Sieben Kirchen niedergebrannt – Der Wahabismus faßt in Tatarstan Fuß


Russisch-orthdoxe Kirche in Tatarstan niedergebrannt(Mos­kau) Brand­an­schlä­ge gegen Kir­che, ver­hin­der­te Atten­ta­te, nicht explo­dier­te Spreng­sät­ze, Druck auf Chri­sten, sich zum Islam zu bekeh­ren: Das Kli­ma in der Repu­blik Tatar­stan ver­än­dert sich nach­hal­tig. Die auto­no­me Repu­blik Tatar­stan, fast so groß wie Bay­ern und mit 3,8 Mil­lio­nen Ein­woh­nern, ist Teil der Rus­si­schen Föde­ra­ti­on. Die Repu­blik mit der Haupt­stadt Kasan liegt noch in Euro­pa, knapp west­lich des Ural­ge­biets am Zusam­men­fluß von Kama und Wolga. 

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Die Tata­ren, ein Turk­volk, stel­len mit 53 Pro­zent die Bevöl­ke­rungs­mehr­heit. Das Gebiet ist seit dem 10. Jahr­hun­dert mehr­heit­lich mos­le­misch. Zum Islam beken­nen sich die mei­sten Tata­ren. Mis­sio­nie­rungs­ver­su­che durch die Rus­sisch-ortho­do­xe Kir­che blie­ben so gut wie erfolg­los. Kei­ne zwei Pro­zent der Tata­ren, die Kria­schen (Getauf­te), beken­nen sich zum Chri­sten­tum. Chri­sten sind die Rus­sen (etwa 40 Pro­zent der Bevöl­ke­rung) und die Ange­hö­ri­gen klei­ne­re Völ­ker­schaf­ten wie die Tschu­wa­schen und Mord­wi­nen. Der Athe­is­mus ist noch aus der Sowjet­zeit weit verbreitet.

Seit eini­gen Jah­ren brei­tet sich auch in Tatar­stan der Isla­mis­mus aus, radi­ka­le Rich­tun­gen des Islams, die vor allem von Sau­di-Ara­bi­en geför­dert wer­den. Mit die­ser neu­en isla­mi­schen Radi­ka­li­tät neh­men Gewalt­ta­ten zu. Rus­tam Min­nich­anow, seit 2010 Prä­si­dent der Repu­blik Tatar­stan zeigt sich besorgt und kün­dig­te an, per­sön­lich die Unter­su­chun­gen über die Zunah­me isla­mi­sti­scher Umtrie­be zu leiten.

Behörden sehen antichristliche Gewalt als „terroristische Handlungen“

In ver­schie­de­nen Gegen­den Tatarstans wur­den Kir­chen nie­der­ge­brannt. Die Fäl­le von anti­christ­li­chem Van­da­lis­mus, Brand­stif­tung, Ver­let­zung der Reli­gi­ons- und Gewis­sens­frei­heit häu­fen sich. Sie haben ein Aus­maß ange­nom­men, daß die Ermitt­lungs­be­hör­den dar­auf behar­ren, sie als „ter­ro­ri­sti­sche Hand­lun­gen“ einzustufen.

2013 wur­den sie­ben rus­sisch-ortho­do­xe Kir­chen nie­der­ge­brannt. 2012 gab es kei­nen ein­zi­gen sol­chen Vor­fall. Die bei­den jüng­sten Kir­chen­schän­dun­gen fan­den am 28. und 29. Novem­ber statt, wie die rus­si­sche Nach­rich­ten­agen­tur Regnum berich­tet. Die Staats­an­walt­schaft führt die Ermitt­lun­gen offi­zi­ell gegen “nicht iden­ti­fi­zier­te Terroristen“.

Die Spur führt zu wahabistischen Gruppen

Laut der Tages­zei­tung Kom­so­mol­ska­ja Praw­da ver­fol­gen die Behör­den eine kon­kre­te Spur. Sie führt zu waha­bi­ti­schen Grup­pen. Offi­zi­ell bestä­tigt wur­de es wegen poli­ti­scher Impli­ka­tio­nen noch nicht. Daß die Atten­tä­ter Mos­lems sind, die dem Waha­bis­mus nahe­ste­hen, wird auch vom ört­li­chen ortho­do­xen Kle­rus bestä­tigt. Pater Dmit­ri Sizow, Pfar­rer in Pest­rech­in­sky sag­te in einem Inter­view zu Inter­fax, daß „hier alle wis­sen, daß die Waha­bi­ten dahin­ter­stecken“. Laut Pater Sizow sind in den christ­li­chen Gegen­den Tatar­stan isla­mi­sche Fun­da­men­ta­li­sten unter­wegs, die Druck auf Chri­sten aus­üben, damit sie zum Islam kon­ver­tie­ren. „Brand­stif­tung und Dro­hun­gen sind Druck­mit­tel dabei.“ Das The­ma wer­de kaum öffent­lich behan­delt, auch der ortho­do­xe Kle­rus schwei­ge weit­ge­hend, „weil er Angst hat, von den Behör­den der Auf­sta­che­lung zum Reli­gi­ons­haß bezich­tigt zu wer­den“, so Pater Sizow. „Die Lage ist aber sehr ernst und soll­te nicht län­ger ver­schwie­gen wer­den, nur weil man man­che Leu­te nicht ‚pro­vo­zie­ren‘ will“, so der ortho­do­xe Priester.

Staats­prä­si­dent Min­nich­anow, selbst Tatar, setz­te eine Mil­lio­nen Rubel für zweck­dien­li­che Hin­wei­se zur Aus­for­schung und Ergrei­fung der Täter aus. Grund war die Auf­fin­dung von zwei Spreng­sät­zen in Nisch­ne­kamsk und Ale­xe­jew­s­ko­je Ende Novem­ber, die noch recht­zei­tig ent­schärft wer­den konnten.

„Die werden Hetze und Gewalt fortsetzen, wenn wir sie nicht stoppen“

Der rus­sisch-ortho­do­xe Metro­po­lit von Kasan, Ana­sta­si­us und der Groß­muf­ti von Tatar­stan Kamil Sami­gul­lin gaben eine gemein­sa­me Erklä­rung ab, in der sie sich an die jewei­li­ge Reli­gi­ons­ge­mein­schaft wand­ten und vor „Pro­vo­ka­tio­nen“ warn­ten. Es gebe Bestre­bun­gen, so die bei­den Reli­gi­ons­füh­rer, den „seit Jahr­hun­der­ten herr­schen­den Frie­den zwi­schen den Reli­gio­nen an der Wol­ga zu zer­stö­ren“. Die „Zer­stö­rung von Kult­stät­te ist ein direk­ter Angriff und eine Belei­di­gung der Gläu­bi­gen und ver­lan­gen nach einer ein­hel­li­gen öffent­li­chen Ver­ur­tei­lung“, heißt es in der Erklärung.

Die Behör­den schei­nen sich wenig Hoff­nun­gen zu machen. „Die isla­mi­sti­schen Kräf­te, die hier am Werk sind, erken­nen die offi­zi­el­le mos­le­misch Reli­gi­ons­füh­rung Tatarstans nicht an. In ihnen sehen sie Ver­rä­ter. Des­halb wer­den sie ihre Het­ze und ihre Gewalt fort­set­zen, wenn wir sie nicht stop­pen“, zitier­te die Kom­so­mol­ska­ja Praw­da einen Beam­ten, der nicht genannt wer­den wollte.

Text: Asianews/​Giuseppe Nardi
Bild: Asianews

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