5. Zu gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften Vorbemerkung und zur naturrechtlichen Grundlage der Lehre der Kirche
Obwohl die Frage 5 den kirchlichen Verbänden und Dekanaten nicht ausdrücklich zur Beantwortung vorgelegt wurde, hat sich mehr als die Hälfte der Rückmeldungen zu dieser Frage geäußert. Anscheinend haben die genannten Räte diese Frage für sich als relevant erkannt und wollten ihre Meinung dazu auf jeden Fall äußern.
Abweichend vom „klassischen“ naturrechtlichen Gedankengang wird es im gesellschaftlichen Diskurs für möglich gehalten, dass Menschen bei sich eine in ihrer individuellen Natur liegende Veranlagung zur Homosexualität vorfinden. Daraufhin gilt es vielen Betroffenen als schwer verständlich, warum sie dann nicht ihrer Veranlagung gemäß ihrer Liebe Ausdruck geben sollen – eine Argumentationsweise, die durchaus naturrechtliche Wurzeln hat, bei der jedoch der Aspekt der biologischen Generativität ausgeblendet bleibt. Zudem wird die sexuelle Orientierung als Ergebnis eines komplexen Prozesses der Identitätsbildung gesehen, bei der die soziale Umwelt großen Einfluss hat, so dass man weder allein von einer bewussten Wahl noch einfach von einem zwangsläufig individuellen Prozess sprechen kann. Dies ist der gesellschaftliche Ausgangspunkt, und von daher muss eine diesen Menschen an gemessene Pastoral gestaltet werden.
a) Gibt es in Ihrem Land eine zivile Gesetzgebung, die Verbindung von Personen desselben Geschlechts anerkennt und damit in etwa der Ehe gleichstellt?
Ja. In der Diskussion befindet sich noch, ob homosexuelle Paare das Adoptionsrecht bekommen sollen.
b) Was ist die Haltung der Teilkirchen und Ortskirchen sowohl gegenüber dem Staat, der die zivilen Verbindungen zwischen Personen desselben Geschlechts fördert, als auch gegenüber den von dieser Art von Verbindungen betroffenen Personen?
Das Erzbistum Köln lehnt staatliche Gesetze ab, die eine staatliche Eheschließung gleichgeschlechtlicher Paare mit der staatlichen Eheschließung gegengeschlechtlicher Paare gleichsetzen. Es gibt Konflikte zum kirchlichen Arbeitsrecht (wie auch bei wiederverheiratet geschiedenen Paaren). Viele Christen in den Pfarrgemeinden und Verbänden können diese Haltung nicht nachvollziehen. Die Christen vor Ort und viele Seelsorger und pastorale Dienste drängen nach einer pastoralen, menschlichen Lösung, damit homosexuelle Paare mit oder ohne eingetragene Partnerschaft in den Gemeinden anerkannt werden können. Viele betrachten es als eine schwer erträgliche Situation, dass im individuellen Kontakt Akzeptanz und Wohlwollen praktiziert wird, offiziell aber die Lehre der Kirche verkündet werden muss. Bei den Gläubigen entsteht dadurch ein Glaubwürdigkeitsproblem der Kirche, mit dem sie schwer leben können.
c) Welche pastorale Aufmerksamkeit ist möglich gegenüber Menschen, die sich für derartige Lebensgemeinschaften entschieden haben?
Menschen in diesen Lebensformen werden als Realität in den Pfarrgemeinden als Selbstverständlichkeit wahrgenommen. Es ist eine normale pastorale Praxis gefragt, die alle Menschen im Blick hat. Es gehört zum „Markenkern“ der Kirche, Menschen zu begleiten, die Verantwortung füreinander übernehmen. Auch die „Ehe‑, Familien- und Lebensberatungsstellen“ nehmen die Beratung homosexueller Paare als Aufgabe und Dienst an solchen Paaren an. Es wird Toleranz und Wohlwollen gegenüber dieser Menschengruppe eingefordert. Viele haben sich schon von der katholischen Kirche abgewandt, die eigentlich gläubige Menschen sind. Dies kann – so die Überzeugung vieler – nicht weiter hingenommen werden. Besonders Jugendliche und junge Erwachsene, die sich für eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft entschieden haben, leiden unter der Ausgrenzung, die sie von der Kirche dadurch erfahren, dass diese ihre gelebte Partnerschaft ablehnt. Ein Zugang zu den Sakramenten soll ermöglicht werden (Ausnahme: Ehesakrament, das heterosexuellen Paaren vorbehalten bleiben soll). Alle pastoralen Akte des Beistandes für die Formen des Zusammenlebens, die nicht die Gestalt der Ehe abbilden, werden als notwendige pastorale Zuwendung angesehen. Anstelle des Ehesakramentes wäre eine Segensfeier für diese Partnerschaften vorstellbar. Gläubige, die ein kirchliches (Ehren-)Amt bekleiden, sollten dieses nach dem Eingehen einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, aber auch bei Bekanntwerden ihrer homosexuellen Orientierung beibehalten können.
d) Wie soll man sich auf pastoraler Ebene mit Blick auf die Glaubensweitergabe in jenen Fällen verhalten, in denen gleichgeschlechtliche Partner Kinder adoptiert haben?
Einhellig wird hervorgehoben, dass Kinder, die in gleichgeschlechtlichen Beziehungen leben (was häufig auch heute ohne Adoption schon der Fall ist, wenn z.B. einer der Partner selbst leiblich Kinder hat), nicht anders behandelt werden dürfen als andere Kinder. Alles andere würde sie diskriminieren. Sie sollen mit ihren erwachsenen Bezugspersonen wie alle anderen Gemeindemitglieder auch am kirchlichen Leben teilnehmen können.