Junge Katholiken protestieren gegen „Mißbrauch“ der Kathedrale von Buenos Aires für jüdische „Gedenkliturgie“


Spannungsgeladenes Umfeld in argentinischer Kathedrale(Bue­nos Aires) Ein Erbe Jor­ge Mario Berg­o­gli­os in Bue­nos Aires. Wie bereits in den ver­gan­ge­nen Jah­ren fand am 12. Novem­ber erneut eine „Holo­caust­ge­den­k­lit­ur­gie“ in der katho­li­schen Kathe­dra­le von Bue­nos Aires statt (sie­he eige­nen Bericht B’nai B’rith „Geden­k­lit­ur­gie“ in Kathe­dra­le von Bue­nos Aires mit Kar­di­nal Berg­o­glio). Gegen den Miß­brauch einer katho­li­schen Kir­che für eine nicht-katho­li­sche Lit­ur­gie pro­te­stier­ten jun­ge Katho­li­ken mit einer schrift­li­chen Erklä­rung. Als die „jüdisch-inter­re­li­giö­se Geden­k­lit­ur­gie“ anfing, began­nen die jun­gen Katho­li­ken den Rosen­kranz zu beten. Damit muß­te die „Gedenk­ver­an­stal­tung unter­bro­chen werden.

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Seit 1994 ver­an­stal­tet die jüdi­sche Orga­ni­sa­ti­on B’nai B’rith gemein­sam mit einer Kom­mis­si­on für Öku­me­ne und Inter­re­li­giö­sen Dia­log eine Gedenk­stun­de zur Reichs­kri­stall­nacht und der Juden­ver­fol­gung durch das natio­nal­so­zia­li­sti­sche Regime in Euro­pa vor 1945. Unter Jor­ge Mario Berg­o­glio, als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires, wur­de als Ver­an­stal­tungs­ort seit 2005 immer eine katho­li­schen Kir­che der argen­ti­ni­schen Haupt­stadt gewählt und von der Erz­diö­ze­se zur Ver­fü­gung gestellt. 2008 und 2012 fand die B’nai B’rith-Ver­an­stal­tung in der Kathe­dra­le von Bue­nos Aires statt. Katho­li­ken fra­gen sich seit­her, war­um von einer jüdi­schen Loge ein jüdi­sches Geden­ken für jüdi­sche Opfer mit einer jüdisch-inter­re­li­giö­sen „Lit­ur­gie“ aus­ge­rech­net in einer katho­li­schen Kir­che abge­hal­ten wer­den müsse.

Warum findet jüdisches Gedenken an jüdische Opfer mit einem jüdischen Ritus in einer katholischen Kirche statt?

Kristallnacht 2013: Laut Plakat und Programmheft keine Gedenkveranstaltung, sondern eine jüdisch-interreligiöse "Gedenkliturgie"Die Kathe­dra­le scheint inzwi­schen zum stän­di­gen Ver­an­stal­tungs­ort zu wer­den. Der neue von Papst Fran­zis­kus nach sei­ner Wahl ernann­te Erz­bi­schof Poli setz­te die Linie Berg­o­gli­os fort. In der Kathe­dra­le wur­de auch in die­sem Jahr eine „inter­re­li­giö­se Lit­ur­gie“ gefei­ert, die von Rab­bi Leon Kle­nicki und dem katho­li­schen Theo­lo­ge Euge­ne Fischer aus­ge­ar­bei­tet wur­de „mit Zeu­gen, Gesän­gen und Hin­wei­sen auf die Nacht des 9. Novem­ber 1938 in Deutsch­land und Öster­reich, die als Beginn des jüdi­schen Holo­caust des 20. Jahr­hun­derts oder der Sho­ah gilt.“

An der „Geden­k­lit­ur­gie“ nah­men in die­sem Jahr erneut Ver­tre­ter ver­schie­de­ner Reli­gio­nen und Kon­fes­sio­nen teil, dar­un­ter Rab­bi Abra­ham Skorka, Papst­freund und Rek­tor des Rab­bi­nen­se­mi­nars für Latein­ame­ri­ka; Pastor Cal­vo von der Ver­ei­nig­ten Luthe­ri­schen Kir­che; Pasto­rin Igle­sia von der bap­ti­sti­schen Kir­che der Jün­ger Cri­sti; Pastor Lopez von einer Igle­sia Dina­mar­que­sa; Pasto­rin Pons von den Metho­di­sten, der jüdi­sche Rab­bi Shalom und Erz­bi­schof Mario Aure­lio Poli von Bue­nos Aires teil. Sie alle nah­men im Altar­raum Platz. Gemäß Ritu­al wur­de für jeden ein Leuch­ter mit Ker­ze auf­ge­stellt, die im Lau­fe der Ver­an­stal­tung ent­zün­det wer­den sollte.

