(Brüssel) Die behauptete Überbevölkerung lieferte in den 70er Jahren eine „moralische“ Rechtfertigung für das durch die „Pille“ veränderte Sexualverhalten. Bereits damals gab es von katholischer Seite Widerspruch. Allerdings keineswegs einhelligen. Papst Paul VI. wurde mit seiner prophetischen Enzyklika Humanae vitae von 1968 auch in der Kirche weitgehend allein gelassen. Die Bischöfe des deutschen Sprachraums legten in den Königsteiner, Mariatroster und Solothurner Erklärungen jenen Keim des Ungehorsams gegen Rom, der seither die Kirche in diesen Ländern untergräbt. Inzwischen sinkt die Geburtenrate weltweit. Dennoch drängt eine „Elite“ mit UNO-Hilfe auf die totale Bevölkerungskontrolle durch Verhütung, Abtreibung, Eugenik und Euthanasie. Dahinter steht die Ersetzung des Christentums durch den Mutter-Erde-Kult Gaia, so der belgische Philosoph und Theologe Michel Schooyans, der Papst Johannes Paul II. bei der Abfassung der Enzyklika Evangelium vitae unterstützte.
Die Enzyklika, Evangelium vitae von Papst Johannes Paul II. aus dem Jahr 1995 blieb kaum weniger ungehört als Humanae vitae. Der emeritierte Professor für Philosophie und Priester der Erzdiözese Brüssel-Mecheln, Michael Schooyans erinnerte an diese Enzyklika und ihren wegweisenden Charakter: „Heute wird die Zentralität des Menschen von verschiedenen Denkrichtungen in Frage gestellt.“
Eine Gesellschaft, „die sich für demokratisch hält, aber die Abtreibung legalisiert, befindet sich auf abschüssigem, totalitärem Gelände“, so Schooyans. Es „handelt sich nicht um Demokratie, wenn der Gesetzgeber darüber entscheiden kann, daß ein Teil der Menschen leben kann und ein anderer nicht“. Als Schooyans 1972 diese Gedanken zu Papier brachte, erregte er die Aufmerksamkeit eines polnischen Bischofs namens Karol Wojtyla. Zum Papst Johannes Paul II. geworden rief er den Wallonen, um ihn bei der Abfassung der Enzyklika Evangelium vitae zu unterstützen. In deutscher Sprache sind derzeit nur Ethik – Leben – Bevölkerung von 1998 und Der Babycrash. Information und Manipulation in demographischen Fragen unserer Zeit erhältlich. Nicht in deutscher Sprache liegen seine neuesten Bücher vor, darunter die 2013 erschienenen: Das Komplott der UNO gegen das Leben. Die Kontrolle des Leben ist der Schlüssel zur Herrschaft über die Menschen und Demographische Entwicklungen. Zwischen falschen Mythen und Wahrheit. Soeben wurde die italienische Ausgabe des letztgenannten Buches vorgestellt. Die katholische Tageszeitung Avvenire führte dazu ein Gespräch mit Michel Schooyans.
Mensch definiert Ressourcen
Der Philosoph bezeichnet es darin als fatalen Fehler „brutale Kampagnen zur Bevölkerungskontrolle“ zu betreiben, nur aus Angst, der Platz und die Ressourcen könnten nicht für alle reichen. Es sei nämlich „der Mensch mit seiner Intelligenz, der festgelegt“, was eine Ressource für die Entwicklung sei. „Nehmen wir zum Beispiel die Niederlande. Die Vermehrung schwimmender Häuser beweist die Fähigkeit des Menschen, einen Feind, in diesem Fall das Wasser, zu einem Verbündeten zu machen. Dank ihrer technologischen Fähigkeiten können die Niederländer eine Bevölkerung mit der Dichte von 400 Einwohnern je Quadratkilometer beherbergen.“
Wo herrscht Überbevölkerung?
Was die armen Völker bräuchten, sei nicht Geburtenkontrolle, sondern „Zugang zum selben Wissen der reichen Gesellschaften“, so Schooyans. Zudem sei von der vorhergesagten Überbevölkerung nichts zu sehen. Und das nicht etwa weil Kampagnen zur Geburtenkontrolle erfolgreich gewesen seien. „Die Geburtenrate, die Zahl der Kinder je Frau, nimmt weltweit ab“, so Schooyans. „Damit ein Volk sich erneuert und seinen Bestand erhält, muß jede Frau mindestens 2,1 Kinder zur Welt bringen. In Deutschland und in Rußland ist bereits der demographische Kollaps im Gange. Italien und Spanien stehen nicht viel besser da.“
Und nun konmen auch Eugenetik und Euthanasie
Laut Schooyans sei es nötig zwischen Ökologie und Ökologismus zu unterscheiden: „Heute wird die Zentralität des Menschen von verschiedenen Denkrichtungen in Frage gestellt. Die Autoren der Erd-Charta wollen die Bibel, die Zehn Gebote umschreiben und einen Mutter-Erde-Kult, den Gaia-Kult installieren. Es gibt eine Elite, die vor allem auf einen Paradigmenwechsel in der Medizin abzielt, um an die erste Stelle die Gesundheit der Erde zu stellen, dem die Gesundheit des Sozialkörpers folgt und erst dann das Individuum. Das Individuum, das gemäß dieser Idee Selektionskriterien entsprechen muß, die durch Programme der reproduktiven Gesundheit mit stark eugenischem Einschlag angewandt werden sollen. Und natürlich durch Programme zur Liberalisierung der Euthanasie.“ Die Erd-Charta wurde von der UNO wegen Widerständen noch nicht offiziell angenommen. Dennoch wird sie von den Vereinten Nationen bereits in Sub-Programmen gefördert. Die Linie führt dabei direkt vom 1969 gegründeten Club of Rome zur Erd-Charta, oder anders gesagt vom Märchen der Überbevölkerung zum Eine-Welt-Traum.
Für Deutschland sitzt Anja Becker von der Ökumenischen Initiative Eine Welt in der Erd-Charta-Organisation. Für die Schweiz ist es Christa Schmidmeister von ErdCharta-Schweiz. Doch einflußreich sind sie nicht. Ganz anders sieht es beim Club of Rome-Netzwerk aus. Zu dessen Mitgliedern gehören im deutschen Sprachraum: Horst Köhler, Reto Ringger, Uwe Schneidewind, um die neuesten Mitglieder zu nennen. Dazu Klaus Töpfer, Max Schön, Roland Benedikter, Felix Unger, Patrick Liedtke, Claude Martin, Wolfgang Meyer, Liz Mohn, Konrad Osterwald, Josef Radermacher, Wolfgang Sachs, Klaus von Dohnanyi, Eberhard von Koerber, Ernst Ulrich von Weizsäcker. Christian Berg, Geiserich Tichy, David Lehrer, Frithjof Finkbeiner, Jörg Geier, Werner Weidenfeld, Richard von Weizsäcker.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi