Papst Franziskus nennt Jesuiten Matteo Ricci und Pedro Arrupe als Vorbilder


Katholische Orden kennzeichen sich durch die Vielfalt der Ordensgewänder, doch die Kleiderordnung der Versammlung der Generaloberen kennt nur triste Monotonie.(Rom) 15 Sei­ten umfaßt die Zusam­men­fas­sung des Gesprächs zwi­schen Papst Fran­zis­kus und den Gene­ral­obe­ren der katho­li­schen Män­ner­or­den vom ver­gan­ge­nen 29. Novem­ber, die Pater Anto­nio Spa­da­ro, der Schrift­lei­ter der Jesui­ten­zeit­schrift Civil­tà  Cat­to­li­ca erstell­te und am Frei­tag in der neu­en Aus­ga­be der Zeit­schrift ver­öf­fent­lich­te. Zwei Jesui­ten hob Papst Fran­zis­kus als Vor­bil­der her­vor: den Jesui­ten der ersten Gene­ra­ti­on Matteo Ric­ci und den umstrit­te­nen Ordens­ge­ne­ral Pedro Arru­pe (1965–1983).

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Über den Inhalt des Gesprächs war bis­her kaum etwas durch­ge­sickert. Die Ver­ei­ni­gung der Gene­ral­obe­ren gab bald nach dem Gespräch auf ihrer Inter­net­sei­te bekannt, daß eine Zusam­men­fas­sung von Pater Spa­da­ro fol­gen wer­de. Papst Fran­zis­kus scheint die Obe­ren um die­se Zurück­hal­tung gebe­ten zu haben, um eine unkon­trol­lier­te Wie­der­ga­be sei­ner Aus­sa­gen durch Indis­kre­tio­nen zu verhindern.

Vor Drucklegung dem Papst vorgelegt

Jede Aus­ga­be der Civil­tá Cat­to­li­ca wird vor Erschei­nen vom Vati­kan kon­trol­liert und mit einer Druck­erlaub­nis ver­se­hen. Pater Spa­da­ro, der kein Gene­ral­obe­rer ist, war jedoch aus­drück­lich vom Papst zum Gespräch hin­zu­ge­zo­gen wor­den. Im päpst­li­chen Auf­trag erstell­te er die Zusam­men­fas­sung, leg­te sie vor der Druck­le­gung dem Papst per­sön­lich zur Über­prü­fung vor und erhielt von die­sem die Zustim­mung zur Veröffentlichung.

„Wenn der Papst frei spricht und in Dia­log tritt, haben sei­ne Aus­füh­run­gen einen wel­len­ähn­li­chen Rhyth­mus, dem man mit Sorg­falt fol­gen muß, weil er sich aus der leben­di­gen Wech­sel­wir­kung mit sei­nen Gesprächs­part­nern speist“, wie Pater Spa­da­ro dar­legt. Die umfang­rei­che Zusam­men­fas­sung der Papst­wor­te liegt lei­der noch nicht in deut­scher Fas­sung vor.

Ordensleben ist prophetische Nachfolge Christi

Neben dem „Novi­zen­han­del“ in den jun­gen Kir­chen mit vie­len Beru­fun­gen, den der Papst beklag­te, und der Her­an­bil­dung „klei­ner Mon­ster“, die dem Papst die „Gän­se­haut“ kom­men las­sen, sprach das Kir­chen­ober­haupt von der Prio­ri­tät des Ordens­le­bens: „Es ist die Pro­phe­tie des Rei­ches, die nicht ver­han­del­bar ist. Der Akzent muß dar­auf lie­gen, Pro­phe­ten zu sein, und nicht dar­auf, nur so zu tun als ob. Natür­lich zeigt uns der Teu­fel sei­ne Ver­su­chun­gen und das ist eine davon: so zu tun als wäre man Pro­phe­ten ohne es zu sein. Aber mit sol­chen Din­gen darf man nicht spie­len. Ich selbst habe vie­le trau­ri­ge Din­ge dies­be­züg­lich gesehen.“

