(New York) Das US-Musikmagazin Rolling Stone setzt erstmals in seiner Geschichte einen Papst auf die Titelseite. Wem das 1967 gegründete Magazin diese „Ehre“ zuteil werden läßt, in der Regel Sänger und Musikgruppen, der zählt in der Musikbranche etwas. Das vierzehntägig erscheinende, inhaltlich linksliberal ausgerichtete Blatt widmet die Titelgeschichte der nächsten Ausgabe Papst Franziskus. Der Titel „Pope Francis: The Times They Are A‑Changin“ (Papst Franziskus: Die Zeiten ändern sich) ist eine Anspielung auf das dritte Studioalbum von Bob Dylan aus dem Jahr 1964 mit dem gleichnamigen Titelsong. Ein Lied, das für die 68er Generation eine Art Revolutionshymne war.
Gegensatz: Benedikt XVI. „schlechteste“, Papst Franziskus „beste“ Wahl
So explizit wie diese Anspielung ist, gestaltet sich auch der Rest der langen Reportage über das katholische Kirchenoberhaupt. Papst Franziskus wird als Revolutionär dargestellt, der die Katholische Kirche einer „überfälligen“ Veränderung unterwerfe. Einer Anpassung an den linksliberalen Zeitgeist, so das Musikmagazin.
Um Papst Franziskus als „radikalen Veränderer“ noch deutlicher hervorzuheben, teilt Rolling Stone Seitenhiebe gegen seinen Vorgänger Benedikt XVI. aus. Das Musikmagazin zeichnet die beiden Päpste als radikale Gegensätze. Papst Benedikt XVI. sei ein „überzeugter Traditionalist“ gewesen. Seine Wahl im Jahr 2005 sei die die „schlechteste“ aller denkbaren Varianten gewesen. Papst Franziskus hingegen plane radikale Veränderungen und sei von einer Öffentlichkeitswirksamkeit wie US-Präsident Bill Clinton. Der habe ebenso ein Gespür und eine besondere Fähigkeit zu populären Auftritten gehabt.
Wußten die Kardinäle gar nicht, wen sie auf den Papstthron hoben?
Laut Rolling Stone seien sich die Kardinäle gar nicht bewußt gewesen, wen sie mit dem Argentinier Jorge Mario Bergoglio am 13. März durch ihre Wahl auf den Stuhl Petri setzten. Dessen radikale Reformabsichten seien erst danach offenkundig geworden und dürften manchen seiner Wähler überrascht haben. Papst Franziskus verfolge eine Agenda der Veränderungen, die keineswegs nur eine bloße Stilfrage sei. Denn, so der Autor von Rolling Stone, jede Änderung des Stils bedeute in der Katholischen Kirche unweigerlich substantielle Veränderungen.
Progressiver Jesuit als „Kronzeuge“
Dazu zitiert Rolling Stone den progressiven amerikanischen Jesuiten Thomas Reese, der ausführlich die Thesen des Musikmagazins stützt, wenn er über das große Unbehagen spricht, das unter kirchentreuen Katholiken wegen des neuen Papstes herrsche, der „linkslastige“ Positionen vertrete.
Reese geriet wegen seiner im Widerspruch zur katholischen Lehre stehenden Positionen in Konflikt mit der Glaubenskongregation. Reese vertrat zu Themen wie Homosexualität, Verhütungsmittel, religiöser Pluralismus oder die Erklärung Dominus Iesus abweichende Standpunkte. Kaum war Joseph Kardinal Ratzinger zum Papst gewählt worden, mußte Reese als Chefredakteur der katholischen Zeitschrift America zurücktreten.
Die Ausgabe mit Papst Franziskus auf der Titelseite wird am 13. Februar erscheinen. Am Dienstag wurde die Titelreportage jedoch bereits auf der Internetseite des Magazins veröffentlicht.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Rolling Stone (Screenshot)