Im Zustand chronischer Schwerhörigkeit: Erzbischof Zollitsch wird 75 – Eine gute Nachricht


Erzbischof-Robert-Zollitsch(Frei­burg im Breis­gau) Der Vor­sit­zen­de der deut­schen Bischofs­kon­fe­renz, Erz­bi­schof Robert Zol­lit­sch, wird 75 und erreicht damit das Rück­tritts­al­ter: eine gute Nach­richt für die katho­li­sche Kir­che in Deutsch­land. In einem Inter­view, das die Süd­deut­sche Zei­tung mit ihm führ­te, kam der Frei­bur­ger Erz­bi­schof auf ein Lieb­lings­the­ma zu spre­chen: „Ver­än­de­run­gen“. Der Donau­schwa­be auf dem Bischofs­stuhl des Hei­li­gen Kon­rad meint mit „Ver­än­de­run­gen“ eine Anpas­sung an den Zeit­geist. Über­spitzt zusam­men­ge­faßt: Die Pra­xis der Gläu­bi­gen ent­spricht nicht mehr der kirch­li­chen Leh­re? Dann muß sich die kirch­li­che Leh­re der Pra­xis der Gläu­bi­gen anpas­sen. So drängt der Frei­bur­ger Erz­bi­schof in rhyth­mi­schen Abstän­den in Rom auf Locke­rungs­übun­gen in Sachen Zulas­sung von Frau­en zu Wei­he­äm­tern und von wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zu den Sakramenten.

Zollitschs einseitige Interpretation von „Veränderung“, „Fortschritt“, „Vorwärtsgehen“

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Von Papst Bene­dikt XVI. hol­te sich der lebens­fro­he Schwa­be aus Fili­po­wa in der Batsch­ka eine gehö­ri­ge Abfuhr. Der Vor­sit­zen­de der deut­schen Bischofs­kon­fe­renz hält den­noch, allen Wid­rig­kei­ten zum Trotz, sol­che „Ver­än­de­run­gen“ in der katho­li­schen Kir­che  für „mög­lich“. Vor allem hofft er in Papst Fran­zis­kus jenen „guten Gesprächs­part­ner“ zu fin­den, den er in Papst Bene­dikt XVI. nicht fand. Der neue Papst „spürt, dass der, der sich nicht ver­än­dert, rück­wärts geht und nicht nach vor­ne“, ist sich Zol­lit­sch sicher in sei­ner ein­sei­ti­gen Inter­pre­ta­ti­on von „Ver­än­de­rung“, „Fort­schritt“, „Vor­wärts­ge­hen“ und „nach vor­ne schauen“.

Der Vor­sit­zen­de der deut­schen Bischö­fe scheint bei bestimm­ten The­ma aller­dings unter chro­ni­scher Schwer­hö­rig­keit zu lei­den. Papst Fran­zis­kus erteil­te am 27. Juli in sei­ner Rede vor der Latein­ame­ri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz (CELAM) in Rio de Janei­ro der Zulas­sung wie­der­ver­hei­ra­te­ter Geschie­de­ner zu den Sakra­men­ten eine eben­so kla­re Absa­ge, wie sei­ne Vorgänger.

Bereits im April hat­te Zol­lit­sch die Zulas­sung von Frau­en als Dia­ko­nin­nen gefor­dert. Es darf bezwei­felt wer­den, daß der Erz­bi­schof dabei Dia­ko­nin­nen mit Dia­ko­nis­sen ver­wech­sel­te. Dia­ko­nin­nen wären die weib­li­che Ent­spre­chung von Dia­ko­nen und wür­den ein Wei­he­amt aus­üben. So etwas hat es in der Kir­che nie gege­ben. Dia­ko­nis­sen hin­ge­gen gab es in der früh­christ­li­chen Kir­che, sie übten aber kein Wei­he­amt auf. Der Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, Kuri­en­erz­bi­schof Ger­hard Lud­wig Mül­ler, erteil­te im Juni mit einer prä­gnan­ten For­mel  sicher­heits­hal­ber gleich bei­den For­men eine Absa­ge: Für Dia­ko­nin­nen gibt es in der katho­li­schen Glau­bens­leh­re kei­ne Grund­la­ge und für Dia­ko­nis­sen in der kirch­li­chen Pra­xis kei­nen Bedarf .

Papst Franziskus: Nein zu Frauenordination und zur Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu Sakramenten

Papst Fran­zis­kus erteil­te am 27. Juli in sei­ner CELAM-Rede in Rio de Janei­ro auch der Frau­en­or­di­na­ti­on eine kla­re Absa­ge. Eine Absa­ge, die er auf die Fra­ge eines Jour­na­li­sten auf dem Rück­flug von Rio nach Rom wie­der­hol­te. Die Fra­ge der Frau­en­or­di­na­ti­on ist „defi­ni­tiv ent­schie­den“, sag­te der Papst: „Die Tür ist zu“.

Was küm­mert es Zol­lit­sch. Wenn schon kei­ne Prie­ste­rin­nen und auch kei­ne Dia­ko­nin­nen, dann viel­leicht doch Dia­ko­nis­sen ohne Wei­he­amt? Der Erz­bi­schof beschei­det sich. Den Punkt der „Dia­ko­nin­nen ohne Wei­he­amt“ habe Papst Fran­zis­kus näm­lich in sei­ner Absa­ge nicht erwähnt: „Dafür bin ich ihm sehr dank­bar.“ Daß selbst dabei ein unsau­be­res Wort­spiel von Zol­lit­sch zwi­schen Dia­ko­nin­nen und Dia­ko­nis­sen Ver­wir­rung stif­tet, scheint durch­aus gewollt zu sein.

