Wort des Jahres 2013 weder „Selfie“ noch „GroKo“, sondern „renuntiare“ von Benedikt XVI.


Papst Benedikt XVI. sprach das Wort des Jahres 2013 aus: "renuntiare" (zu verzichten)(Berlin/​Rom) Wir sind es gewohnt, von aller­lei Wich­ti­ge­rem und Unwich­ti­gem über­schüt­tet zu wer­den. Das Leben ist einem Dau­er­bom­bar­de­ment der Beein­flus­sung aus­ge­setzt. Stän­dig ver­sucht ein Markt von Moden und Trends, durch geschickt oder weni­ger geschickt getarn­te Wer­bung in uns „Bedürf­nis­se“ zu wecken, deren ein­zi­ger Zweck es ist, daß wir etwas kau­fen sol­len oder uns in eine bestimm­te Rich­tung zu einer bestimm­ten Mei­nung oder einer bestimm­ten Stimm­ab­ga­be zu len­ken. Gewohnt sind wir auch, daß uns gegen Jah­res­en­de das „Wort des Jah­res“ ser­viert wird, oder bes­ser, gleich meh­re­re sol­che Neologismen. 

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Wie stief­müt­ter­lich es um die deut­sche Spra­che bestellt ist, wird einem spä­te­stens an die­ser Stel­le bewußt. 2013 stellt kei­ne Aus­nah­me dar. Die Gesell­schaft für deut­sche Spra­che (GfdS) hat die Abkür­zung-Neu­schöp­fung Gro­Ko zum „Wort des Jah­res 2013“ erko­ren. Gro­Ko steht für Gro­ße Koali­ti­on und die ist nun ja eigent­lich wirk­lich nichts Neu­es, weder in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, noch in Öster­reich und in der Schweiz schon gar nicht. Das Akro­nym soll die zur Regel wer­den­de Aus­nah­me wohl etwas fri­scher erschei­nen las­sen als sie tat­säch­lich ist.

Von GroKo, „Protzbischof“ und Babo

Die zwei­te Wahl wäre aller­dings noch unap­pe­tit­li­cher gewe­sen. Auf dem zwei­ten Platz wur­de die Medi­en­hetz­pa­ro­le „Protz­bi­schof“ gereiht. Rund um den Fall des Lim­bur­ger (Noch-)Bischofs Tebartz-van Elst konn­ten sich die ver­schie­de­nen anti­ka­tho­li­schen Gemü­ter Deutsch­lands gemein­sam abre­agie­ren. Von den katho­li­schen San­ges­brü­dern im anti­bi­schöf­li­chen Chor sei lie­ber geschwiegen.

Auch der Lan­gen­scheidt-Ver­lag hat sein „Wort des Jah­res“ gekürt, um genau zu sein, das „Jugend­wort des Jah­res“. Doch nach Gro­Ko will auch damit kei­ne rech­te Freu­de auf­kom­men. Auf dem ersten Platz lan­de­te das „Jugend­wort“ Babo. Es meint einen „Boss“, einen „Anfüh­rer“ oder „Chef“ und scheint der Kanak Sprak irgend­wel­cher  „Kul­tur­be­rei­che­rer“ ent­lehnt zu sein.

„Selfie“ – von kultureller Kolonisation und dem „Ich als Botschaft“

Sol­cher­ma­ßen des­il­lu­sio­niert wun­dert man sich auch nicht mehr dar­über, daß das „Wort des Jah­res“, über das in deut­schen Medi­en am häu­fig­sten berich­tet wur­de, eigent­lich kein deut­sches Wort ist (was bit­te schön ist letzt­lich an Babo und Gro­Ko deutsch bezie­hungs­wei­se ein Wort?). Als das „Wort des Jah­res“ 2013 ver­mit­tel­ten uns die mei­sten deut­schen Medi­en das eng­li­sche „Wort des Jah­res“. Es wird jähr­lich von der Redak­ti­on des Oxford Eng­lish Dic­tion­a­ry (OED) gewählt und heißt „Sel­fie“. Was aber heißt Sel­fie? Sel­fie „steht für ein Selbst­por­trät mit dem Mobil­te­le­fon“, wuß­te die Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung bereits am 19. Novem­ber in einem Arti­kel zu berich­ten mit dem bezeich­nen­den Titel: „Das Ich ist die Botschaft“.

