Pater Pio und die Alte Messe – Eindrücke von San Giovanni Rotondo 2


Pater Pio links alte Kirche von 1540 rechts mittlere Kirche von 1960(San Gio­van­ni Roton­do) Den Kon­trast­punkt zur irri­tie­ren­den neu­en Wall­fahrts­kir­che mit der inzwi­schen letz­ten Ruhe­stät­te des hei­li­gen Pater Pio (sie­he den Bericht Ein­drücke von San Gio­van­ni Roton­do 1) bil­det die alte klei­ne Kir­che des ein­sti­gen Klö­ster­chens. Die erhal­ten geblie­be­nen Tei­le des Klo­sters und die Fas­sa­de der Kir­che ver­mit­teln noch heu­te einen Ein­druck, wie Pater Pio den Ort erlebt haben muß, als er 1916 zum ersten Mal auf die Hoch­ebe­ne des Gar­ga­no kam. Im Ver­gleich zur Gigan­to­ma­nie der neu­en Kir­che scheint das 1540 ent­stan­de­ne Klö­ster­chen ver­schwin­dend unbe­deu­tend. Und den­noch hat es in der Welt­ab­ge­schie­den­heit die­ser Halb­in­sel, andert­halb Kilo­me­ter von einem beschei­de­nen Ort ent­fernt, dem ein­zi­gen bewohn­ten Ort in wei­tem Umkreis, zwei Hei­li­ge in sei­nen Mau­ern beherbergt.

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Betritt man das alte Got­tes­haus fühlt man sich wie­der „zu Hau­se“ in der Kir­che. Der Anblick ver­söhnt. Die Kir­che hat Weih­was­ser­becken, Knie­bän­ke, Taber­na­kel und man staunt, kei­nen Volks­al­tar. Nach der Wei­he der mitt­le­ren Kir­che 1960 war die alte Kir­che nicht mehr wich­tig, ja so unwich­tig, daß man sie bei den Umge­stal­tun­gen nach der Lit­ur­gie­re­form ver­ges­sen zu haben scheint. Sie blieb in der ursprüng­li­chen Form erhalten.

Alte Kirche ohne Volksaltar: Pater Pio zelebrierte hier mehr als 40 Jahre die „Alte Messe“

Alte Klosterkirche San Giovanni Rotondo mit GnadenbildIn die­ser klei­nen, der Got­tes­mut­ter geweih­ten Kir­che zele­brier­te Pater Pio mehr als 40 Jah­re lang die hei­li­ge Mes­se. Eine Gedenk­ta­fel erin­nert dar­an. Ein Gna­den­bild der Got­tes­mut­ter mit Jesus­kind grüßt vom Hoch­al­tar­bild. Ein deut­scher Prie­ster mitt­le­ren Alters zele­briert gera­de, im Novus Ordo, aus­ge­spro­chen wür­dig und mit einer Selbst­ver­ständ­lich­keit ad Domi­num. Spä­ter sehe ich ihn noch ein­mal vor der Kir­che, im Talar, einen deut­schen Prie­ster. Ein ganz unge­wöhn­li­cher, erbau­li­cher Anblick.

Der hei­li­ge Pater Pio zele­brier­te Zeit sei­nes Lebens im Alten Ritus. Die seit 1965 umge­setz­te Lit­ur­gie­re­form lehn­te er ab. Dar­an ändert auch nichts, daß eini­ge sei­ner Mit­brü­der spä­ter die­se Tat­sa­che zu ver­schlei­ern, teils sogar zu leug­nen ver­such­ten. Von weit her ström­ten die Gläu­bi­gen, um den Hei­li­gen bei der Zele­bra­ti­on des hei­li­gen Meß­op­fers zu sehen. In der zwei­tau­send­jäh­ri­gen Geschich­te war er der ein­zi­ge Prie­ster, der für alle das Lei­den Jesu Chri­sti auf dem Kal­va­ri­en­berg sicht­bar dar­stell­te. Gol­go­ta wur­de in Pater Pio bei jeder Hei­li­gen Mes­se auf ganz außer­ge­wöhn­li­che Wei­se gegen­wär­tig. Der Prie­ster, der im Meß­op­fer stell­ver­tre­tend für Chri­stus steht, erhielt im Kapu­zi­ner von Piet­rel­ci­na ganz pla­sti­schen Aus­druck. Die Men­schen sahen mit ihren Augen nicht nur im über­tra­ge­nen Sinn, son­dern ganz real den Gekreu­zig­ten in der Gestalt des Hei­li­gen am Altar ste­hen, wenn er die Wand­lungs­wor­te sprach und in sei­nen stig­ma­ti­sier­ten Hän­den die kon­se­krier­te Hostie als wah­ren Leib und den Kelch mit dem wah­ren Blut Chri­sti hielt.

Um so befremd­li­cher wirkt der Wider­spruch des moder­nen Kir­chen­hal­len­neu­baus und die damit ver­bun­de­ne moder­ni­sier­te Umdeu­tung  des Hei­li­gen, letzt­lich auch durch die von ihm nie zele­brier­te Neue Messe.

Alte Kirche einer Gemeinschaft der Tradition überlassen

Alte Kirche San Giovanni Rotondo kein VolksaltarWas in San Gio­van­ni Roton­do fehlt, ist daher die Zele­bra­ti­on des hei­li­gen Meß­op­fers in der über­lie­fer­ten Form des Römi­schen Ritus. Alles in San Gio­van­ni Roton­do ist der Erin­ne­rung an Pio da Piet­rel­ci­na gewid­met. Doch das, was die­sem Gedächt­nis und sei­nem Erbe am mei­sten ent­spre­chen wür­de, fehlt. Da wirkt es gera­de­zu wie ein Wink der Vor­se­hung, daß die alte Klo­ster­kir­che dem Umbau nach der Lit­ur­gie­re­form ent­gan­gen ist. Die Grö­ßen­ord­nun­gen spre­chen für sich: bie­tet die neue Kir­che 7000 Gläu­bi­gen Sitz­platz, die mitt­le­re Kir­che 700, so mögen es in der alten Kir­che viel­leicht nur 70 sein. Aber in die­ser schein­bar unbe­deu­ten­den Klein­heit steckt die geball­te Iden­ti­tät des geleb­ten katho­li­schen Glau­bens und das wah­re Erbe des gro­ßen, begna­de­ten Hei­li­gen unse­rer Tage, dem Mil­lio­nen von Gläu­bi­gen in Anhäng­lich­keit ver­bun­den sind.

Mein Vor­schlag im Augen­blick die­ser Ein­drücke daher: Die alte, klei­ne, anschei­nend unbe­deu­tend­ste der drei Kir­chen soll­te einer Gemein­schaft der Tra­di­ti­on über­las­sen wer­den. Da der Kapu­zi­ner­or­den die Kir­che natür­lich nicht abtre­ten wird, könn­te er sie aber zumin­dest für die regel­mä­ßi­ge Fei­er des hei­li­gen Meß­op­fers im Alten Ritus über­las­sen. Dazu wür­den sich die Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta eig­nen, um nur eine Gemein­schaft zu nen­nen, da sie wie die Kapu­zi­ner Söh­ne des hei­li­gen Franz von Assi­si sind. Das wür­de dem Erbe des gro­ßen Hei­li­gen mit den Wund­ma­len des Gekreu­zig­ten ent­spre­chen und wür­de einen Keim der kirch­li­chen Erneue­rung nach San Gio­van­ni Roton­do zurück­brin­gen, der sicher rei­che Frucht brächte.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Giu­sep­pe Nardi

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