(Rio de Janeiro) Nach längerem Schweigen meldete sich wieder der katholische Kunst- und Kulturkritiker Francesco Colafemmina zu Wort. Hier seine Anmerkungen zum aktuellen Kirchengeschehen. Diesmal über die „kryptonische“ Fantasy Art-Megabühne der „Zukunftsshow“ beim Weltjugendtag 2013, in die Vigil und Abschlußgottesdienst mit Papst Franziskus „eingebettet“ sind.
Die Bezeichnung „Show der Zukunft“ stammt nicht von Colafemmina, sondern ist die offizielle Bezeichnung für das Programm der beiden letzten Tage des WJT 2013 rund um die Megabühne von Guaratiba. Am Samstag, den 27. und Sonntag den 28. Juli findet dort laut offiziellem Programm die „Zukunftshow“ statt, die am Samstag aus 13 „Shows“ besteht, bevor die Vigil mit Papst Franziskus beginnt. Am Sonntag sind zwei „Shows“ vor dem Abschlußgottesdienst und zwei weitere nach diesem auf derselben Megabühne angekündigt, die der Altarraum für die liturgischen Handlungen ist.
Die Nüchternheit der päpstlichen Bühne beim WJT von Rio
Nur um es klarzustellen, ich glaube nicht, daß der Papst bis ins Detail weiß, was für ihn in Rio vorbereitet wird. Auf alle Fälle wäre es interessant, die Chronik zum päpstlichen Flug ohne ein von Alitalia zur Verfügung gestelltes Bett – höchster Ausdruck päpstlicher Nüchternheit und Demut – mit der Megabühne zu vergleichen, die gerade auf der wohlklingenden, aber etwas hochtrabend Campus Fidei genannten Riesenfläche in Guaratiba fertiggestellt wird, wo die „Show der Zukunft“ stattfinden wird.
Diese Bühne (siehe Bilder) wurde beim Architektenstudio von Joao Uchoa in Auftrag gegeben. Es ist interessant, die Internetseite dieses Architekten zu besuchen, wo die Bühne für Papst Franziskus unter die Kategorie „Entertainment“ gereiht ist. Und das ist kein Zufall, denn Architekt Uchoa hat in der Vergangenheit eine lange Reihe von Bühnen für Megakonzerte, vor allem Rockkonzerte entworfen, die von ozeanischen Menschenmassen besucht wurden.
Wirft man einen Blick auf das Bühnenmodell fragt man sich natürlich: Was sind das für Hörner, die an den Seiten des Altars hochragen? Vielleicht eine stilisierte Darstellung des Corcovado? Keine Ahnung … Alles in allem eine Royal Underground-Bühne, eine Art Institutionalisierung des Undergrounds, die dennoch etwas Beunruhigendes an sich hat, die aber vor allem weder nüchterne Strenge und noch weniger Demut ausstrahlt. Sie ist rund um eine päpstliche Gestalt entworfen worden, die zweifelsohne mit jener von Papst Franziskus kontrastiert, der in Lampedusa auf einem Bootsaltar zelebrierte (und damit den verschiedenen italienischen Bischöfen, die entschlossen sind, die alten Altäre abzubrechen, um neue Steinaltäre zu errichten, zu zeigen, daß man sich auch mit dem zufrieden geben kann, was man bereits hat).
Die Kirche scheint sich dem Drang nicht entziehen zu können, dem architektonischen Stil der „Rockkonzerte“ hinterherzulaufen.
Die Worte von Benedikt XVI. im fernen 2008 gesprochen (die inzwischen Lichtjahre entfernt scheinen) haben weiterhin ihre Gültigkeit [Weihnachtsansprache an die Römische Kurie 2008]:
Was also geschieht da eigentlich bei einem Weltjugendtag? Welche Kräfte sind da wirksam? Gängige Analysen tendieren dazu, diese Tage als eine Variante der modernen Jugendkultur, als eine Art von kirchlich abgewandeltem Rockfestival mit dem Papst als Star anzusehen. Ob mit oder ohne Glauben wären diese Festivals im Grunde doch dasselbe, und so glaubt man, die Frage nach Gott beiseitelegen zu können. Es gibt auch katholische Stimmen, die in diese Richtung gehen und das Ganze als ein großes und auch schönes Spektakel ansehen, das aber für die Frage nach dem Glauben und der Gegenwart des Evangeliums in unserer Zeit wenig bedeute. Es seien Augenblicke festlicher Ekstase, die aber dann doch letztlich alles beim Alten beließen, das Leben nicht tiefer gestalten könnten.
Das Besondere dieser Tage und das Besondere ihrer Freude, ihrer gemeinschaftsstiftenden Kraft ist damit aber nicht erklärt. Zunächst ist wichtig zu beachten, daß die Weltjugendtage nicht nur aus der einen Woche bestehen, in der sie für die Welt öffentlich sichtbar werden. Ein langer äußerer und innerer Weg führt auf sie zu. Das Kreuz wandert durch die Länder, begleitet vom Bild der Mutter des Herrn. Der Glaube braucht auf seine Weise das Sehen und Berühren. Die Begegnung mit dem Kreuz, das angefaßt und getragen wird, wird zu innerer Begegnung mit dem, der am Kreuz für uns gestorben ist. Die Begegnung mit dem Kreuz erinnert die jungen Menschen inwendig an den Gott, der Mensch werden und mit uns leiden wollte. Und wir sehen die Frau, die er uns als Mutter gegeben hat. Die festlichen Tage sind nur der Höhepunkt eines langen Weges, in dem man aufeinander und auf Christus zugeht. In Australien ist nicht zufällig der lange Kreuzweg durch die Stadt zum Höhepunkt der Tage geworden. Er faßte noch einmal zusammen, was in den Jahren zuvor geschehen war und wies auf den hin, der uns alle zusammenführt: den Gott, der uns bis ans Kreuz liebt. So ist auch der Papst nicht der Star, um den alles kreist. Er ist ganz und nur Stellvertreter. Er verweist auf den anderen, der in unserer Mitte ist. Endlich ist die festliche Liturgie deshalb der Mittelpunkt des Ganzen, weil in ihr geschieht, was wir nicht machen können und doch immer erwarten. ER ist gegenwärtig. ER tritt zu uns herein. Der Himmel ist aufgerissen, und das macht die Erde hell.
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Text: Fides et Forma
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bilder: Fides et Forma