(Toronto) Der Erzbischof von Bombay und Mitglied des achtköpfigen neuen Kardinalsrats von Papst Franziskus, Oswald Kardinal Gracias, besuchte die Gefangene Mary Wagner. Mehr nur als eine Geste, wie die Endzeitrede Jesu belegt. Die Lebensrechtlerin sitzt seit einem Jahr in Kanada in Haft, obwohl sie keine Straftat begangen hat. Ihre Schuld ist es, in Toronto in Abtreibungskliniken schwangere Frauen angesprochen zu haben, um sie davon abzuhalten, ihr ungeborenes Kind ermorden zu lassen. Für die Rettung von Menschenleben muß man in der „zivilisiertesten“ Welt ins Gefängnis. „Wenn sie auch nur ein Leben gerettet hat, hat sich das Opfer gelohnt,“ so der Kardinal.
„Sie verstehen nicht? Was ist ein Rechtsstaat? Sie müssen ihn respektieren. Sie haben Ihre Bürgerrechte verloren, sich einer Abtreibungsklinik nähern zu dürfen und mit den Angestellten zu sprechen. Sie haben in gewisser Weise völlige Mißachtung der Gerichte und der Rechte anderer bewiesen. Sie scheinen sich von einer höheren moralischen Ordnung leiten zu lassen, statt von den Gesetzen unseres Landes.“ Solche und ähnliche Sätze mußte sich Mary Wagner vor Gericht anhören, wie LifSiteNews berichtet. Die Kanadierin wurde am 15. August 2012, dem Hochfest der bedeutendsten Schwangeren der Weltgeschichte in Toronto verhaftet „weil sie mehrfach friedlich in Abtreibungskliniken gegangen ist, um schwangere Frauen zu treffen“. Es war nicht ihre erste Verhaftung. Bereits 2010 und früher wurde sie nach Anzeigen von Abtreibungskliniken festgenommen.
Die Lebensrechtlerin hätte nach 88 Tagen Haft durch die Zahlung einer saftigen Kaution auf Bewährung freikommen können. Eine dreijährige Bewährung. Sie entschied sich aber aus prinzipiellen Gründen für das Gefängnis, weil sie ihren Kampf auch als Kampf für eine gerechte Justiz sieht. Abgesehen von der Höhe der aufzubringenden Summe, die ihre Möglichkeiten weit überschritten hätte, wäre mit der Kaution die Auflage verbunden gewesen, sich nicht mehr Abtreibungskliniken nähern zu dürfen und schwangere Frauen dort ansprechen zu können. Wagner verteidigte sich vor Gericht mit dem Hinweis, bereits vielen Frauen mit Feingefühl geholfen zu haben, indem sie ihnen erklärte, was eine Abtreibung ist und daß damit immer auch ein enormer Schmerz für die Mutter verbunden ist.
Der Richter aber zeigte sich gnadenlos: „Sie irren sich. Ihr Gott irrt sich. Sie hegen völlige Mißachtung… in diesem Land gibt es ein Recht… Sie haben nicht das Recht durch Ihr Verhalten zusätzliches Leid zu verursachen.“
Der Besuch des Kardinals – „Mary Wagner hat eine Mission: Sie ist die Stimme der Ungeborenen“
Oswald Kardinal Gracias, der Erzbischof von Bombay, Vorsitzender der Föderation asiatischer Bischofskonferenzen und seit April einer von acht Kardinälen, die Papst Franziskus zu seinen persönlichen Beratern ernannt hat, besuchte am vergangenen Freitag Mary Wagner im Gefängnis und gab anschließend LifeSiteNews ein Interview. Der Kardinal zelebrierte im Gefängnis eine Heilige Messe für ein Dutzend Gefangener, darunter auch Mary Wagner.
„Papst Franziskus ist eindeutig in der Frage Zeugnis für das Evangelium zu geben, trotz Schwierigkeiten. Ich bin zutiefst überzeugt, daß man tun muß, was man für richtig hält. Dem Evangelium zu folgen im Guten wie im Schlechten, welche Schwierigkeiten es auch immer geben mag. In diesem Sinn teile ich vollkommen, was Mary Wagner tut.“ Die Entscheidung der Frau, im Gefängnis zu bleiben, hat eine Diskussion auch unter ihren Unterstützern ausgelöst. Kardinal Gracias hegt keinen Zweifel: „Als ich mit Mary sprach, war mir klar, daß sie eine Mission hat.“ Mary Wagner ist „sicher die Stimme des noch ungeborenen Kindes. Sie ist die Anwältin ihrer Rechte“, so der Kardinal.
Früchte ihrer Arbeit: Frauen, die nicht abtreiben
Nach der Begegnung mit der Frau ist der Purpurträger „überzeugt von der Nützlichkeit dessen, was sie macht“. Denn der Kampf von Mary Wagner „ist nicht eine nichtige Aktion, um gegen Windmühlen zu kämpfen. Auch wenn die Menschen an der Effizienz ihres Handelns zweifeln könnten, hat sie selbst von vielen Frauen erzählt, die durch ihr Wirken nicht abtreiben haben lassen. Die Tatsache, daß ihr Handeln sofort Früchte gebracht hat, zeigt, daß es sich gelohnt hat. Auch wenn sie nur ein einziges Leben gerettet hätte, hätte es sich gelohnt“, so Kardinal Gracias. Der Purpurträger zeigte sich beeindruckt vom Zeugnis, das Mary Wagner im Gefängnis gab: „Sie ist ein so friedfertiger Mensch, so im Frieden mit sich selbst. Ich sah kein Unbehagen an ihr.“ Der Kardinal war „sehr froh, sie getroffen zu haben. Sie ist eine Frau, die lebt, indem sie alles in die Hände des Herrn legt. Sie ist eine Frau von tiefem Glauben und Einsatz, und sie ist überzeugt von dem, was sie tut.“ Das beweise auch die Tatsache, so der Kardinal, wie Wagner „ihre derzeitige Situation lebt. Sie wirkt geradezu therapeutisch auf andere, auch im Gefängnis, durch die Art wie sie sich anderer annimmt, durch ihren inneren Frieden.“
Früchte ihres Zeugnisses: Bekehrungen im Gefängnis
Der Gefängniskaplan Pater Paul Hrynczyszyn vermittelte den Besuch von Kardinal Gracias im Gefängnis. „Ich kenne Mary Wagner sehr gut. Sie hat schon vielen Frauen geholfen, zum Glauben zu finden. Sie ist ein Segen für mich, wann immer ich ihr begegne, weil ich überzeugt bin, daß sie eine Heilige ist. Was mich am meisten beeindruckt, ist ihre innige Religiosität, ihre Heiligkeit und ihre große Demut.“ Die Frau, ist sich Gefängniskaplan Hrynczyszyn sicher, wisse, daß sie „dem Herrn gehorcht, der sie ruft, auf radikale Weise Zeugnis für das Geschenk und die Heiligkeit des menschlichen Lebens zu geben“.
Text: LifeSiteNews/Giuseppe Nardi
Bild: LifeSiteNews