Der Papst ermahn­te die Gene­ral­obe­ren: „Die Kir­che muß attrak­tiv sein. Weckt die Welt auf. Seid Zeu­gen einer ande­ren Art des Tuns, des Han­delns und des Lebens“. Und wei­ter: „Es ist mög­lich, in die­ser Welt anders zu leben. Wir spre­chen von einem escha­to­lo­gi­schen Blick, von den Fleisch gewor­de­nen Wer­ten des Rei­ches hier, auf die­ser Erde. Es geht dar­um, alles auf­zu­ge­ben, um dem Herrn nach­zu­fol­gen. Nein, ich will nicht ‚radi­kal‘ sagen. Die Radi­ka­li­tät des Evan­ge­li­ums betrifft nicht nur die Ordens­leu­te: sie ist von allen gefor­dert. Die Ordens­leu­te aber fol­gen dem Herrn auf eine beson­de­re Wei­se nach, auf pro­phe­ti­sche Wei­se. Ich erwar­te mir von Euch die­ses Zeugnis.“

Sünde Ja, Korrupte Nein

Der Papst wie­der­hol­te eine For­mu­lie­rung, die er bereits mehr­fach erwähn­te, deren Inhalt nach wie vor schwer ver­ständ­lich ist. Der Papst for­der­te die Obe­ren auf, die Sün­der in die Prie­ster­se­mi­na­re auf­zu­neh­men, nicht aber die „Kor­rup­ten“: „Ich spre­che nicht von den Men­schen, die sich als Sün­der erken­nen: wir alle sind Sün­der, aber nicht alle sind wir kor­rupt. Akzep­tiert die Sün­der, aber nicht die Korrupten“.

Ordenscharisma immer den Umständen von Ort, Zeit und Personen angepassen

Zum Cha­ris­ma des Ordens­grün­ders eines jeden Ordens sag­te der Papst: „Das Cha­ris­ma ist immer das eine, aber, wie der Hei­li­ge Igna­ti­us sag­te, muß es gemäß Ort, Zeit und Men­schen gelebt wer­den. Das Cha­ris­ma ist nicht eine Fla­sche destil­lier­ten Was­sers. Man muß es kraft­voll leben, indem man es auch kul­tu­rell neu liest.“ In die­sem Zusam­men­hang for­der­te der Papst die Orden zum Han­deln auf. Es sei bes­ser „Feh­ler zu machen“ als nichts zu tun. „Wir müs­sen immer um Ver­ge­bung bit­ten und uns schä­men für die apo­sto­li­schen Miß­er­fol­ge, die durch Mut­lo­sig­keit ver­ur­sacht wur­den. Den­ken wir zum Bei­spiel an die pio­nier­haf­ten Intui­tio­nen von Matteo Ric­ci, die zu sei­ner Zeit fal­len­ge­las­sen wur­den“. Der Papst spiel­te damit auf die bis­her geschei­ter­ten Ver­su­che einer Chri­stia­ni­sie­rung Chi­nas an. Das Modell des Jesui­ten Matteo Ric­ci zeich­ne­te sich durch beson­de­re Anpas­sungs­fä­hig­keit an die chi­ne­si­sche Kul­tur und Men­ta­li­tät aus. Aus die­sem Grund war es umstrit­ten und wur­de schließ­lich verworfen.

Zwei Jesuiten als Vorbilder: Matteo Ricci und Ordensgeneral Pedro Arrupe

Auch auf die „Peri­phe­rie“, die „Rän­der“ kam Papst Fran­zis­kus zu spre­chen, einer vor­ran­gi­gen Chif­fre sei­nes Pon­ti­fi­kats: „Ich bin von einer Sache über­zeugt: die gro­ßen Ver­än­de­rung der Geschich­te tra­ten ein, wenn die Wirk­lich­keit nicht von der Mit­te, son­dern von den Rän­dern betrach­tet wur­de.“ In die­sem Zusam­men­hang erwähn­te der Papst noch einen wei­te­ren Jesui­ten, des­sen Bei­spiel er als Vor­bild nann­te, den frü­he­ren, umstrit­te­nen Ordens­ge­ne­ral Pater Pedro Arru­pe, den Johan­nes Paul II. zum vor­zei­ti­gen Amts­ver­zicht dräng­te. Pater Arru­pe gilt als eine der schil­lernd­sten Gestal­ten der jün­ge­ren Kir­chen­ge­schich­te. Die einen ver­eh­ren ihn als leuch­ten­des Vor­bild, den ande­ren gilt er als Toten­grä­ber des Jesuitenordens.

