„Katholik, der Loge beitritt, ist exkommuniziert“ – Kirchenhistoriker Paolo Siano über Kirche und Freimaurerei


Jorge Ángel Clavero, Großmeister der argentinischen Freimaurerei

(Rom) Am ver­gan­ge­nen 10. Sep­tem­ber hielt der Kir­chen­hi­sto­ri­ker Pater Pao­lo Maria Sia­no von den Fran­zis­ka­nern der Imma­ku­la­ta in Rom einen Vor­trag über die Frei­mau­re­rei. Am Sitz der Stif­tung Lepan­to begrüß­te der Histo­ri­ker Rober­to de Mat­tei den Schrift­lei­ter der Anna­les Fran­cisca­ni vor einem bis auf den letz­ten Platz gefüll­ten Saal. Pater Pao­lo Maria Sia­no ist nicht nur ein Kir­chen­hi­sto­ri­ker mit Spe­zia­li­sie­rung für die Geschich­te der fran­zis­ka­ni­schen Bewe­gung. Er gehört zu den heu­te sel­te­nen Kir­chen­hi­sto­ri­kern, die sich auf wis­sen­schaft­li­cher Ebe­ne mit der Frei­mau­re­rei und ihrer Gedan­ken­welt aus­ein­an­der­setz­ten und dies auf der siche­ren Grund­la­ge der kirch­li­chen Glau­bens­leh­re tun.

Jedwede Freimaurerei mit katholische Kirche unvereinbar

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Pater Pao­lo Maria Sia­no ist Autor des 630-Sei­ten umfas­sen­den „Hand­buchs“ über die Frei­mau­re­rei (ordens­ei­ge­ner Ver­lag Casa Maria­na, Fri­gen­to, 2012). Eben­falls 2012 erschien auch sein Buch Die Frei­mau­re­rei zwi­schen Eso­te­rik, Ritus und Sym­bo­lik (ordens­ei­ge­ner Ver­lag, 544 Sei­ten), um sei­ne bei­den jüng­sten Ver­öf­fent­li­chun­gen zum The­ma zu erwäh­nen. Er bot bei sei­nem Refe­rat zunächst einen geraff­ten, aber syste­ma­ti­schen Über­blick über die Grün­de, wes­halb die Zuge­hö­rig­keit zur katho­li­schen Kir­che mit der Mit­glied­schaft in jeder Art von Frei­mau­re­rei unver­ein­bar ist. Die Unver­ein­bar­keit gilt sowohl für die radi­kal anti­kle­ri­ka­le „lin­ke“ Frei­mau­re­rei, als auch für die „wei­che­re“ angel­säch­si­sche Logen­ar­beit. Die­se Unver­ein­bar­keit wur­de vom päpst­li­chen Lehr­amt seit dem frü­he­sten Auf­tre­ten der Frei­mau­re­rei in der ersten Hälf­te des 18. Jahr­hun­derts fest­ge­legt und begrün­det. Eine Ver­ur­tei­lung der Logenideo­lo­gie, die seit dem älte­sten päpst­li­chen Doku­ment dazu aus dem Jahr 1738 bis zum heu­ti­gen Tag ohne Unter­bre­chung gilt. Das jüng­ste Doku­ment gegen die Frei­mau­re­rei stammt von der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on unter der Lei­tung von Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger vom 26. Novem­ber 1983.

Pater Pao­lo Maria Sia­no beton­te dabei, daß es nicht die Kir­che sei, die a prio­ri etwas gegen die Frei­mau­re­rei habe. Es ist viel­mehr die Ideo­lo­gie der Frei­mau­re­rei, die sie in einen kate­go­ri­schen Gegen­satz zur katho­li­schen Kir­che stellt und anti­ka­tho­lisch sein läßt. Es gehe dabei um jene Ele­men­te, die im DNS eines jeden Frei­mau­rers stecken und ihn in einen Gegen­satz zur kirch­li­chen Leh­re set­zen und das sind: die Eso­te­rik, die Ritua­le und die frei­mau­re­ri­sche Phi­lo­so­phie, die auf dem Grund­satz einer absur­den Über­ein­stim­mung der Gegen­sät­ze beruht.

