Patriarch Batholomäus I. sympathisiert mit Protesten im Gezi Park – Mutige Rede, wenig Applaus


Ökumenischer Patriarch Bartholomäus I. sympathisiert mit Anti-Erdogan-Protesten: mutige Rede mit wenig Applaus quittiert(Istan­bul) Der kop­tisch-ortho­do­xe Patri­arch Tawa­dros II. von Alex­an­dri­en unter­stütz­te die Pro­te­ste auf dem Tah­r­ir-Platz in Kai­ro gegen den isla­mi­sti­schen Staats­prä­si­den­ten Mur­si und begrüß­te des­sen Sturz. Der grie­chisch-ortho­do­xe Öku­me­ni­sche Patri­arch Bar­tho­lo­mä­us I. von Kon­stan­ti­no­pel sym­pa­thi­siert mit den Demon­stran­ten im Gezi Park und auf dem Tak­sim Platz.

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Wäh­rend in Ägyp­ten am Abgrund zu einem Bür­ger­krieg steht, kann in der Tür­kei auch der Rama­dan die Pro­te­ste gegen die Regie­rung Erdo­gan nicht stoppen.

Bei einem Ift­ar, einem tra­di­tio­nel­len Abend­essen nach einem Fast­tag wäh­rend des isla­mi­schen Fasten­mo­nats, zu dem der Bür­ger­mei­ster von Istan­bul die Füh­rer der nicht-isla­mi­schen Min­der­hei­ten ein­ge­la­den hat­te, äußer­te der grie­chisch-ortho­do­xe Patri­arch Bar­tho­lo­mä­us I. Inter­es­se und Sym­pa­thie für die Anti-Erdo­gan-Pro­te­ste. Den tür­ki­schen Mini­ster­prä­si­den­ten und des­sen Regie­rungs­par­tei AKP erwähn­te der Patri­arch nicht, sprach aber von einem Wunsch nach Demo­kra­tie und Gerech­tig­keit, der in der tür­ki­schen Gesell­schaft wachse.

Am Ift­ar nah­men zahl­rei­che tür­ki­sche und aus­län­di­sche Staats­ver­tre­ter teil. Eine Gele­gen­heit, die Bar­tho­lo­mä­us I. nütz­te, um über die Unru­hen in der Tür­kei, aber auch über die Lage der Chri­sten im Nahen Osten zu sprechen.

Trotz der schwie­ri­gen Lage der Chri­sten in der Tür­kei wur­de der Patri­arch recht deut­lich. Zu den Pro­te­sten im Gezi Park sag­te er wört­lich: „Wir sind begei­stert und freu­en uns Zeu­gen bedeu­ten­der Ereig­nis­se zu sein, die nach einer Lösung für lang­jäh­ri­ge Pro­ble­me suchen, die sich in der tür­ki­schen Gesell­schaft auf­ge­türmt haben.“ Und noch deut­li­cher: „Und das auch dann, wenn die Suche nach Lösun­gen zu Spal­tun­gen und Pola­ri­sie­run­gen führt.“

In sei­ner kur­zen, aber für die Regie­rungs­ver­tre­ter irri­tie­ren­den Rede, wand­te sich der Patri­arch auch direkt an die Regie­rung. Die­se for­der­te er auf, sich für die Befrei­ung der bei­den syri­schen Bischö­fe ein­zu­set­zen, die sich in der Hand von Rebel­len befin­den (sie­he eige­nen Bericht). “Ihre Ent­füh­rung hat die christ­li­che Welt schwer erschüt­tert und unter allen Chri­sten des Nahen Ostens Sor­ge aus­ge­löst, die immer grö­ßer wird.“

Gleich­zei­tig ermahn­te er die Regie­rung, ihre Ver­spre­chun­gen ein­zu­hal­ten und die Wie­der­eröff­nung des Semi­nars von Hal­ki auf einer der Prin­zen­in­seln vor Istan­bul zu geneh­mi­gen. Die bedeu­tend­ste Theo­lo­gi­sche Hoch­schu­le des Öku­me­ni­schen Patri­ar­chats war 1971 von der tür­ki­schen Regie­rung geschlos­sen wor­den. „Ich fra­ge mich und den­noch gelingt es mir nicht, zu ver­ste­hen, wie es mög­lich ist, daß eine Tür­kei, die eine Lösung für die Kur­den­fra­ge sucht, sich um eine Ver­fas­sungs­re­form und um eine stär­ke­re Demo­kra­ti­sie­rung der Gesell­schaft bemüht, nicht in der Lage ist, das will­kür­lich vor 42 Jah­ren geschlos­se­ne Semi­nar von Hal­ki wie­der zu öffnen.“

Der Patri­arch erkann­te „die vie­len Schrit­te der der­zei­ti­gen Regie­rung und ihres Mini­ster­prä­si­den­ten Erf­do­gan an“, die die­se gegen­über den Min­der­hei­ten gesetzt habe, „die dis­kri­mi­niert wur­den und nicht wenig Leid erlit­ten haben“, so Bar­tho­lo­mä­us I. „Trotz aller Schwie­rig­kei­ten haben wir den­noch überlebt.“

Für die muti­ge Rede ern­te­te der Öku­me­ni­sche Patri­arch von den Anwe­sen­den nur wenig Applaus. Meh­re­re tür­ki­sche Behör­den­ver­tre­ter quit­tier­ten die Wor­te mit regungs­lo­sem Schwei­gen, wäh­rend sich der Bür­ger­mei­ster von Istan­bul und Gast­ge­ber im Anschluß wie gewohnt für die Wie­der­eröff­nung der Schu­le von Hal­ki aussprach.

Text: Asianews/​Giuseppe Nardi
Bild: Asianews

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