Zwei neue Dokumente: über die Brüder und das Verhältnis zwischen Bischöfen und Ordensleuten

Im Gespräch gab der Papst bekannt, daß er zwei Doku­men­te in Vor­be­rei­tung habe: eines über die Beru­fung der „Brü­der“, das heißt der Ordens­leu­te, die nicht Prie­ster sind; das ande­re über die Bezie­hun­gen zwi­schen den Bischö­fen und den Ordens­leu­ten, mit dem das Doku­ment Mutuae rela­tio­nis der Kon­gre­ga­ti­on für die Ordens­leu­te und Säku­lar­in­sti­tu­te und der Kon­gre­ga­ti­on für die Bischö­fe von 1978 ersetzt wer­den soll, das Papst Fran­zis­kus als „nicht mehr zeit­ge­mäß“ bezeichnete.

2015 Jahr des geweihten Lebens

Der Papst gab zudem bekannt, daß er das Jahr 2015 zum Jahr des geweih­ten Lebens aus­ru­fen wird. Eine Ankün­di­gung, die mit „einem lan­gen Applaus“ bedacht wur­de, so Pater Spa­da­ro. Der Papst habe dar­auf­hin mit einem Lächeln den Prä­fek­ten und den Sekre­tär der Ordens­kon­gre­ga­ti­on Joà£o Kar­di­nal Bráz de Aviz und Erz­bi­schof José Rodrà­guez Car­bal­lo ange­schaut und gesagt: „Es ist ihre Schuld, der Vor­schlag stammt von ihnen: wenn die bei­den sich tref­fen, sind sie gefähr­lich“, was die Gene­ral­ver­samm­lung der Gene­ral­obe­ren zu all­ge­mei­ner Hei­ter­keit ver­an­laßt habe, so Pater Spa­da­ro. Der Bra­si­lia­ner Kar­di­nal Braz de Aviz gehört der Foko­lar-Bewe­gung an, Erz­bi­schof Car­bal­lo ist Franziskaner.

Wenn die vatikanische Medizin schlimmer ist als die gefürchtete Krankheit

Der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster erin­nert in die­sem Zusam­men­hang dar­an, daß bei­de jüngst zusam­men mit Papst Fran­zis­kus in die Schlag­zei­len gerie­ten wegen der Här­te, mit der sie den Orden der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta, einen der blü­hend­sten Orden der katho­li­schen Kir­che unter kom­mis­sa­ri­sche Ver­wal­tung stell­ten und dem Orden die Zele­bra­ti­on im Alten Ritus verboten.

„Die­se Ange­le­gen­heit wur­de beim Gespräch vom 29. Novem­ber nicht erwähnt, außer viel­leicht impli­zit dort, wo Papst Fran­zis­kus sag­te, daß ‚die Kon­flik­te in der Gemein­schaft unver­meid­bar sind: in gewis­ser Hin­sicht muß es sie geben, wenn die Gemein­schaft wirk­lich ehr­li­che und loya­le Bezie­hun­gen lebt‘. Doch wenn man die destruk­ti­ve Vor­ge­hens­wei­se der kom­mis­sa­ri­schen Ver­wal­tung der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta sieht – soviel von bei­den Kon­flikt­par­tei­en durch­sickert – bekommt man den ein­deu­ti­gen Ein­druck, daß die vati­ka­ni­sche Medi­zin schlim­mer ist als die gefürch­te­te Krank­heit“, so Magister.

Triste Kleidungsordnung unter Generaloberen

Die katho­li­sche Ordens­tra­di­ti­on zeich­net sich durch die Viel­falt der Orden­scha­ris­men aus, die ihren sicht­ba­ren Aus­druck in jeweils beson­de­ren Ordens­ge­wän­dern fin­det. Die Klei­der­ord­nung der Ver­samm­lung der Gene­ral­obe­ren der katho­li­schen Män­ner­or­den, vor der Papst Fran­zis­kus sprach, bie­tet hin­ge­gen den tri­sten Anblick völ­li­ger Mono­to­nie. Etli­che Gene­ral­obe­re schei­nen das Ordens­kleid nur als gele­gent­li­che Opti­on zu betrachten.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Don Orione

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