Magisch-okkulte Rituale der „Erleuchtung“ und der „Macht“  in gewisser Hinsicht „satanisch“

Pater Pao­lo Maria Sia­no erklärt, nun seit 20 Jah­ren sich inten­siv mit der Frei­mau­re­rei zu befas­sen. Wäh­rend die­ser Stu­di­en konn­te er sich ver­ge­wis­sern, daß die behaup­te­te Wei­ter­ent­wick­lung der frei­mau­re­ri­schen Welt­sicht kei­nes­wegs eine Abwen­dung von jenen Punk­ten mit sich brach­te, die die Kir­che zur Ver­ur­tei­lung der Frei­mau­re­rei ver­an­laß­te. Bis heu­te äffe die Frei­mau­re­rei in ihren Ritua­len die christ­li­chen Sakra­men­te nach und behaup­tet in einem magisch-okkul­ten Rah­men, ihren Adep­ten „Erleuch­tun­gen“ und „Macht“ zu ver­lei­hen. Des­halb sei­en die frei­mau­re­ri­schen Riten in den nie­de­ren Gra­den und zuneh­mend in den höhe­ren Gra­den in gewis­ser Hin­sicht „sata­nisch“.

Die Eso­te­rik stecke zudem untrenn­bar in jeder Frei­mau­re­rei und füh­re die Logen­brü­der zur irri­gen Mei­nung, die Wahr­heit zu besit­zen, ver­gleich­bar der Sack­gas­se, in die der Weg der anti­ken Gno­sis führ­te. Sie insze­nie­re den angeb­li­chen Zugang zur „Wahr­heit“ als etwas Exklu­si­ves, das nur den Aus­er­wähl­ten vor­be­hal­ten sei, wäh­rend das gemei­ne Volk der „Nicht-Ein­ge­weih­ten“ davon aus­ge­schlos­sen blei­be. Die „Wahr­heit“ prä­sen­tiert sich damit als ein Geheim­wis­sen, das angeb­lich von den Ein­ge­weih­ten gewis­ser­ma­ßen gelenkt und beherrscht wer­de. Die Wahr­heit aber, so Pater Pao­lo Maria Sia­no ist nicht eine abstrak­te Theo­rie und kein magi­scher „Schlüs­sel“, son­dern eine Per­son, näm­lich Jesus Chri­stus der mensch­ge­wor­de­ne Sohn Got­tes, der für die gefal­le­ne Mensch­heit am Kreuz sein Leben opfer­te, um für alle, die es wol­len, Heil und Ret­tung zu erschließen.

Esoterik konstitutives Element der Freimaurerei

Pater Pao­lo Maria Sia­no zeig­te anhand der frei­mau­re­ri­schen Sym­bo­le den radi­ka­len Gegen­satz zur katho­li­schen Sym­bo­lik auf, von den Gegen­sät­zen Leben/​Tod, über Licht/​Dunkel bis Gott/​Teufel. Die Frei­mau­re­rei ori­en­tie­re sich unbe­streit­bar an der christ­li­chen Sym­bo­lik, will die­se jedoch durch eine neue Sym­bo­lik einer Ord­nung ohne Gott erset­zen. Der Mensch ist in der Frei­mau­re­rei das höch­ste Wesen, um das sich alles dreht. Ein The­ma, das bereits in der Schöp­fungs­ge­schich­te des Buches Gene­sis abge­han­delt wird und den fata­len Weg des Men­schen auf­zeigt, der selbst wie Gott sein will. Das aber sei letzt­lich die Ziel­set­zung der Frei­mau­re­rei, die sie in radi­ka­len Gegen­satz zum per­so­na­len Schöp­fer­gott setzt.

Die an das Refe­rat anschlie­ßen­de Dis­kus­si­on erlaub­te die Klä­rung eini­ger Aspek­te und die Unter­schei­dung der Gei­ster. Vor allem konn­te Pater Pao­lo Maria Sia­no auf­zei­gen, daß die mei­sten gesell­schafts­po­li­ti­schen und kul­tur­po­li­ti­schen Ten­den­zen, die im offe­nen, oft aggres­si­ven Gegen­satz zur katho­li­schen Leh­re ste­hen, einen frei­mau­re­ri­schen Ursprung haben. Es sei Auf­ga­be, ja Pflicht, so der Refe­rent, sich im Namen des wah­ren Lichts, das „jeden Men­schen erleuch­tet“ (Johan­nes 1) und das in Bet­le­hem vor 2000 Jah­ren Mensch gewor­den ist, den frei­mau­re­ri­schen Plä­nen in den Weg zu stel­len im Rin­gen um das See­len­heil der Men­schen, ange­fan­gen bei den Frei­mau­rern selbst.