Die deut­sche Kul­tur und ihr Selbst­ver­ständ­nis (übri­gens ergeht es ande­ren euro­päi­schen Spra­chen und Kul­tu­ren nicht viel bes­ser) sind so minu­ti­ös angel­säch­sisch kolo­ni­siert, daß es letzt­lich völ­lig unkri­tisch akzep­tiert wird, daß das eigent­li­che „Wort des Jah­res“ 2013 „Sel­fie“ lau­tet, nur weil das so vom Oxford Eng­lish Dic­tion­a­ry bestimmt wur­de. Arti­kel um Arti­kel wur­den über die­ses „tren­di­ge Phä­no­men“ ver­geu­det und dabei kaum bemerkt, daß die Insi­ti­tu­ti­on, so renom­miert sie sein mag, sich mit einer Fremd­spra­che befaßt.

renuntiare“ – „Wort des Jahres“ 2013 oder gar „Unwort des Jahres“?

Und bei all den Moden, Trends und Phä­no­me­nen, die uns die wer­bungs­fi­nan­zier­ten, kom­mer­zi­el­len Medi­en ser­vie­ren, geht der Blick für das eigent­lich Wich­ti­ge ver­lo­ren. Auch ein eini­ger­ma­ßen ange­mes­se­ner Sinn für die Geschich­te. Das Blitz­licht der Smart­phones blen­det uns so sehr, daß wir nicht mehr sehen, daß im Jahr 2013 nicht nur ein Wort des Jah­res, son­dern wahr­schein­lich des Jahr­hun­derts aus­ge­spro­chen wur­de und daß die­ses Wort kein eng­li­sches Wort ist, son­dern ein latei­ni­sches Wort und daher einer ganz ande­ren Welt­spra­che ange­hört, die sich neid­los und ohne Sor­ge einer kul­tu­rel­len Kolo­ni­sa­ti­on in jede Spra­che pro­blem­los über­tra­gen läßt: das Wort „ren­un­tia­re“, ver­zich­ten, das Papst Bene­dikt XVI. am 11. Febru­ar 2013 in sei­ner Rede vor den in Rom ver­sam­mel­ten Kar­di­nä­len aus­sprach und damit sei­nen Amts­ver­zicht bekannt­gab. Eine Anspra­che, die der katho­li­schen Welt die Rede ver­schlug, mit dem einen ent­schei­den­den Wort, das von einer Trag­wei­te ist, daß sich kein ande­res Wort mit ihm im abge­lau­fe­nen Jahr mes­sen kann. Die Ent­schei­dung von Papst Bene­dikt XVI. ist von sol­cher Ambi­va­lenz, daß „ren­un­tia­re“ wegen sei­ner histo­ri­schen Bedeu­tung nicht nur das Wort, son­dern eben­so­gut das „Unwort des Jah­res“ sein könnte.

Es ist aber wohl auch bezeich­nend für unse­re Zeit, daß die­ses ent­schei­den­de Wort von so welt­hi­sto­ri­scher Bedeu­tung von den „Wort­wäh­lern“ nicht berück­sich­tigt wurde.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Una Fides

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13 Kommentare

  1. Die­ses Wort aus­zu­spre­chen war ein Feh­ler des Pap­stes. Bene­dikt hat dies nach sei­nen eige­nen Wor­ten zum Wohl der Kir­che getan, wäre aber zum Wohl der Kir­che bes­ser im Amt geblie­ben. Beten wir dafür, dass er im Not­fall die Kraft hat, das hei­li­ge Amt des Nach­fol­gers Petri ein zwei­tes Mal anzu­neh­men und die Kir­che vor dem immer schnel­ler wer­de­nen Fall in den Abgrund rettet.
    Per Mari­am ad Christum

    • Das wird wohl nicht der Fall sein. Berg­o­glio tritt nicht frei­wil­lig ab. Er ist von sei­ner Art der Kir­chen­re­form der­art über­zeugt, er hat sich selbst der­art posi­tio­niert, dass er auf das Maß der Kir­che und des Glau­bens nicht zurück­fin­den kann.