Desinformation durch die Medien

Über den Pro­test jun­ger Katho­li­ken gegen die Ver­an­stal­tung schrieb die argen­ti­ni­sche Pres­se von „Rech­ten“, „jun­gen katho­li­schen Fun­da­men­ta­li­sten“, „fana­ti­schen ultra­kon­ser­va­ti­ven Katho­li­ken“ und „Exal­tier­ten“. Die Tages­zei­tung La Naci­on behaup­te­te zudem, es hand­le sich um eine Pro­test­ak­ti­on der Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. Die Eti­ket­ten wur­den schnell ver­teilt. Ist aber Eine jüdi­sche Ver­an­stal­tung in einer katho­li­schen Kir­che per se gut, und katho­li­sche Kri­tik dar­an per se schlecht? So ein­fach lie­gen die Din­ge eben nicht.

Gegen die umstrit­te­ne Ver­an­stal­tung mit zwei­fel­haf­tem, syn­kre­ti­sti­schen Ritua­len pro­te­stier­te nicht die Pius­bru­der­schaft, son­dern eine Grup­pe jun­ger Katho­li­ken. Dazu  auf­ge­ru­fen hat­te die katho­li­sche Inter­net­sei­te Pagi­na Cato­li­ca. Die Katho­li­ken ver­teil­ten Flug­blät­ter, mit denen sie die „Ver­fol­gung der Juden durch die Nazis“ aus­drück­lich ver­ur­teil­ten. Gleich­zei­tig pro­te­stier­ten sie jedoch gegen die miß­bräuch­li­che Nut­zung einer katho­li­schen Kathe­dra­le für eine nicht-katho­li­sche Lit­ur­gie. Zur Abhal­tung einer Gedenk­ver­an­stal­tung zur Kri­stall­nacht gebe es aus­rei­chend Säle und Hal­len, so die Kri­ti­ker. Als die jüdisch-inter­re­li­giö­se „Geden­k­lit­ur­gie“ in der Kathe­dra­le anfing, began­nen die jun­gen Katho­li­ken hör­bar den Rosen­kranz zu beten. Eini­ge der jun­gen Katho­li­ken gin­gen bis zum Altar­raum vor, wo die ver­schie­de­nen Reli­gi­ons­ver­tre­ter Platz genom­men hat­ten. Sie mach­ten im Gegen­satz zu den mei­sten nicht-katho­li­schen Anwe­sen­den vor dem Aller­hei­lig­sten eine Knie­beu­ge und über­reich­ten Erz­bi­schof Poli, dem Apo­sto­li­schen Nun­ti­us und den ande­ren Teil­neh­mern ihren Protest.

Junge Katholiken beten den Rosenkranz und überreichen Erklärung gegen Profanierung der Kathedrale

Die jun­gen Katho­li­ken mach­ten dar­auf auf­merk­sam, daß laut kirch­li­cher Leh­re in einer katho­li­schen Kir­che aus­schließ­lich die katho­li­sche Lit­ur­gie zele­briert wer­den darf. Sie baten dar­um, die Pro­fa­nie­rung der Kathe­dra­le zu ver­mei­den und teil­ten mit, zur höhe­ren Ehre Got­tes den Rosen­kranz zu beten.

