(Brüssel) Morgen unternimmt die Abtreibungslobby einen neuen Versuch, die Tötung ungeborener Kinder in der EU als „Recht“ zu etablieren. „Um die Verteidigung des Lebens der Ungeborenen, die die Kirche unternimmt, leichthin ins Lächerliche zu ziehen, stellt man ihre Position häufig als etwas Ideologisches, Rückschrittliches, Konservatives dar“, sagt Papst Franziskus im Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium. Genau das geschieht in diesen Stunden im Europäischen Parlament rund um den sogenannten Estrela-Bericht, über den morgen, 10. Dezember im Plenum abgestimmt wird.
„Und doch ist diese Verteidigung des ungeborenen Lebens eng mit der Verteidigung jedes beliebigen Menschenrechtes verbunden“, heißt es in Evangelii Gaudium weiter. Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, ist es nach Jahrzehnten des legalen Kindermordes nicht mehr. Der nach der sozialistischen portugiesischen Abgeordneten Edite Estrela benannte Bericht will zum Menschenrecht erheben, was das genaue Gegenteil ist: die Tötung ungeborener Kinder. Mit Blick auf die morgige Abstimmung kontaktieren viele Bürger guten Willens, nicht nur Christen, ihre Europaabgeordneten und fordern sie auf, gegen den Estrela-Bericht zu stimmen. Ein Recht der Bürger, von dem ausgiebig Gebrauch gemacht werden sollte. Im Internet besteht dazu auch die Möglichkeit eine entsprechende Online-Petition von Citizen go zu unterstützen. Die Petition liegt leider nicht in deutschen Fassung vor, jedoch in mehreren anderen Sprachen.
Kampf Davids gegen Goliath – Bürgerwille gegen Abtreibungslobby von IPPF, über AI bis zu Freimaurern
Politiker sind es gewohnt, zahlreiche E‑Mails und Zuschriften zu erhalten. Das sollte niemanden abhalten, dennoch auch im Anliegen des Lebensrechts zu schreiben. Es scheint ein Kampf Davids gegen Goliath. Auf der einen Seite die Bürger, die von ihrem demokratischen Mitspracherecht Gebrauch machen, auf der anderen Seite mächtige Lobbys, die den Estrela-Bericht unterstützen, und die weitgehend die politische Großwetterlage in Brüssel bestimmen. Die Lebensrechtsbewegung hat nicht Hunderte Lobbyisten, die im Monat mehr verdienen als die Europaabgeordneten und diese dazu drängen, bestimmte Entscheidungen zu treffen. Die Lebensrechtsbewegung verfügt nicht einmal über einen einzigen solchen Lobbyisten in Brüssel und dennoch kann sie ihre Stimme geltend machen, wenn die Bürger ihr Recht auf Meinungsfreiheit nützen. Denn gewählt werden müssen die Abgeordneten noch immer von den Bürgern und jeder Abgeordnete weiß, daß der nächste Wahltermin ganz sicher kommt und auf europäischer Ebene sogar sehr bald, nämlich im Mai 2014.
Die Lobbys drängen auf eine möglichst rasche Verabschiedung. Wer sich ihnen in den Weg stellt, wird als „Extremist“, meist als „religiöser Extremist“ beschimpft. Auf der einen Seite stehen Väter und Mütter, junge und ältere Menschen, allesamt Europäer, die sich um die Kinder und deren Erziehung scharen und das Leben der Ungeborenen verteidigen. Auf der anderen Seite sind die Vertreter der großen Wirtschaftsinteressen, die mit der Abtreibungs- und Verhütungsindustrie verbunden sind und vor allem auch mit der Bevölkerungskontrolle. Davon lebt ein internationales Netzwerk an steuergeldfinanzierten Büros, Organisationen und Initiaven. In Brüssel macht die direkte Abtreibungslobby Druck, so etwa Tötungsdienstleister wie International Planned Parenthood Federation (IPPF) mit Ablegern in fast allen Ländern, ebenso internationale Verbände, die dem vorherrschenden Zeitgeist huldigen wie Amnesty International (auch Abortion International genannt) und nicht zuletzt auch die Europäische Humanistische Föderation (EHF), deren Ableger im deutschen Sprachraum auch gut bekannt sind und die der politische Arm der Freimaurerei in Brüssel ist. Und alle werden großzügig von der Europäischen Union mit öffentlichen Geldern gesponsert.
