Medjugorje, Pater Livio Fanzaga und die Gehorsamsfrage


Pater Livio Fanzaga und Medjugorje(Mai­land) Ein Schrei­ben des Apo­sto­li­schen Nun­ti­us für die USA mit eini­gen Klar­stel­lun­gen an die ame­ri­ka­ni­schen Bischö­fe hat das Phä­no­men Med­jug­or­je in den Fokus des Inter­es­ses gerückt. Das Schrei­ben erfolg­te auf Wei­sung des Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on Ger­hard Lud­wig Mül­ler und ent­hält Anwei­sun­gen zu Med­jug­or­je, deren bin­den­de Ein­hal­tung ein­ge­mahnt wird. In Med­jug­or­je soll einer Grup­pe von Sehern seit 1981 die Got­tes­mut­ter, „Gos­pa“ genannt, erschei­nen. Die Katho­li­sche Kir­che erkennt die Über­na­tür­lich­keit der behaup­te­ten Erschei­nun­gen nicht an. Pater Livio Fanz­a­ga, der Pro­gramm­di­rek­tor von Radio Maria Ita­li­en behaup­tet den­noch deren Echtheit. 

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Die Erin­ne­rung von Kuri­en­erz­bi­schof Mül­ler dar­an, daß die Kir­che bereits zu Med­jug­or­je Ent­schei­dun­gen getrof­fen hat und die­se nega­tiv aus­ge­fal­len sind, macht ihn unter eini­gen Med­jug­or­je-Anhän­gern zum Buh­mann. Gegen den Glau­bens­prä­fek­ten wer­den im Inter­net har­te und teils abschät­zi­ge Wor­te ver­brei­tet. Vor allem wird von man­chen die kirch­li­che Auto­ri­tät in Sachen Med­jug­or­je nicht aner­kannt. An der Sache ändert dies aller­dings nichts. Eini­ge Katho­li­ken schei­nen sich im Umgang mit soge­nann­ten Erschei­nungs­phä­no­me­nen etwas schwer zu tun. Dabei lie­gen die Din­ge für Katho­li­ken eigent­lich recht einfach.

Laut kirch­li­cher Leh­re ist die Offen­ba­rung mit der Hei­li­gen Schrift abge­schlos­sen, wes­halb es in der Geschich­te kei­ne neu­en Offen­ba­run­gen oder Ergän­zun­gen zu der­sel­ben geben wird. Katho­li­ken müs­sen daher selbst an kirch­lich aner­kann­te Erschei­nun­gen wie La Salet­te, Lour­des und Fati­ma nicht glau­ben. Die Kir­che betrach­tet Erschei­nungs­glau­ben dann als pro­ble­ma­tisch, wenn behaup­tet wird, man müs­se an ein bestimm­tes Erschei­nungs­phä­no­men glau­ben und nicht dar­an glau­ben­de Katho­li­ken als „Ungläu­bi­ge“ kri­ti­siert oder sogar ange­grif­fen wer­den und die kirch­li­che Auto­ri­tät und ihre Ent­schei­dun­gen miß­ach­tet wer­den. Soll­te dies gesche­hen, schrei­tet die Kir­che bei Not­wen­dig­keit gegen Fehl­ent­wick­lun­gen ein. Eine sol­che Not­wen­dig­keit sah offen­sicht­lich Kuri­en­erz­bi­schof Mül­ler im Zusam­men­hang mit Med­jug­or­je, wo in bestimm­ten Krei­sen behaup­tet wird, die Kir­che habe noch nicht dazu Stel­lung genommen.

Kirche erkennt Übernatürlichkeit der „Erscheinungen“ nicht an

Die Ableh­nung erfolg­te durch die zustän­di­ge kirch­li­che Auto­ri­tät: 1985 wur­de die Über­na­tür­lich­keit des Phä­no­mens vom zustän­di­gen Orts­bi­schof Pavao Zanic und dann 1991 von der dama­li­gen Bischofs­kon­fe­renz der ehe­ma­li­gen Repu­blik Jugo­sla­wi­en abge­lehnt. Kuri­en­erz­bi­schof Mül­ler rief nur in Erin­ne­rung, daß die letzt­ge­nann­te Ent­schei­dung wei­ter­hin Gül­tig­keit besitzt. Wegen des anhal­ten­den Pil­ger­stroms und der anhal­ten­den „Erschei­nun­gen“ setz­te Papst Bene­dikt XVI. 2010 eine Unter­su­chungs­kom­mis­si­on unter dem Vor­sitz von Camil­lo Kar­di­nal Rui­ni ein. Der Kir­che geht es dabei in erster Linie um die seel­sorg­li­che Betreu­ung der Gläu­bi­gen und dar­um, die Gläu­bi­gen dar­auf auf­merk­sam zu machen, daß die Fra­ge der Echt­heit einer Mari­en­er­schei­nung nicht für den Glau­ben rele­vant sei. Eine defi­ni­ti­ve Ent­schei­dung über die Echt­heit einer Erschei­nung trifft die Kir­che nach derem Abschluß. Bei Med­jug­or­je ist dies wegen der fort­dau­ern­den „Erschei­nun­gen“ nicht mög­lich und zugleich einer der Haupt­grün­de für Irri­ta­tio­nen. Die Zahl der „Erschei­nun­gen“ geht in die Zehn­tau­sen­de, ohne daß die­se enor­me und histo­risch ein­ma­lig hohe Zahl in einem Ver­hält­nis zur Sub­stanz stün­de, wie Theo­lo­gen kri­ti­sie­ren. Eine wei­te­re Ent­schei­dung nach Abschluß der „Erschei­nun­gen“ wird es daher wahr­schein­lich nur geben, soll­te sie anders aus­fal­len als die Ableh­nung von 1991. Andern­falls und solan­ge es kei­ne anders­lau­ten­de Ent­schei­dung gibt, bleibt jene von 1991 gültig.

