Drei Kardinäle, zwei Erzbischöfe und Vatikansprecher für Kompromiß mit Homosexuellen – Was macht Papst Franziskus?


Karl Lwanga und Gefährten: 1886 ermordet, weil sie sich wegen ihres Glaubens den homosexuellen Gelüsten ihres Königs widersetzten(Rom) Seit Papst Bene­dikt XVI. sei­nen Rück­tritt bekannt­gab, häu­fen sich die Stim­men kirch­li­cher Wür­den­trä­ger, die zum The­ma Homo­se­xua­li­tät ein Arran­ge­ment mit einer star­ken Strö­mung in der öffent­li­chen Mei­nung sucht. Poli­ti­sche Par­tei­en, Regie­run­gen, füh­ren­de Medi­en rei­ten das rosa-lila Pferd. Sie för­dern die Homo­se­xua­li­sie­rung der Gesell­schaft, ein­schließ­lich der Gesetz­ge­bung. Ent­schei­den­de Knack­punk­te sind die recht­li­che Aner­ken­nung einer „Homo-Ehe“ und das Adop­ti­ons­recht für Homo­se­xu­el­le. Zumin­dest der­zeit. Am Hori­zont wer­den schon die näch­sten For­de­run­gen sicht­bar, wie Abschaf­fung des Geschlechts in öffent­li­chen Doku­men­ten und Erzie­hung zu einer geschlechts­lo­sen Gesell­schaft an den Schu­len. Der Phan­ta­sie sind kei­ne Gren­zen gesetzt.

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Der Druck ist groß, weil jene Kräf­te der Lin­ken und der Neo­li­be­ra­len (ein­schließ­lich der soge­nann­ten Neo­kon­ser­va­ti­ven, die viel waren aber kei­ne Kon­ser­va­ti­ven), die nach dem Zusam­men­bruch des Ost­blocks einen Burg­frie­den schlos­sen und seit­her die tra­gen­de poli­ti­sche Groß­al­li­anz bil­den, sich die Homo-Agen­da zu eigen gemacht haben. Zu einer grund­sätz­li­chen Distanz stellt die Homo-Fra­ge einen zusätz­li­chen Rei­be­punkt mit der katho­li­schen Kir­che dar. Einem Dau­er­kon­flikt, dem sich man­che Kir­chen­ver­tre­ter ent­zie­hen wol­len. Die Grün­de dafür sind viel­fäl­tig: weil sie den Kon­flikt scheu­en, aus Nai­vi­tät, weil sie den Kon­flikt und des­sen Trag­wei­te nicht rich­tig erfas­sen, aber man­che auch, weil sie mit den Homo-Ideo­lo­gen inhalt­lich übereinstimmen.

Homophile Position während des Pontifikats Benedikts XVI. verschwiegen

Zunächst ist die Fest­stel­lung inter­es­sant, daß es wäh­rend des Pon­ti­fi­kats von Papst Bene­dikt XVI. kaum dis­so­nan­te Stim­men gab. Die sich nun häu­fen­den anders­lau­ten­den Wort­mel­dun­gen zele­brie­ren gewis­ser­ma­ßen die Freu­de über das Ende des Pon­ti­fi­kats von Bene­dikt XVI. und nicht den Beginn des Pon­ti­fi­kats von Papst Fran­zis­kus. Ein klei­nes, aber wich­ti­ges Detail.

Die Posi­ti­on der katho­li­schen Kir­che wur­de zuletzt vor zehn Jah­ren ein­deu­tig defi­niert in einem Doku­ment der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on. Die Erwä­gun­gen zu den Ent­wür­fen einer recht­li­chen Aner­ken­nung der Lebens­ge­mein­schaf­ten zwi­schen homo­se­xu­el­len Per­so­nen wur­den von Papst Johan­nes Paul II. appro­biert und vom dama­li­gen Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger und dem dama­li­gen Sekre­tär der Glau­bens­kongrea­ti­on Ange­lo Ama­to, heu­te Kar­di­nal und Prä­fekt der Hei­lig­spre­chungs­kon­gre­ga­ti­on unter­zeich­net und ver­öf­fent­licht. Die Schluß­fol­ge­run­gen fas­sen den Inhalt zusammen:

„Nach der Leh­re der Kir­che kann die Ach­tung gegen­über homo­se­xu­el­len Per­so­nen in kei­ner Wei­se zur Bil­li­gung des homo­se­xu­el­len Ver­hal­tens oder zur recht­li­chen Aner­ken­nung der homo­se­xu­el­len Lebens­ge­mein­schaf­ten füh­ren. Das Gemein­wohl ver­langt, daß die Geset­ze die ehe­li­che Gemein­schaft als Fun­da­ment der Fami­lie, der Grund­zel­le der Gesell­schaft, aner­ken­nen, för­dern und schüt­zen. Die recht­li­che Aner­ken­nung homo­se­xu­el­ler Lebens­ge­mein­schaf­ten oder deren Gleich­set­zung mit der Ehe wür­de bedeu­ten, nicht nur ein abwe­gi­ges Ver­hal­ten zu bil­li­gen und zu einem Modell in der gegen­wär­ti­gen Gesell­schaft zu machen, son­dern auch grund­le­gen­de Wer­te zu ver­dun­keln, die zum gemein­sa­men Erbe der Mensch­heit gehö­ren. Die Kir­che kann nicht anders, als die­se Wer­te zu ver­tei­di­gen, für das Wohl der Men­schen und der gan­zen Gesellschaft.“

Der heilige Karl Lwanga und Gefährten von Katholiken, Anglikanern und Lutheraner geehrt – Weiß man noch warum?

