Kardinal Joachim Meisner emeritiert – Seine Stimme wird Deutschland fehlen – Wer tritt Nachfolge an?


Papst Franziskus nahm Rücktritt von Kardinal Joachim Meisner an(Köln) Papst Fran­zis­kus hat den Rück­tritt des Erz­bi­schofs von Köln, Kar­di­nal Joa­chim Meis­ner ange­nom­men. Der 80jährige Schle­si­er wur­de am 25. Dezem­ber 1933 in Bres­lau gebo­ren. Er gehör­te als Erz­bi­schof zu den prä­gen­den Gestal­ten der katho­li­schen Kir­che im Deutsch­land der ver­gan­ge­nen 45 Jah­re. So lan­ge war Meis­ner amtie­ren­der Diö­ze­san­bi­schof. Zunächst als Weih­bi­schof von Erfurt, dann von 1980 bis 1989 als Bischof des noch geteil­ten Ber­lins, dann auf Wunsch von Papst Johan­nes Paul II. fast zeit­gleich mit dem Zusam­men­bruch der kom­mu­ni­sti­schen Dik­ta­tur und dem Ende der DDR im Erbis­tum Köln. Mit Köln stand Meis­ner der größ­ten und ein­fluß­reich­sten Diö­ze­se des deut­schen Sprach­raums vor. Ein Bischofs­sitz, der im römisch-deut­schen Reich mit der Kur­wür­de ver­bun­den war. Köln ist seit der Zeit Karls des Gro­ßen Erz­bis­tum. Die Erz­bi­schö­fe wähl­ten zuerst den römisch-deut­schen Kai­ser. Seit dem Unter­gang des Alten Reichs ist der Bischofs­stuhl mit der Kar­di­nals­wür­de ver­bun­den, wes­halb sie seit­her den Papst wählen.

Meisner konnte deutsche Kirche nie prägen, aber wichtigen Gegenpol bilden

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Es wäre über­trie­ben, wenn man sagen wür­de, Kar­di­nal Meis­ner habe der deut­schen Kir­che sei­nen Stem­pel auf­ge­drückt. Das gelang ihm nur zum Teil, zum klei­ne­ren Teil. Er war Teil der von Papst Johan­nes Paul II. ver­such­ten Restau­ra­ti­on einer Katho­li­schen Kir­che, die in der Nach­kon­zils­zeit im deut­schen Sprach­raum Auf­lö­sungs­er­schei­nun­gen zeig­te. Kar­di­nal Meis­ner war damit beschäf­tigt, Löcher zu stop­fen und ein Gegen­ge­wicht zu ande­res­lau­ten­den Ten­den­zen unter den deut­schen Bischö­fen zu bil­den. Daß sein Gewicht stark, aber nicht ent­schei­dend war, zeig­ten die Wah­len zum Vor­sit­zen­den der Deut­schen Biss­chofs­kon­fe­renz. Ein Amt, das er nie erreich­te. Eine Meis­ner-Mehr­heit woll­te sich in der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz nie ein­stel­len. Bei der Wahl des Main­zer Bischofs, Karl Kar­di­nal Leh­mann 1987 konn­te er noch nicht mit­re­den. Durch den Mau­er­bau waren die mit­tel­deut­schen Bischö­fe gezwun­gen, sich in der Ber­li­ner Bischofs­kon­fe­renz zu orga­ni­sie­ren. 2008 muß­te er Erz­bi­schof Robert Zol­lit­sch von Frei­burg akzep­tie­ren, weil er über eine star­ke Min­der­heit nicht hinauskam.

Maßgeblicher Papstwähler bei Benedikt XVI., nicht bei Franziskus

Den­noch war Kar­di­nal Meis­ner in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten unter Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. ein siche­rer und zuver­läs­si­ger Ansprech­part­ner für Rom. Die Wahl des deut­schen Pap­stes hat­te er maß­geb­lich mit­ent­schie­den. Glei­ches gilt nicht für die Wahl von Papst Fran­zis­kus, über die er sich unmit­tel­bar nach dem Kon­kla­ve sicht­lich irri­tiert zeigte.

