­ble­me benen­nen, die uns heu­te besor­gen und nicht jene, die die ortho­do­xen Kir­chen in den 70er und 80er Jah­ren des vori­gen Jahr­hun­derts besorgten.“

Auswirkungen auf Primats-Frage zwischen Orthodoxie und Katholizität?

Ob die neue Ein­heit der Ortho­do­xie auch Aus­wir­kun­gen auf die Bereit­schaft Mos­kaus haben wird, mit der Katho­li­schen Kir­che über den Pri­mat zu spre­chen, muß sich noch zei­gen. Zuletzt stell­te man sich in Mos­kau taub dafür, auch des­halb, um die füh­ren­de Rol­le des Öku­me­ni­schen Patri­ar­chen in die­ser Fra­ge nicht anzu­er­ken­nen. Doch zwi­schen Mos­kau und Kon­stan­ti­no­pel scheint eine Ent­span­nung im Gan­ge zu sein.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Vati­can Insider

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6 Kommentare

  1. Auch wenn der Duden bei­de Plu­ral­for­men zulässt: „Pri­mas­se“ ist doch sehr gewöh­nungs­be­dürf­tig. Der an die latei­ni­sche Form ange­lehn­te Plu­ral „Pri­ma­ten“ ist zwar auch nicht ganz unmiss­ver­ständ­lich, aber sprach­lich besser…

  2. Ich hof­fe, es ist ein Flüch­tig­keits­feh­ler. Die Mehr­zahl von Pri­mas heißt „Pri­ma­ten“ ( lat. Pri­mas – Primates )

    • Der Duden erlaut bei­de Plu­ral­for­men: Pri­ma­ten und Pri­mas­se. Wir haben uns nach eini­gem Über­le­gen für die weni­ger kor­rek­te, dafür aber weni­ger ver­fäng­li­che Vari­an­te ent­schie­den, da es zu einem frü­he­ren Arti­kel dum­me Kom­men­ta­re gab. Wir hof­fen auf das Ver­ständ­nis der Gebil­de­te­ren, da wir es anders­her­um nicht erwar­ten dürfen.

  3. Unter Pri­ma­ten wird mitt­ler­wei­le etwas ande­res ver­stan­den. Sage man doch „Ober­häup­ter“, um hier sprach­li­chen Unge­reimt­hei­ten in der Plu­ral­bil­dung zu entgehen.

  4. Mei­nes Wis­sens ist das Wort Pri­mas in den ortho­do­xen Kir­chen unge­bräuch­lich und latei­ni­schen Ursprungs. Ent­we­der gebrau­che man das Wort Patri­arch oder Oberhaupt.

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