Das Netzwerk: Edite Estrela und EHF verschicken faktisch gleichlautende Mails
Das Lobby-Netzwerk der Abtreibungsbefürworter funktioniert gut. So fällt auf, wie verblüffend ähnlich die Mail-Nachricht von Pierre Galand, dem EHF-Vorsitzenden an alle Europaabgeordneten und die Mail-Nachricht von Edite Estrela an ihre Parlamentskollegen lauten, mit denen die Abgeordneten jeweils angehalten werden, für den Bericht zu stimmen. So ähnlich, als wären sie von derselben Person geschrieben. Wessen Interessen die Abgeordnete Estrela mit so viel Einsatz vertritt, ist ohnehin klar. Die IPPF beanspruchte die Autorenschaft für den Bericht, bereits bevor er offiziell vom Europaparlament auf dessen Internetseite veröffentlicht worden war.
Am 22. Oktober fand bereits ein Versuch statt, den Estrela-Bericht im Plenum des Parlaments zur Abstimmung zu bringen. Damals verweigerte die Mehrheit jedoch das Vorgehen und verwies den Bericht an den zuständigen Ausschluss zurück. Wenn am 10. Dezember der Text schon wieder ins Plenum kommt, dann zeigt allein schon die Eile die großen Interessen, die im Spiel sind. Es wurde ein wenig Kosmetik betrieben und noch etwas mehr verschleiert, doch das ideologische Fundament bleibt dasselbe. Weiterhin will der Bericht, daß in den EU-Mitgliedsstaaten die Abtreibung als „Recht“ durchgesetzt wird und will den Druck auf jene Staaten verstärken, in denen das Leben auch der Ungeborenen noch geschützt ist.
Sozialistische Fraktion entschlossen: Ideologie über alles
In Brüssel ist die Spannung zu spüren. Estrela gehört derselben sozialistischen Fraktion im Europaparlament an, wie Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD). Die Fraktion scheint fest entschlossen, den Bericht durchzudrücken. Nachdem die Rechtsabteilung des Parlaments Bedenken zum Bericht äußerte, könnte der Parlamentspräsident aus verfahrensrechtlichen Gründen eingreifen und die Abstimmung zurückstellen. Danach sieht es nicht aus. Das „Anliegen“ ist der Lobby so wichtig, daß man sich aus ideologischen Gründen auch über solche Bedenken hinwegsetzen will. Wegen der rechtlichen Bedenken hätte sich die entsprechende Kommission damit zu befassen. Eine erneute Rückverweisung ist daher nicht ausgeschlossen und hängt von den anderen Fraktionen ab und deren Willen, sich zu widersetzen. Die Fraktion der Europäischen Volkspartei legt eigene Resolutionen vor trotz der Widerstände ihrer französischen Abgeordneten, wo Geist und Einfluß beschürzter und unbeschürzter Brüder auf die Politik besonders stark ist. Es gibt auch Bemühungen, den Estrela-Bericht wegen der vielen offenen Fragen überhaupt von der Tagesordnung des morgigen Tages zu streichen. Ob dies gelingt, wird sich erst am späteren Nachmittag zeigen.
Bürger schreiben ihren Abgeordneten, um Gegengewicht zu schaffen
Der Erfolg des Estrela-Berichts ist daher keineswegs sicher. Umso mehr Grund für die Bürger, sich zu Wort zu melden und dem eigenen Abgeordneten, der eigenen Partei oder den Fraktionen in Brüssel zu schreiben. Der Hinweis, daß es sich bei dem Bericht nicht um ein rechtlich verbindliches Dokument handelt, sollte nicht abhalten, sondern anspornen. Die Annahme käme einer eindeutigen Absichtserklärung gleich. Der nächste Schritt wäre dann darauf aufbauend die rechtliche Verbindlichkeit. Da sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Brüssel scheint vielen Bürger weit weg und unnahbar. Doch die Entscheidungen die dort getroffen werden, sind schon längst ganz nahe und betreffen mit konkreten Auswirkungen. Die gefühlte Ferne entspricht nicht den konkreten politischen Auswirkungen. Der Einsatz der Abtreibungslobby für die Annahme des Estrela-Berichts erklärt sich nur, weil sie sich großen Gewinn davon verspricht. Möglichst viele Bürger, die ihre Stimme erheben und die Abgeordneten anschreiben, können ein wichtiges Gegengewicht schaffen. Die E‑Mail-Adressen der Abgeordneten und der Fraktionen finden sich leicht im Internet.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons