(Rom) „Hurra wir sterben aus“: Childfree Life, heißt der neue relativistische Modekult. Kinder sollen durch Schwangerschaft nicht den weiblichen Körper „entstellen“, sollen bei der Geburt keine Schmerzen verursachen und schon gar nicht den Lebensrhythmus, Karrierepläne oder Investitionen in das eigene Ego durcheinander bringen. Kinder sind „lästig“. Und weil dem so ist, läßt sich Europa schon längst die Kinder von weniger „entwickelten“ Frauen und Männern in der Dritten Welt zur Welt bringen und aufziehen, um sie dann im Erwachsenenalter, gewissermaßen fix und fertig als Arbeitskräfte zu importieren. Import-Export-Demographie zur Auffüllung des eigenen Kindermangels, denn leere Wiegen heute, bedeuten leere Schulbänke morgen und fehlende Arbeitskräfte und werdende Mütter übermorgen. Das lernt man eigentlich schon in der Grundschule, doch viele haben schon dort nicht genau aufgepaßt. Findige PR-Stratege wußten es schon immer: Man muß Negatives nur verbal in Positives umprogrammieren, zum Beispiel eine Mode daraus machen.
Um die Mode Kinderlosigkeit (nicht um des Himmelreiches willen, sondern des nächsten Urlaubs wegen) griffig den Lesern zu vermitteln, bot der Corriere della Sera, Italiens wichtigste Tageszeitung am 6. August sogar Papst Franziskus als Kronzeugen auf. Zitiert wurden zwei Aussagen des Papstes: Die Hirten „haben nicht das Recht, sich in die privaten Dinge von irgendwem einzumischen“. Und: „Wer bin ich, um einen Homosexuellen zu verurteilen?“
Die Kollage von aus dem Zusammenhang gerissenen Papst-Zitaten widerspricht dem, was Papst Franziskus am 27. Mai bei der morgendlichen Kurzpredigt im Domus Sanctae Marthae direkt zum Thema sagte. Das Vorgehen der renomierten liberalen Tageszeitung verdeutlicht allerdings auch, wie sorgsam ein Papst mit Worten umgehen sollte. Die Zusammenfassung des Osservatore Romano:
„Alle müssen wir eine Gewissenserforschung darüber machen, was unsere Reichtümer sind, die uns auf dem Lebensweg daran hindern, uns Jesus zu nähern.“ Es handelt sich um Reichtümer, die aus unserer Kultur kommen. Der erste Reichtum „ist der Wohlstand, die Kultur des Wohlstands, die uns wenig mutig sein läßt, die uns träge macht, und auch zu Egoisten macht“. Manchmal „schläfert und der Wohlstand ein“. Auch bei der Frage nach Kindern, läßt man sich häufig durch den Wohlstand bedingen. Der Papst stellte sich den Dialog zwischen einem Brautpaar vor: „Nein, nein, mehr als ein Kind nein! Weil wir nicht Urlaub machen können, weil wir nicht da und dorthin gehen können, kein Haus kaufen können… Es ist schon in Ordnung dem Herrn zu folgen, bis zu einem bestimmten Punkt.“ Und kommentierte: „Das macht der Wohlstand. Wir alle wissen gut, wie der Wohlstand wirkt. Das wirft uns aber zu Boden, beraubt uns des Mutes, jenes Starkmuts, um Christus nahezukommen.“ Und genau „das ist der erste Reichtum unsere Kultur heute.“ Die Kultur des Wohlstands.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Osservatore Romano