Pater Paolo M. Siano widerspricht Wiens Dompfarrer Toni Faber: Katholik der Loge beitritt, ist exkommuniziert

Die Aus­füh­run­gen von Pater Pao­lo Maria Sia­no stel­len die mit den Logen sym­pa­thi­sie­ren­den Aus­sa­gen des Wie­ner Dom­pfar­rers Toni Faber bloß. Faber nahm 2010 an einem Fern­seh­ge­spräch des pri­va­ten Fern­seh­sen­ders TW1 mit dem ehe­ma­li­gen Groß­mei­ster der öster­rei­chi­schen Frei­mau­re­rei Micha­el Kraus teil. Die Sen­dung hat­te von Inhalt und Aus­rich­tung den Zweck, die Unver­ein­bar­keit zwi­schen katho­li­scher Kir­che und Frei­mau­re­rei zu leug­nen. Eine Posi­ti­on, in der sich bei­de Stu­dio­gä­ste, die eigent­lich gegen­sätz­li­che Posi­tio­nen ver­tre­ten hät­ten sol­len, völ­lig einig waren. Einig waren sie sich dabei nicht in der Posi­ti­on der katho­li­schen Kir­che, son­dern in der Posi­ti­on der Frei­mau­re­rei. Faber kam dabei der Part zu, die­sen irri­gen Ein­druck als Ver­tre­ter der Kir­che im Namen der Kir­che zu ver­mit­teln. Die Aus­sa­gen Fabers und sein ursprüng­li­cher Wunsch, sei­ne Dis­ser­ta­ti­on zum The­ma Kir­che und Loge zu ver­fas­sen, wer­fen Fra­gen über die per­sön­li­che Nähe des Wie­ner Dom­pfar­rers zur Loge auf.

Pater Pao­lo Maria Sia­no wies die Behaup­tung, ein Katho­lik kön­ne Mit­glied in einer Loge sein, kate­go­risch zurück. Laut Kir­chen­recht zieht sich jeder Katho­lik, der einer Loge bei­tritt, die Exkom­mu­ni­ka­ti­on zu. Jeder, der etwas ande­res behaup­te, füh­re „die Men­schen in die Irre“, so der Kir­chen­hi­sto­ri­ker aus dem Orden der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta. Einer von die­sen ist der Dom­pfar­rer Toni Faber, der in der Fern­seh­sen­dung das genaue Gegen­teil behaup­te­te und sich erfreut dar­über zeig­te: „Gott sei Dank“ habe sich die Kir­che „da wei­ter­ent­wickelt“. Laut Faber gebe es seit 1983 für Frei­mau­rer kei­ne Exkom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­fahr mehr. Die gegen­tei­li­ge Erklä­rung der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on ver­such­te Faber zu mini­mie­ren und zu zer­re­den. Denn, der 2004 ver­stor­be­ne Kar­di­nal Franz König, habe es als Erz­bi­schof von Wien (1956–1986) „Gott sei Dank, immer so,“ gehal­ten, so Dom­pfar­rer Faber, „daß Frei­mau­rer, die den Kar­di­nal König gefragt haben“, ob sie einer Logen ange­hö­ren dürf­ten, „von ihm immer die Zustim­mung erhal­ten haben“.

Wie weit geht Toni Fabers „Nähe“ zur Freimaurerei?

Das Gespräch zwi­schen Dom­pfar­rer Toni Faber und dem ehe­ma­li­gen Groß­mei­ster Micha­el Kraus beginnt ab Minu­te 6:06.

[Update] Das Video wur­de inzwi­schen bei You­tube gelöscht, kann aber bei Glo​ria​.tv noch gese­hen werden.

Text: CR/​Giuseppe Nardi
Bild: Pagi­na Catolica

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