(Eriwan) Die armenische Kirche entschied, die Opfer des türkischen Völkermords an den Armeniern heiligzusprechen. Die Entscheidung traf die Türkei überraschend, die erwartungsgemäß unfreundlich reagierte. Die feierliche Heiligsprechung soll 2015 stattfinden, 100 Jahre nach dem schrecklichen Genozid, dem 1,5 Millionen Armenier zum Opfer fielen. Beim Heiligen Synod der Armenisch-Apostolischen Kirche, der die entsprechende Entscheidung traf, waren die Bischöfe aus der ganzen Welt anwesend. Manche Medien schrieben, daß dadurch die Spannungen zwischen Armenien und Türkei wegen des Völkermords von 1915 auch eine „religiöse“ Dimension erhalten würden. In Wirklichkeit war der Genozid nie ein ethnischer, sondern immer ein religiös motivierter Völkermord, der sich gegen die Christen im von den Türken beanspruchten und kontrollierten Herrschaftsbereich richtete.
Die islamische Türkei verübte mehrere staatlich gelenkte Vernichtungsfeldzüge gegen die Armenier. Zu einem wahren Genozid kam es 1915, als die Türkei den Ersten Weltkrieg ausnützte, um einen Genozid an den armenischen Christen zu verüben. Für den Massenmord bedienten sich die Türken auch der Kurden, die willfährige Handlanger des Mordens wurden. Der Genozid wurde als erster systematisch vom deutschen Historiker und Politiker Johannes Lepsius dokumentiert. Die Türkei weigert sich jedoch bis heute, die Tat als Genozid anzuerkennen.
In der Türkei sorgt die Nachricht vom Beschluß des Heiligen Synod für heftige Diskussionen. Bekanntgegeben wurde die Nachricht von ASAM, dem türkischen Studienzentrum für euroasiatische Strategien. Erstmals seit 1651 hatten sich wieder alle armenischen Bischöfe der Welt versammelt. Dadurch wird die Bedeutung unterstrichen, die das Gedenken an den Völkermord für das armenische Volk bis heute hat. Auch Ömer Özkaya, der Leiter des ASAM-Studienzentrum, sprach lediglich von einem „angeblichen“ Völkermord. Eine Leugnung der historischen Tatsachen, die in Armenien für immer neue Verbitterung sorgt.
Die Heiligsprechung gilt allen im Rahmen der antiarmenischen Christenverfolgung zuerst von den Osmanen, dann von Kemal Atatürk getöteten Armeniern. Die Heiligsprechung wird nach der für die Ostkirchen traditionellen Form erfolgen, indem nicht der Name des Märtyrers, sondern der Ort des Martyriums genannt wird.
Text: Asianews/Giuseppe Nardi
Bild: Asianews