Homosexualität: in Sprachlosigkeit erstarrende Oberhirten

Zol­lit­sch ist voll Lob und Aner­ken­nung für den neu­en Papst auch im Zusam­men­hang mit des­sen Äuße­run­gen zur Homo­se­xua­li­tät, die das Kir­chen­ober­haupt auf dem Rück­flug von Rio tätig­te. Was genau der Frei­bur­ger Erz­bi­schof damit mein­te, blieb unklar, wie auch die Aus­sa­gen des Pap­stes zum The­ma. Bei­de ver­wei­sen auf den Kate­chis­mus, der gül­tig die katho­li­sche Leh­re zusam­men­faßt. Doch mit dem Aus­spre­chen der katho­li­schen Leh­re zur Homo­se­xua­li­tät tun sich katho­li­sche Ober­hir­ten zuse­hends schwe­rer. Ganz anders hin­ge­gen der ehe­mals füh­ren­de Homo­se­xu­el­le Micha­el Glat­ze (sie­he eige­nen Bericht). Als direkt Betrof­fe­ner, der durch sei­ne Bekeh­rung zu Chri­stus aus den Ver­strickun­gen der Homo­se­xua­li­tät her­aus­kam, spricht er eine unver­blüm­te und kla­re Spra­che, wäh­rend die Ober­hir­ten unter media­lem und poli­ti­schem Druck in Sprach­lo­sig­keit zu erstar­ren scheinen.

Zollitsch zwei Jahre im KZ – Zeuge der Donauschwaben

So bekannt der Vor­sit­zen­de der deut­schen Bischofs­kon­fe­renz ist, um so weni­ger ist sei­ne Her­kunft und frü­he Kind­heit bekannt: Robert Zol­lit­sch wur­de am 9. August 1938 als Donau­schwa­be in Fili­po­wa in der Gemein­de Hod­schag in der west­li­chen Batsch­ka gebo­ren. Das Gebiet gehör­te bis 1918 zu Öster­reich-Ungarn, zum Zeit­punkt von Zol­lit­schs Geburt zum König­reich Jugo­sla­wi­en und ist heu­te Teil der Repu­blik Ser­bi­en. In dem bis Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges fast rein deut­schen und katho­li­schen Gebiet wur­den 1944 von kom­mu­ni­sti­schen Tito-Par­ti­sa­nen fast 10 Pro­zent aller Män­ner im Dorf erschos­sen. Dar­un­ter befand sich auch Zol­lit­schs älte­rer, gera­de 16 Jah­re alter Bru­der. Das Mas­sen­grab mit den 212 Ermor­de­ten wur­de 2010 ent­deckt und frei­ge­legt. Robert Zol­lit­sch über­leb­te, weil er noch ein Kind war. Mit sei­ner Groß­mutter und ande­ren Kin­dern aus der Fami­lie wur­de der heu­ti­ge Erz­bi­schof von Frei­burg von den Tito-Par­ti­sa­nen im Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Gako­wa inter­niert, einem der vie­len Lager, die für die deut­sche Volks­grup­pe in der Woj­wo­di­na ein­ge­rich­tet wur­den. Im Lager waren bis zu 30.000 Deut­sche ein­ge­sperrt, vor allem Frau­en, Kin­der und alte Leu­te. Min­de­stens 11.000 von ihnen kamen ums Leben. Sie wur­den ermo­det oder über­leb­ten die har­ten Haft­be­din­gun­gen nicht. Robert Zol­lit­sch hat­te Glück. Er gelang­te 1946 mit Ver­wand­ten durch Flucht nach Deutsch­land, wo die Fami­lie in Baden-Würt­tem­berg eine neue Hei­mat fand.

2003 wur­de der Donau­schwa­be von Papst Johan­nes Paul II. zum Erz­bi­schof von Frei­burg im Breis­gau ernannt. 2008 erfolg­te sei­ne Wahl zum Vor­sit­zen­den der deut­schen Bischofs­kon­fe­renz. Er folg­te dar­in Kar­di­nal Karl Leh­mann nach. Zol­lit­sch galt damals als Kom­pro­miß­kan­di­dat zwi­schen dem pro­gress­ven Leh­mann-Flü­gel und dem kon­ser­va­ti­ven Meis­ner-Flü­gel unter den Bischö­fen. Letz­te­rer hat­te den Erz­bi­schof von Mün­chen und Frei­sing, Rein­hard Kar­di­nal Marx als Kan­di­da­ten ins Auge gefaßt. Als Vor­sit­zen­der konn­te Msgr. Zol­lit­sch 2011 Papst Bene­dikt XVI. in sei­ner Stadt begrü­ßen und lei­ste­te sich mit dem von ihm ein­ge­setz­ten Orga­ni­sa­ti­ons­ko­mi­tee eine ganz Rei­he von Pan­nen. Von der schwer­hö­ri­gen Sei­te zeig­te sich der Erz­bi­schof auch bei der histo­ri­schen Rede des Pap­stes im Frei­bur­ger Kon­zert­haus, mit der das Kir­chen­ober­haupt die deut­sche Kir­che zur „Ent­welt­li­chung“ aufforderte.

Die Amts­zeit an der Spit­ze der Bischofs­kon­fe­renz endet mit der Früh­jahrs­kon­fe­renz 2014. Man wird sehen, ob Papst Fran­zis­kus die Pra­xis von Bene­dikt XVI. fort­setzt und Erz­bi­schö­fen eine zwei­jäh­ri­ge Ver­län­ge­rung gewährt.

Msgr. Robert Zol­lit­sch wird am Frei­tag 75. Ad mul­tos annos.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Wikicommons

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