(Kairo) In Ägypten wurde eine neue verfassungsgebende Kommission einberufen. Sie zählt 50 Mitglieder aus den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft. Unter den Ernannten befinden sich auch christliche Vertreter, vor allem orthodoxe Kopten, aber auch Katholiken und Protestanten.
Übergangspräsident Adly Mansour kündigte die Einberufung einer neuen verfassungsgebenden Kommission für Ägypten an. Sie soll nach der Absetzung und Inhaftierung von Staatspräsident Mohammes Mursi und der Außerkraftsetzung der islamistisch geprägten provisorischen Verfassung von 2012 einen neuen Verfassungsentwurf erarbeiten. Die Ernennung der neuen Kommission erfolgte am 1. September. Sie setzt sich aus 50 Mitgliedern zusammen, darunter auch zahlreiche Vertreter aus der Gesellschaft, die nicht Politiker sind, so Gewerkschafter, Rechtsanwälte, Religionsvertreter und Studenten.
Im Gegensatz zur vorhergehenden verfassungsgebenden Kommission, die 100 Mitglieder zählte und vom mehrheitlich islamistischen Parlament bestimmt worden war, ist die neue Kommission auch für Frauen offen. Zehn Prozent der Sitze wurden an Frauen vergeben. Was besonders auffällt: dem neuen Gremium gehören auch 20 Christen an, was überdurchschnittlich hoch ist. Der Anteil der Christen an der ägyptischen Bevölkerung wird meist mit 15–17 Prozent beziffert, liegt aber wahrscheinlicher bei 20 Prozent. Dabei handelt es sich um Religionsvertreter, aber auch um Vertreter verschiedener Bereiche der Gesellschaft.
Kritik am neuen Gremium kommt von den islamistischen Bewegungen. Wegen des harten Vorgehens des Militärs gegen die Muslimbruderschaft, fällt die öffentliche Kritik relativ verhalten aus. Die Muslimbrüder sind dazu nicht imstande, so übernehmen die Salafisten die islamistische Wortführerschaft in der Öffentlichkeit. Bassam el-Zarka, der Anführer der Salafistenpartei al-Nour bezeichnete die Versammlung als „Übel, das die Vorherrschaft der Linken widerspiegelt“. Die Islamisten kritisieren vor allem die Absicht der vom Militär beherrschten Übergangsregierung, jene Artikel aus der 2012 erarbeiteten Verfassung zu tilgen, mit denen die Scharia zur Grundlage der ägyptischen Rechtsordnung gemacht wurde. „Diese Absicht wird die Ägypter von ihrer islamischen Identität entfernen“, so el-Zarka.
Die verfassungsgebende Kommission beginnt ihre Arbeiten am 8. September. Sie soll die Arbeit innerhalb von 60 Tagen abgeschlossen haben. Anschließend wird der Verfassungsentwurf dem Wahlvolk zur Annahme oder Ablehnung in einer Volksabstimmung vorgelegt.
Text: Asianews/Giuseppe Nardi
Bild: Asianews