(Sydney) In Australien ist die Leihmutterschaft seit Jahren legal. Der Euphemismus meint Verdinglichung des intimsten weiblichen Aktes: der Schwangerschaft und der Geburt. Das neue Leben eines ungeborenen Kindes, das im Mutterleib heranwächst, wird zum Gegenstand kapitalistischen Denkens von Angebot und Nachfrage. Das von Feministinnen früheren Zeiten unterstellte Bild von der Frau als „Gebärmaschine“, ist erst in der „freiesten“ aller Welten und dem zügellosen Kapitalismus Realität geworden. Und die Feministinnen schweigen dazu.
Trotzdem gehen noch immer viele australische Paare ins Ausland, um sich dort statt zu Hause ein Kind „zu besorgen“. 2010–2011 wurden in Australien „nur“ 16 bei Leihmüttern bestellte Kinder geboren. Gleichzeitig wurden auf demselben Weg aber von indischen Frauen im Ausland 394 Kinder für australische Kunden ausgetragen.
Nicht gegen die Leihmutterschaft, sondern gegen diese Nicht-Beachtung des australischen Angebots werden nun Stimmen laut. Eine stammt von John Pascoe, vorsitzender Richter am australischen Bundesgericht. Für Pascoe ist das geltende Gesetz schuld an dieser Situation . Um den Kinderhandel zu unterbinden, verbietet es den Paaren, die Leihmutter für ihre „Dienstleistung“ zu bezahlen.
Leihmütter „aufwerten“
Das Stichwort lautet daher: „Leihmütter aufwerten“. Die Idee erhält zusehends Zuspruch, das Geschäft mit dem Uterus zuzulassen. Eine Befürworterin ist die Rechtsprofessorin Jenni Millbank von der UTC-Universität in Sydney. Sie schrieb am Montag im Guardian einen Aufsatz in diese Richtung: „Wir müssen große Veränderungen durchführen, wenn wir die Leihmutterschaft in Australien leichter zugänglich machen wollen“. Und welche Vorschläge hat Millbank dafür? „Die Frauen, die eine Schwangerschaft für andere zu Ende bringen, leisten eine anstrengende Arbeit und nehmen dafür Risiken auf sich. Durch Nichtbezahlung werden sie weder geschützt noch ihre Rolle gewürdigt.“
Frauen bezahlen
Und Millbank weiter: “In Australien verlangt die altruistische Leihmutterschaft die bezahlte Arbeit von Ärzten, Krankenpflegern, Sozialarbeitern, Wissenschaftlern, Technikern, Hebammen, … Nur die Leihmutter wird nicht bezahlt“. Aus diesem Grund sollte das australische Gesetz es erlauben, daß Frauen, die ihren Uterus “vermieten“, eine “angemessene Entschädigung“ erhalten.
Dabei betont Millbank mit Nachdruck, daß es ihr nicht um die Legalisierung „des Geschäfts mit dem Uterus“ gehe, das zu einer Ausbeutung der Frauen führen könnte, wie dies in Indien der Fall ist. Ihr gehe es um einen „behutsamen Kaufvertrag“, der eine „gerechte Entlohnung“ der Leihmütter sicherstellt. „Es gilt ein Minimum festzulegen, das durch angemessene Regeln begleitet wird, um der Gefahr zu begegnen“, daß eine Frau sich diesem „Geschäft“ „nur des Geldes wegen“ unterwirft.
Der neue Gebärmuttermarkt
Nicht eine Bezahlung, sondern “nur“ eine “Entschädigung. Wenn das Gesetz zudem die Leihmutter zwingen würde, das bestellte Kind den “entschädigenden Eltern“ auszuliefern, und sie gleichzeitig vor gesundheitlichen und psychologischen Schäden schützt, dann gäbe es eine perfekte, weil “gerechte und risikofreie“ Regelung, so Millbank. Trotz der von Millbank genau abgewogenen Worte, läßt sich nicht verbergen, daß hinter den schönen Formulierungen nichts anderes als ein neuer Markt sichtbar wird, der erschlossen werden soll: Das Geschäft mit dem Kind. Das Kind nicht mehr als Subjekt, sondern nur mehr als Objekt, das bestellt, gekauft und verkauft werden kann. Ebenso die Verdinglichung der Schwangerschaft durch die Umwandlung der Frau in eine Gebärmaschine, die nach den Gesetzmäßigkeiten der freien Marktwirtschaft funktioniert. Nicht mehr das in einer für das Leben offenen Beziehung gezeugte Kind, sondern das lieblose Auftragsprodukt. Die eiskalte Vernichtung der engsten zwischenmenschlichen Beziehung, die es gibt, der Beziehung zwischen der Mutter und dem ungeborenen Kind in ihrem Mutterleib. Dahinter steckt eine sich ausbreitende Verwilderung durch die Entwertung des menschlichen Lebens nach utilitaristischen Kriterien.
Bioethische Fragen existieren nicht
Millbank will sich abgrenzen: „Wir kopieren nicht den Handelsmarkt, sondern lernen von ihm.“ Jene, die schon das neue Geschäft auf dem neuen Markt sehen, das Millbank möglich machen will, sind solche Details einerlei. Millbank will das perfekte System mit Werbung und Zwischenhändlern, und natürlich alles im Namen der Frau und „der Gerechtigkeit“: „Ein System, das Werbung, Vermittler und Bezahlung geregelt zuläßt, wäre sicherer und gerechter für jene Australierinnen, die heute auf der Suche nach Leihmüttern ins Ausland reisen“.
Bioethische Bedenken thematisiert Millbank in ihrem Aufsatz mit keinem Wort. Ebensowenig kommt das Kind in ihren Überlegungen vor. Das „Ding“, um das es letztlich geht, ist einfach nur ein Produkt wie tausend andere Produkte auf dem freien Markt. Es geht ihr darum, einen neuen Geschäftszweig zugänglich zu machen und Details des Kaufvertrags zu klären.
Und was macht man bekanntlich mit einem „fehlerhaften“ Produkt? Die Leihmutterschaft ist letztlich nur die andere Seite derselben Medaille, auf deren Rückseite das Geschäft mit der Abtreibung steht. Es geht um das Geschäft mit dem Bauch.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi