(Hanoi) Die vietnamesische Polizei griff eine friedliche Kundgebung von Katholiken der Pfarrei My Yen an. Mit Schlagstöcken, Elektroimpulswaffen, Tränengas und Schüssen in die Luft mit scharfer Munition ging die vietnamesische Polizei gegen mehrere Hundert Katholiken vor, die für die Freilassung von zwei Pfarrangehörigen demonstrierten. Die beiden Katholiken befinden sich seit Juni ohne Anklage im Gefängnis. Laut Zeugenberichten handelte es sich um eine der brutalsten und blutigsten antichristlichen Polizeiaktionen der vergangenen Jahre.
Mehrere Dutzend Katholiken wurden festgenommen. Die Zahl der Verletzten liegt noch viel höher. Die Schwerverletzten wurden nach Hanoi gebracht. Mehrere von ihnen schweben in Lebensgefahr. My Yen liegt in der Provinz Nghe An, einem Küstengebiet im mittleren Norden des Landes.
Laut Angaben des regierungstreuen Staatsfernsehens zogen die Katholiken am Mittwoch in den frühen Morgenstunden von der Pfarrkirche zum Sitz des Volkskomitees von Nghi Phuonh im Bezirk Nghi Loc. Sie forderten die Freilassung von Ngo Van Khoi und Nguyen Van Hai. Bereits am Vorabend hatten rund tausend Katholiken für deren Freilassung demonstriert. Die Behörden hatten nach zahlreichen Petitionen der Pfarrei die Enthaftung der beiden Katholiken angekündigt, ohne das Versprechen einzulösen. Die beiden Männer befinden sich noch immer in Haft.
Wie Radio Free Asia berichtete, gab die Polizei vor der Pfarrkirche von My Yen Warnschüsse ab, um die Katholiken einzuschüchtern und auseinanderzutreiben. Als diese nicht zurückwichen, „prügelten die Polizisten mit Schlagstöcken und Elektroschockern auf die Demonstranten ein“. Eine mit dem Redemptoristenorden verbundene Internetseite veröffentliche zahlreiche Fotos von teils schwerverletzten Katholiken. Viele weisen Kopfverletzungen auf. Laut Zeugenaussagen waren etwa 3000 Polizisten und Soldaten gegen die Katholiken eingesetzt worden. Ärzte seien daran gehindert worden, den Verletzten zu Hilfe zu kommen.
Die beiden Katholiken Ngo Van Khoi und Nguyen Van Hai waren im Juni von einem Sonderkommando der Sicherheitskräfte verhaftet worden. Seither befinden sie sich in Haft, ohne daß ihnen offiziell eine Straftat zur Last gelegt wird. Den Familien wurde anfangs auf Nachfrage erklärt, daß sie wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“ in Sicherheitsgewahrsam seien. Wann diese „Störung“ stattgefunden haben soll, wurde bisher nicht präzisiert.
Vietnam setzt gegen die Forderung nach Religionsfreiheit weiterhin auf Repression. Die Sicherheitskräfte gehen gegen Blogger, Dissidenten und Menschrechtsaktivisten vor, die das Recht auf Religionsfreiheit einfordern. 2013 wurden bereits mehr als 40 Menschenrechtsaktivisten wegen „Verbrechen gegen den Staat“ verhaftet. Die Verhaftungen erfolgen auf der Grundlage einer Bestimmung, die generell und vage Menschenrechtsgruppen als „subversiv“ einstuft. Im Januar waren 14 Vietnamesen, darunter mehrere Katholiken, wegen „versuchtem Umsturz der Regierung“ zu langen Gefängnisstrafen verurteilt worden. Ein Urteil, das von zahlreichen Menschenrechtsorganisationen als politische Willkür gebrandmarkt wurde.
Text: Asianews/Giuseppe Nardi
Bild: Asianews