Pater Livio Fanzaga entließ zwei langjährige Mitarbeiter wegen Kritik an Papst Franziskus

Pater Livio Fanz­a­ga, der Pro­gramm­di­rek­tor von Radio Maria Ita­li­en gilt als einer der besten Ken­ner des Phä­no­mens und als ein Haupt­ver­tre­ter der Echt­heit der „Erschei­nun­gen“. Jüngst ent­ließ er den Rechts­phi­lo­so­phen Mario Pal­ma­ro und den Jour­na­li­sten Ales­san­dro Gnoc­chi, die jeweils auf Radio Maria eine selbst­ver­ant­wor­te­te Sen­dung gestal­te­ten. Als Grund nann­te Pater Livio, daß man den Papst nicht kri­ti­sie­ren dür­fe, ohne aller­dings auf die sach­lich vor­ge­brach­te Kri­tik an Papst Fran­zis­kus einzugehen.

Ariel Levi di Gualdo mahnt Pater Fanzaga, es selbst mit dem Gehorsam nicht so genau zu nehmen

Der katho­li­sche Prie­ster Ari­el Levi di Gual­do erin­nert nun sei­ner­seits Pater Fanz­a­ga mit einem Offe­nen Brief dar­an, es mit dem Gehor­sam selbst nicht so genau zu neh­men. Wie das Schrei­ben des Apo­sto­li­schen Nun­ti­us in den USA in Erin­ne­rung ruft, so Levi di Gual­do, ist es Prie­stern unter­sagt, an Ver­an­stal­tun­gen teil­zu­neh­men, bei denen das Phä­no­men Med­jug­or­je als über­na­tür­lich ange­nom­men wird. Pater Fanz­a­ga neh­me jedoch nicht nur an sol­chen Ver­an­stal­tun­gen teil, son­dern sei ein „Haupt­pro­pa­gan­dist“ der Echt­heit von Med­jug­or­je und damit selbst gegen­über der kirch­li­chen Auto­ri­tät unge­hor­sam. Die bei­den von ihm ent­las­se­nen Pal­ma­ro und Gnoc­chi hät­ten hin­ge­gen weder eine Glau­bens­wahr­heit geleug­net noch sei­en sie gegen­über der kirch­li­chen Auto­ri­tät Unge­hor­sam gewe­sen. Levi di Gual­do ver­öf­fent­li­che zusam­men mit sei­nem Offe­nen Brief einen Video­aus­schnitt aus einem Vor­trag von Pater Fanz­a­ga über Med­jug­or­je. Dar­in behan­delt der Pro­gramm­di­rek­tor von Radio Maria das The­ma Gehor­sam und ant­wor­tet auf Vor­wür­fe gegen Pater Slav­ko Bar­ba­ric, der von der Kir­che wegen anhal­ten­den Unge­hor­sams a divi­nis sus­pen­diert wor­den war.

Der Fall Pater Slavko Barbaric

Pater Bar­ba­ric, ein kroa­ti­scher Fran­zis­ka­ner aus der Her­ze­go­wi­na (Jahr­gang 1946), wur­de 1971 in Reut­te in Tirol zum Prie­ster geweiht und 1984 vom Bischof von Mostar zum Seel­sor­ger in Med­jug­or­je ernannt, nach­dem zwei Prie­ster aus dem Fran­zis­ka­ner­or­den, die anfangs die „Erschei­nun­gen“ betreut hat­ten, wegen schwer­wie­gen­der per­sön­li­cher Ver­feh­lun­gen sus­pen­diert wer­den muß­ten. Bischof Pavao Zanic nahm Pater Bar­ba­ric anfangs gegen kom­mu­ni­sti­sche Anfein­dun­gen in Schutz. Als der Fran­zis­ka­ner die Echt­heit der „Erschei­nun­gen“ behaup­te­te und für die­se zu wer­ben begann, wur­de er vom Bischof ver­setzt, ver­wei­ger­te dem Bischof aber den Gehor­sam. Aus die­sem Grund wur­de er a divi­nis sus­pen­diert und starb in die­sem Zustand am 24. Novem­ber 2000 wäh­rend einer Kreuz­weg­an­dacht auf dem Kreuz­berg bei Med­jug­or­je. Die Ver­brei­tung von Häre­si­en wur­den Pater Bar­ba­ric nie zur Last gelegt.