Abgang bei stürmisch werdendem Seegang

Auf Wunsch von Bene­dikt XVI. blieb er deut­lich län­ger im Amt als es das Kir­chen­recht vor­sieht. Er war der älte­ste noch akti­ve Kar­di­nal der Katho­li­schen Kir­che. Bereits Ende 2008 bot er mit Errei­chung der Alters­gren­ze von 75 Jah­ren erst­mals sei­nen Rück­tritt an. Am Christ­tag 2013 wur­de er 80 und war noch immer ein Fels in der Bran­dung. Sein Abgang erfolgt bei anschwel­len­dem See­gang. Unter Bene­dikt XVI. schien mehr Ruhe in die deut­sche Kir­che gekom­men zu sein. Kar­di­nal Meis­ner konn­te eini­ge sei­ner Weih­bi­schö­fe zu Diö­ze­san­bi­schö­fen ein­set­zen. Der Abtritt Bene­dikts und die Wahl von Papst Fran­zis­kus zeig­te, daß es sich um eine trü­ge­ri­sche Ruhe gehan­delt hat­te. Offen­sicht­lich hat­ten pro­gres­si­ve Krei­se sich resi­gniert ihrer Mar­gi­na­li­sie­rung erge­ben. Mit der Wahl des argen­ti­ni­schen Pap­stes haben sie Mor­gen­luft gewit­tert. Ver­meint­lich glau­bens­treue Bischö­fe, selbst sol­che, die Meis­ner wohl­mei­nend in Amt und Wür­de, sogar bis zur Kar­di­nals­wür­de brach­te, ent­pup­pen sich als ver­kapp­te pro­gres­si­ve. Die deut­sche Kir­che zeigt ein Bild von Unge­hor­sam und Rebel­li­on, die an die Zeit des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils erinnert.

Makel durch „Pille danach“-Entscheidung

Meis­ner selbst setz­te einen umstrit­te­nen Schritt, der das Ende sei­nes Epi­sko­pats über­schat­tet. Vor einem Jahr, kurz vor dem Rück­tritt von Bene­dikt XVI., erlaub­te er Kran­ken­häu­sern in katho­li­scher Trä­ger­schaft, immer­hin ein Drit­tel des gesam­ten Köl­ner Kran­ken­haus­we­sens, und katho­li­schen Ärz­ten die Abga­be der Pil­le danach. Eine ein­sei­ti­ge Ent­schei­dung, die er auch von der Bischofs­kon­fe­renz mit einem machia­vel­li­sti­schen Text abseg­nen ließ. Die Pil­le danach kann auch abtrei­bend wir­ken. Das Gegen­teil, auf das sich Kar­di­nal Meis­ner berief, wur­de von der Wis­sen­schaft noch nicht bestätigt.

Auch im Erz­bis­tum Köln lief zuletzt nicht mehr alles nach Wunsch des Erz­bi­schof. Unter Papst Fran­zis­kus und mit Blick auf Meis­ners Alter läu­te­ten eini­ge bereits die Nach-Meis­ner-Ära ein. Meis­ner bot in vie­len gesell­schafts­po­li­ti­schen Debat­ten einen siche­ren Ori­en­tie­rungs­punkt für Katho­li­ken und alle Men­schen guten Wil­lens. Meis­ner hob sich von den ande­ren Bischö­fen auch dadurch ab, daß er eine kla­re Spra­che zu spre­chen wuß­te. Das galt beson­ders nach dem zu frü­hen Tod des Ful­da­er Bischofs Johan­nes Dyba.

Mann der klaren Worte wird Deutschland fehlen

Wer wird sei­ne Nach­fol­ge antre­ten? Wer wird die wich­tig­ste deut­sche Diö­ze­se, eine der größ­ten Diö­ze­sen der Welt und nicht zuletzt auch eine der reich­sten Diö­ze­sen der Welt­kir­che lei­ten? Eine Per­so­nal­ent­schei­dung, die von gro­ßer Bedeu­tung für den deut­schen Sprach­raum, aber auch für die Uni­ver­sal­kir­che ist. Eine Ent­schei­dung, die Papst Fran­zis­kus zusteht.

Es bleibt zu hof­fen, daß Kar­di­nal Meis­ner, wie der eben­falls 80jährige Kar­di­nal Wal­ter Kas­per unter Beweis stellt, auch wei­ter­hin sei­ne Stim­me in der Welt­kir­che erhebt. Eines steht mit dem Abgang von Joa­chim Kar­di­nal Meis­ner bereits fest: Sei­ne Stim­me wird Deutsch­land fehlen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: La cigue­ña de la torre

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