  2. Wenn wir von Unwör­tern reden wol­len, dann gibt es nur eines, und das seit Jahr­zehn­ten: Umkehr!

    Mit ren­un­tia­re ist ein histo­risch ein­ma­li­ger Fall ein­ge­tre­ten: Wir haben zwei Päp­ste, einen regie­ren­den und einen beten­den. Bes­ser kön­nen wir es gar nicht haben!

    Es besteht null Risi­ko, weil SH Bene­dikt sich wie ein Gefan­ge­ner des Vati­kan verhält.

  3. In der Tat wer­den wir von vie­ler­lei Schrott regel­recht zuge­müllt. Die Ver­bal­mes­sis sind mitt­ler­wei­le hau­fen­wei­se zu fin­den. Wir müs­sen gleich sor­tie­ren, abwä­gen und gar nicht erst zulassen.
    Ich bedaue­re es sehr, dass Bene­dikt XVI nicht mehr im Amt ist. Die ande­re Sei­te die­ser Aus­sa­ge kann man sich dazu den­ken. 2014 gibt es viel zu tun, packen wir es an. Hier­bei viel Erfolg und auch sonst alles Gute !

  4. „Das Leben ist einem Dau­er­bom­bar­de­ment der Beein­flus­sung ausgesetzt.“
    Das ist wohl wahr. Ich behaup­te, dass in fast jedem Film im Kino oder Pro­gram­men im Fern­se­hen eine ver­steck­te Bot­schaft gegen Chri­stus abge­drückt wird. Unser Unter­be­wußt­sein ist das Ziel. Die mei­sten mer­ken es gar nicht, wie sie mani­pu­liert wer­den. Der nor­ma­le laue Katho­lik wird heu­te bei der Benen­nung der katho­li­schen Kir­che sofort nega­tiv emp­fin­den. Er erkennt Glanz und Glo­ria der letz­ten 2000 Jah­re nicht mehr. Er reagiert trai­niert auf die­se Din­ge, die ihm stän­dig um die Ohren gehau­en wer­den. „Kreuz­fah­rer, Hexen­ver­bren­nung, Inqui­si­ti­on, Gali­leo Gali­lei, die Erde ist eine Schei­be“ usw. Er macht sich gar nicht mehr die Mühe, die­se Din­ge zu hin­ter­fra­gen, ob das alles so stimmt. Er hängt sich zu Weih­nach­ten fünf­zacki­ge Weih­nachts­ster­ne (Pen­ta­gramm), und die viel­leicht auch noch ver­kehrt her­um ans Fen­ster, obwohl der Stern von Bet­le­hem und der Mut­ter Got­tes acht Ecken haben sollte.
    Per Mari­am ad Christum.

  5. Ich bemer­ke an mir, wie ich begin­ne, Bene­dikt zu zür­nen – Gott sei’s geklagt. Wie lan­ge wird Bene­dikt zu den Häre­si­en und Blas­phe­mi­en noch schwei­gen? Wenn er es noch län­ger tut, muss ich anneh­men, dass er kei­nen Deut bes­ser ist als sein Nach­fol­ger. Kann es denn wahr sein, dass da „abso­lu­te Kon­ti­nui­tät“ (Kuri­en­erz­bi­schof Gäns­wein im jüng­sten Inter­view) ist???

    • Mir geht es ähn­lich. Bene­dikt läßt sich mit sei­nem gan­zen Haus­halt zum Weih­nachts­es­sen bei P.Franz ein­la­den. Damit bestä­tigt er Papst Franz und des­sen Theo­lo­gie, die an vie­len Stel­len nicht in Ord­nung ist. Man den­ke nur an die Wor­te, die er der Got­tes­mut­ter in den Mund legt, es ist ein Skan­dal. Fällt das den Prä­la­ten in Rom nicht auf?
      Wenn Bene­dikt zu allem schweigt, macht er damit letzt­lich sein eige­nes Pon­ti­fi­kat kaputt.