Pater Fanzaga und die „Heiligsprechung“ durch Medjugorje

Pater Livio Fanz­a­ga gehört, laut eige­nen Anga­ben, seit einem Besuch im März 1985 in Med­jug­or­je, zu den lei­den­schaft­lich­sten Ver­fech­tern einer Echt­heit der „Mari­en­er­schei­nun­gen“. Damals begann er sei­ne Mit­ar­beit bei Radio Maria, einem klei­nen Pfarr­sen­der in Nord­ita­li­en. Seit 1987 ist er Pro­gramm­di­rek­tor des Sen­ders, aus dem das größ­te katho­li­sche Radio­netz­werk der Welt wurde.

Ari­el Levi di Gual­do wirft Pater Fanz­a­ga vor, in dem öffent­li­chen Vor­trag die Echt­heit der „Erschei­nung“ trotz anders­lau­ten­der kirch­li­cher Ent­schei­dun­gen in einer Kir­che vor Gläu­bi­gen als selbst­ver­ständ­lich dar­zu­stel­len; die angeb­li­chen Aus­sa­gen der „Erschei­nung“ über die kirch­li­che Auto­ri­tät zu stel­len; den für Med­jug­or­je zustän­di­gen und bereits ver­stor­be­nen Orts­bi­schof sowie Ein­wän­de gegen die Echt­heit der „Erschei­nung“ lächer­lich zu machen.

Nach­fol­gend die deut­sche Nie­der­schrift des im Video gezeig­ten Aus­schnit­tes sei­nes Vor­trags in ita­lie­ni­scher Sprache:

Wenn die Got­tes­mut­ter etwas will, dann kann sie kein Hei­li­ger abhal­ten. Ich will euch die­se Sache mit Pater Slav­ko [Bar­ba­ric OFM) erzählen.
Schaut, wenn die Got­tes­mut­ter Nein sagt, dann gibt es kei­nen Bischof, der sie abhal­ten kann, dann gibt es kei­nen Papst, der sie abhal­ten kann. Ich erin­ne­re mich, 1985, Dekret-Ent­schei­dung des Bischofs, mit dem ich vor­her gespro­chen hat­te, mit dem ich eine gro­ße Freund­schaft unter­hielt, ich bin sein Freund gewor­den, ich habe ihn besucht, ich habe mit ihm gespro­chen. Er sag­te zu mir:„Pater, die Fran­zis­ka­ner…“. Ich sag­te ihm: „Aber Exzel­lenz, die Bot­schaf­ten sind schön.“ Und er sag­te: „Sie sind biblisch, Pater, aber sie wer­den von den Fran­zis­ka­nern gemacht.“ [Pater Livio lacht, all­ge­mei­nes Geläch­ter]. Denkt, was für Blöd­sin­ne er mir sag­te. Blöd­sin­ne, die nicht Kopf und nicht Fuß haben. Aber bit­te, haben wir Geduld.
Dann hat­te Bischof Zanic [1980–1993 Bischof von Mostar] ent­schie­den, Pater Slav­ko weg­zu­schicken. 1985. Die Got­tes­mut­ter sag­te in einer Erschei­nung zu Ivan [Dra­gice­vic]: „Ich will, daß Pater Slav­ko hier bleibt“. [Zustim­mung]. 1985. Wann ist Pater Slav­ko gestor­ben? Im Jahr 2000. Es sind 15 Jah­re ver­gan­gen und nie­mand hat es geschafft, ihn weg­zu­brin­gen. [Zustim­mung]. Paßt gut auf, Din­ge, die nur weni­ge wis­sen, man muß die Din­ge aber sagen: Pater Slav­ko hat­te den Befehl erhal­ten, weg­zu­ge­hen. Er woll­te aber dort blei­ben. Er soll­te in einen abge­le­ge­nen Ort gehen. Und weil er nicht weg­ging, wur­de er a divi­nis sus­pen­diert. Jeden­falls wur­de er a divi­nis sus­pen­diert, weil er nicht wegging.
Die Got­tes­mut­ter woll­te zei­gen, daß sie gewon­nen hat­te. Und bei der 14. Kreuz­weg­sta­ti­on hat sie ihn ins Para­dies gebracht. Nicht nur das, denn sie hol­te sich eine Revan­che von jenen [eine ganz gro­ße], sodaß sie am Tag danach, am 25. [Novem­ber 2000] sag­te: „Euer Bru­der Slav­ko ist im Him­mel“. Sie per­sön­lich hat ihn hei­lig­ge­spro­chen. Sie per­sön­lich hat ihn heiliggesprochen.
Ich, der ich mit Pater Slav­ko oft gestrit­ten habe, hät­te es nicht gemacht, aber sie… [Pater Livio lacht, all­ge­mei­nes Gelächter].

Text: Giu­sep­pe Nar­di Bild: Wikicommons/​Corsia dei Servi

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