(Amsterdam) Eine desorientierte Welt feiert nicht das Leben, sondern den Tod. Natürlich mit Hintergedanken. In den Niederlanden feierte und tanzte ein über achtzigjähriges Paar und dann brachten sie sich um. Selbst im Land der Euthanasie war die Euthanasierung des Paares illegal. Doch eine Medienkampagne drängt darauf, daß niemand strafrechtlich verfolgt wird. Denn, die Kinder seien begeistert: „Es war ein großartiger Abschied“. Für die Mutter war es Zeit „in den Ofen zu gehen“.
David Postma und Willemke Postma-Kloosterman organisierten ein „Abschiedsfest“. Er war 86 Jahre alt, sie 84. Sie versammelten ihre vier Kinder in ihrem Haus in den Niederlanden, hörten gemeinsam Musik, tanzten dazu und nachdem sie sich von den Kindern verabschiedet hatten, brachten sie sich um.
„Großartig, Phantastisch“
„Es war phantastisch, ein großartiger Abschied“, erzählten die Kinder begeistert der Tageszeitung Algemeen Dagblad über den Selbstmord ihrer Eltern. In den Niederlanden ist die Euthanasie als aktive „Sterbehilfe“, ebenso wie die passive „Sterbehilfe“ legal. Das Gift für den Selbstmord ist jedoch rezeptpflichtig. Der ausstellende Arzt muß prüfen, ob der Antragsteller alle vom Gesetz vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt. In erster Linie bedeutet das, daß er im Endstadium einer unheilbaren Krankheit sein oder unerträgliche Schmerzen leiden muß ohne Aussicht auf Besserung.
David und Willemke Postma erfüllten keines dieser Kriterien. Die einzigen Beschwerden waren einige Altersgebrechen. Laut der niederländischen Tageszeitung waren sie nur „unruhig“ wegen der Vorstellung, vielleicht früher oder später in ein Altersheim oder ein Hospiz zu müssen. Mit anderen Worten machte ihnen die Vorstellung des Todes solche Angst, daß sie beschlossen, sich umzubringen. Sie kauften bequem über Internet den tödlichen Cocktail. Niemand hatte dagegen etwas einzuwenden, weder die vier Kinder, alle um die Fünfzig, noch die zwölf Enkelkinder. Sie haben sich darauf beschränkt, die Eltern und Großeltern „zu begleiten“, wie das Dagblad schreibt.
„In den Ofen“
Die Polizei leitete Ermittlungen ein, doch die niederländischen Medien haben eine regelrechte Kampagne dafür gestartet, daß niemand strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden soll, denn es war ja ein „großartiger Abschied“. Obwohl die Medien verbissen das Gegenteil verbreiten, verlief der letzte Tag des Ehepaares Postma keineswegs so „glücklich“. Die Eltern empfingen die Kinder „im Pyjama“. Sie kleideten sich nicht einmal an. „Heute besteht keine Notwendigkeit, sich schön zu machen“, sagte die Mutter, denn „es ist Zeit in den Ofen zu gehen“, in Anspielung auf die bevorstehende Verbrennung ihrer Leichen im Krematorium.
Banalisierung des Todes
Die „Freude“ der Kinder über den Selbstmord der Eltern erinnert an die Worte von Kardinal Elio Sgreccia zum Euthanasiegesetz in Belgien, die genauso für die Niederlande gelten: „Europa hat den Weg in den Autogenozid eingeschlagen. Was in Belgien geschieht, ist das Signal für einen dramatischen Verlust an Menschlichkeit, ein drastischer Rückschritt auf zivilisatorischer Ebene.“ Ein „Verlust“ und „Rückschritt“ von Zivilisation und Menschlichkeit, vor denen verantwortungsbewußte Ärzte gewarnt haben. Die Ärztegesellschaft St. Lukas in Belgien warnt die Gesetzgeber, die derzeit über eine Ausweitung des Euthanasiegesetzes auf Kinder und psychisch Kranke entscheiden müssen: „Achtung, das Euthanasiegesetz führt zur Banalisierung des Todes“. Doch niemand scheint ihnen zuzuhören.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi