(Rom) „Die Entfernung des Volksaltars aus der Kirche ist erlaubt“, dies schreibt die auflagenstärkste katholische Wochenzeitschrift Italiens, Famiglia Cristiana in ihrer jüngsten Ausgabe. Ein „Eingeständnis, das viel Überwindung gekostet haben muß“, wie die traditionsverbundene Seite Messa in Latino kommentierte. Vorausgegangen war eine Leseranfrage an die Redaktion. Die Antwort der Redaktion, die ein Priester verfaßte, spiegelt eine Situation wider, wie sie in allen Diözesen anzutreffen ist: mit wenig Argumenten, Halbwahrheiten aber viel Dialektik werden Eindrücke vermittelt und ein Status quo verteidigt.
Kirchenrechtlich ist die Entfernung des „Volksaltars“ erlaubt, weil es zu keinem Zeitpunkt eine Verpflichtung zur Aufstellung eines solchen gab. In der Realität ist eine gegenteilige Meinung weitverbreitet, wie auch die Diskussion in der Famiglia Cristiana zeigt.
Zwei Ereignisse waren Anlaß für die Leseranfrage an die katholische Familienzeitschrift. Einmal die Tatsache, daß Papst Franziskus am vergangenen 12. Januar die Heilige Messe in der Sixtinischen Kapelle am Hochaltar ad Dominum zelebrierte. Der nach seiner Wahl aufgestellte „Volksaltar“ war wieder entfernt worden. Zum anderen Berichte über einen Pfarrer der Erzdiözese Modena, der den „Volksaltar“ entfernte und die Heilige Messe, ebenfalls im Neuen Ritus, am Hochaltar zelebriert.
Eine Leserin richtete in der Rubrik „Sie fragen, wir antworten“ eine Anfrage an die Wochenzeitschrift, ob die Entfernung des „Volksaltars“ und die Zelebration des Priesters am Hochaltar „erlaubt“ ist.
Für die Redaktion antwortete Don Sivano Sirboni. Er meinte zunächst, daß das Eucharistische Hochgebet am „Volksaltar“ nicht „zum Volk“, sondern an Gott gerichtet sei. Papst Benedikt XVI. hob dagegen die Bedeutung der physischen Gebetsrichtung von Priester und Volk hervor: „Der zum Volk gewandte Priester gibt der Gemeinschaft das Aussehen eines in sich selbst geschlossenen Ganzen“. Sie ist ihrer physischen Form nach nicht mehr offen nach vorne und oben, sie ist nicht mehr offen für Gott, sondern abgeschottet und sich selbst genügend.
Die Zelebration ad orientem bezeichnete der Priester in seiner Antwort als „Zelebration zur Wand hin“. Ebenso oberflächlich und am Wesentlichen vorbei schrieb er, daß dabei der Priester „dem Volk den Rücken zukehrte“. Benedikt XVI. schrieb dagegen, daß der Priester und das Volk keinen geschlossenen Kreis bilden, sich nicht gegenseitig anschauen, sondern sich gemeinsam nach Osten ausrichten, von wo Christus dem Volk Gottes entgegenkommt.
Dennoch, „wohl zähneknirschend“, so Messa in Latino, mußte Don Sirboni letztlich schreiben: „Den Volksaltar zu entfernen, ist erlaubt“.
„Was erlaubt ist, muß nicht immer opportun sein und auch nicht immer die beste Entscheidung darstellen“, ließ der Priester seiner persönlichen Einstellung sofort wieder freien Lauf und gab zu verstehen, was seiner Meinung nach vorzuziehen sei.
Gleichzeitig teilte Don Sirboni einen Seitenhieb gegen traditionsverbundene Katholiken aus: „Leider könnte die Entscheidung [zur Entfernung des „Volksaltars“] auch ein Zeichen für die Ablehnung der Konzilsreform sein.“ Der Priester will damit den Eindruck erwecken, daß jeder, der die Neue Messe nicht unkritisch akzeptiert, ein „Konzilsgegner“ ist.
Doch vom Alten Ritus war in der Anfrage der Leserin gar keine Rede. Der Priester der Erzdiözese Modena zelebriert am Hochaltar im Neuen Ritus und auch Papst Franziskus kann kaum eine „Ablehnung der Konzilsreform“ unterstellt werden. Abgesehen davon verwechselt Don Sirboni die nachkonziliare Liturgiereform mit dem Konzil und versucht diese Legende von der „Liturgiereform“ des Konzils unter den katholischen Lesern der Zeitschrift am Leben zu erhalten. Dazu gehört auch, daß Don Sirboni nur vom „Gedächtnis“ an das Letzte Abendmahl spricht, nicht aber von der unblutigen Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers Christi und daß er damit vollkommene Sühne für die Sünden der Menschen leistet.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Diözese Innsbruck