      • Ich fürch­te, es ist genau das, was wir nicht von Bene­dikt erwar­ten dür­fen: daß er auf­steht und mit der Faust auf den Tisch haut. Daß er laut­stark und wort­ge­wal­tig dage­gen­hält. Das ist sei­ne per­sön­li­che Schwä­che. Er ist ein gro­ßer Theo­lo­ge, aber schwach in der Durch­set­zung. Bis heu­te war­ten wir auf die kor­rek­te Pro mul­tis Über­set­zung. Von der Per­sön­lich­keit her ist er das Gegen­teil von sei­nem Nach­fol­ger. Zurück­hal­tend, scheu bis ängst­lich. Wir hät­ten mehr für ihn beten sollen.

  6. Tat­säch­lich war die­ses Wort „ren­un­tia­re“ das Wort, wel­ches die größ­te Kata­stro­phe seit dem Abend­län­di­schen Schis­ma über die Kir­che gebracht hat. Die­ser Rück­tritt hat uns einen Papst beschert, der die Kir­che syste­ma­tisch zer­stört. Hin­ter sei­ner offen zur Schau gestell­ten „Lie­bens­wür­dig­keit“ ver­birgt sich eine häß­li­che Frat­ze. Man darf ihn nicht auf dem Leim gehen. Doch die Welt will betro­gen sein. War­um hat Gott dies zuge­las­sen??? Daß ist die Fra­ge die mich seit dem 13.3.2013 quält.

    • Die Ant­wort ist die glei­che wie für Isra­el im Alten Testa­ment: Wegen unse­rer und unse­rer Väter Sün­den hat Gott das zuge­las­sen, und um uns zu prü­fen, und um die Spreu vom Wei­zen zu trennen.

      • Dies ist eine Erklä­rung die mir auch in den Sinn kam. Es kann aber auch sein, daß die Kir­che wirk­lich erst der­ma­ßen am Boden sein muß, daß eine Rück­kehr zur Tra­di­ti­on der ein­zi­ge Aus­weg bleibt, den dann auch die fana­tisch­sten Pro­gres­si­sten zäh­ne­knir­schend akzep­tie­ren müs­sen, um nicht
        sel­ber unter­zu­ge­hen. Gott geht oft bis zur äußer­sten Gren­ze bevor er eingreift.
        Got­tes Müh­len .… sie mah­len eben langsam.

        • Ich wür­de mir auch eine Rück­kehr zur Tra­di­ti­on wün­schen. Doch zur Tra­di­ti­on gehört die kath. Moral­theo­lo­gie dazu, und die­se ist in den ver­gan­ge­nen 50 Jah­re völ­lig zusam­men­ge­bro­chen. Laut Sta­ti­stik pfei­fen 9 von 10 jun­gen Katho­li­ken auf die kath. Moral­leh­re. Kein Bischof erklärt den Leu­ten den Sinn der Moral­leh­re. So als ob es nicht dar­auf ankommt.
          Inso­fern – wer soll dann noch zur Tra­di­ti­on zurück­keh­ren? Was wol­len sie dann? Den schö­nen äuße­ren Rah­men ohne die eige­ne Bemü­hung? Das See­len­heil zum Null­ta­rif? Einen Teil wäh­len und den ande­ren Teil ableh­nen. Das ist nicht mög­lich. Der gan­ze Glau­be muß ange­nom­men wer­den, sonst kommt nichts dabei heraus.
          Alte Mes­se ohne die „alte“ Theo­lo­gie wird zu einem lee­ren Event, da kann man gleich in den novus ordo gehen oder daheimbleiben.

          • Dem kann ich unein­ge­schränkt zustim­men. Die Rah­men­be­din­gun­gen sind nicht gege­ben. Die Rück­kehr zur Tra­di­ti­on kann nur von ganz oben kom­men, vom Papst selbst. Bene­dikt war nicht kraft­voll genug, und was
            das Kon­zil betrifft, in einer zu ambi­va­len­ten Hal­tung. Da muß schon ein Wun­der gesche­hen. Ver­trau­en wir Gott.

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