Parlamentsabgeordneter Amadeo, Mitglied der Gemeinschaft Sant'Egidio beschimpft betende Katholiken als "miserbale Nazis"Erz­bi­schof Poli ließ die jun­gen Katho­li­ken als „Stö­ren­frie­de“ auf­for­dern, die Kathe­dra­le zu ver­las­sen, was von den Geden­k­lit­ur­gie­teil­neh­mern mit Applaus bedacht wur­de. Die jun­gen Katho­li­ken bete­ten jedoch wei­ter. Die „Geden­k­lit­ur­gie“ konn­te nicht fort­ge­setzt wer­den. Eine hal­be Stun­de herrsch­te gro­ße Unru­he unter den Anwe­sen­den. „Die Kathe­dra­le hör­te sich wie eine auf­ge­scheuch­te Hal­le an. Die Gedenk­ver­an­stal­tungs­teil­neh­mer benah­men sich wie in irgend­ei­nem Saal. Sie rede­ten, gesti­ku­lier­ten, gin­gen hin und her und began­nen schließ­lich auf uns Beter ein­zu­re­den. Man­che freund­lich, man­cher hart und belei­di­gend“, wie ein jun­ger Katho­lik berich­te­te. Die Unter­bre­chung der „Geden­k­lit­ur­gie“ ließ man­che Teil­neh­mer jede Con­ten­an­ce ver­lie­ren. Eini­ge nicht-katho­li­sche, aber auch katho­li­sche Gedenk­ver­an­stal­tungs­teil­neh­mer beschimpf­ten die Beter als „Ver­rück­te“, „Fun­da­men­ta­li­sten“, „Reak­tio­nä­re“ und sogar als „Nazis“.

Junge Katholiken werden als „Spinner“ und „Nazis“ beschimpft

„Geschmack­lo­sig­kei­ten, wenn man bedenkt, daß wir als Katho­li­ken in einer katho­li­schen Kir­che beten und uns dafür von Nicht-Katho­li­ken beschimp­fen las­sen müs­sen, ohne daß unser Bischof etwas dage­gen unter­nom­men hät­te“, so einer der Beter. Der Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­te Edu­ar­do Ama­deo, der der Gemein­schaft Sant’Egidio nahe­steht, beschimpf­te die jun­gen Katho­li­ken als „mise­ra­ble Nazis“. „Wie kann es nur sein, daß ein sol­cher Mann in ein so hohes Amt kommt?“, fragt Pagi­na Cato­li­ca.

Laut Pagi­na Cato­li­ca schei­nen sich die mei­sten Nicht-Katho­li­ken, ob Juden oder Nicht-Juden nicht bewußt zu sein, was eine katho­li­sche Kir­che ist und daß in ihr Chri­stus im Aller­hei­lig­sten Altar­sa­kra­ment real gegen­wär­tig ist. Das Aller­hei­lig­ste war für die Ver­an­stal­tung nicht aus der Kathe­dra­le ent­fernt wor­den. Der Groß­teil der anwe­sen­den Juden gehört dem libe­ra­len Juden­tum an, dem wahr­schein­lich das nöti­ge Ver­ständ­nis für den Sakral­raum fehlt, so Pagi­na Cato­li­ca. Um so ver­ant­wor­tungs­lo­ser sei es von der Diö­ze­san­lei­tung aus­ge­rech­net eine katho­li­sche Kir­che, im kon­kre­ten Fall sogar die Bischofs­kir­che, für eine nicht-katho­li­sche Ver­an­stal­tung zur Ver­fü­gung zu stel­len, so die Inter­net­sei­te, die zum Gebets­pro­test auf­ge­ru­fen hatte.

„Not­wen­di­ger und drin­gend gebo­te­ner als die Ver­an­stal­tung unter fal­scher Flag­ge, die in Bue­nos Aires statt­fand, wäre eine katho­li­sche Geden­k­lit­ur­gie zur ‚Kri­stall­nacht‘ der Chri­sten, die auf der gan­zen Welt wegen ihres Glau­bens ermor­det wer­den, heu­te und jetzt“, so die katho­li­sche Inter­net­sei­te Con­ci­lio e Post­con­ci­lio. Ein ent­spre­chen­der Vor­schlag stammt von der bri­ti­schen Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ten Fio­na Bruce, die sich dabei auf die Berich­te zur Chri­sten­ver­fol­gung der katho­li­schen Hilfs­or­ga­ni­sa­ti­on Kir­che in Not und den ehe­ma­li­gen Ober­rab­bi­ner von Eng­land, Jona­than Sacks stütz­te, der gesag­te hat­te: Die Chri­sten­ver­fol­gung von heu­te „ist eine mensch­li­che Tra­gö­die, die statt­fin­det, ohne daß man Notiz davon nimmt. Sie ist das reli­giö­se Äqui­va­lent zur eth­ni­schen Säuberung“.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Pagi­na Catolica

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