Die Ver­öf­fent­li­chung des Doku­ments erfolg­te am 3. Juni 2003, dem Gedenk­tag des hei­li­gen Karl Lwan­ga und Gefähr­ten, die in Ugan­da das Mar­ty­ri­um erlit­ten. Der Tag war nicht zufäl­lig gewählt. Die drei­zehn ugan­di­schen Mär­ty­rer waren zwi­schen 14 und 30 Jah­ren alt und gehör­ten dem könig­li­chen Hof­staat an, die einen aus dem jun­gen  Adel als Pagen, die ande­ren der Leib­wa­che von König Mwan­ga II. Alle waren katho­li­schen Glau­bens. Sie star­ben auf Anord­nung von Kaba­ka Mwan­ga zer­stückelt durch das Schwert und als Göt­zen­op­fer oder wur­den auf dem Hügel von Namu­gon­go bei leben­di­gem Leib ver­brannt. Der König hat­te von ihnen ver­langt, dem christ­li­chen Glau­ben abzu­schwö­ren. Hin­ter­grund waren dabei auch die homo­se­xu­el­len For­de­run­gen des Königs, die in offe­nem Wider­spruch zur christ­li­chen Leh­re stan­den, die damals nicht nur von der katho­li­schen, son­dern auch noch von der angli­ka­ni­schen und evan­ge­lisch-luthe­ri­schen Kir­che ver­tre­ten wurde.

Seit der Ver­öf­fent­li­chung des Doku­ments zur Homo­se­xua­li­tät und den heu­te erho­be­nen gesell­schafts­po­li­ti­schen For­de­run­gen sind zehn Jah­re ver­gan­gen. 1920 wur­den Karl Lwan­ga und sei­ne Gefähr­ten von Bene­dikt XV. selig­ge­spro­chen. 1964 folg­te die Hei­lig­spre­chung durch Papst Paul VI. Jedes Jahr wird in der katho­li­schen Kir­che, aber auch in der angli­ka­ni­schen und der evan­ge­lisch-luthe­ri­schen Kir­che am 3. Juni der Mär­ty­rer von Ugan­da gedacht. „Es wäre frei­lich inter­es­sant zu wis­sen, wie vie­le die Grün­de für ihr gro­ßes Opfer ken­nen“, wie der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster meinte.

Göttliche Offenbarung zu Homosexualität nur mehr zu entledigender Ballast?

Die Angli­ka­ner und Luthe­ra­ner haben sich offi­zi­ell bereits weit­ge­hend von der christ­li­chen Leh­re zur Homo­se­xua­li­tät ver­ab­schie­det, deu­ten sie um oder ver­stecken sie ver­schämt in der Abstell­kam­mer. Auch in der katho­li­schen Kir­che gibt es Kräf­te, die den „Bal­last“ der gött­li­chen Offen­ba­rung lie­ber heu­te als mor­gen ent­sor­gen wür­den, um sich in Ein­klang mit der domi­nan­ten ver­öf­fent­li­chen Mei­nung brin­gen zu können.

Das jüng­ste Bei­spiel die­ser „neu­en Linie“ lie­fer­te God­fried Kar­di­nal Dan­neels, der eme­ri­tier­te Erz­bi­schof von Mecheln-Brüs­sel pünkt­lich zu sei­nem 80. Geburts­tag, den er am Tag nach dem Gedenk­tag der ugan­di­schen Mär­ty­rer beging.

Der bel­gi­sche Pur­pur­trä­ger war bereits, wie sein Vor­gän­ger Kar­di­nal Sue­n­ens, wegen sei­ner pro­gres­si­ven Posi­tio­nen bekannt. Offen bekann­te er 2005 sei­nen Miß­mut über die Wahl von Papst Bene­dikt XVI. und war 2010 alles ande­re als glück­lich über die Ernen­nung von Msgr. And­re-Joseph Leo­nard zu sei­nem Nach­fol­ger als Erz­bi­schof von Brüs­sel. Eben­so ist es kein Geheim­nis, daß er in die­sem Jahr zu den Wer­be­tromm­lern für die Wahl von Papst Fran­zis­kus gehörte.

Dan­neels behaup­te­te in einem Inter­view mit der nie­der­län­di­schen Tages­zei­tung De Tijd, die katho­li­sche Kir­che habe sich nie der Tat­sa­che wider­setzt, daß es eine Art von „Ehe“ zwi­schen Homo­se­xu­el­len gebe, wich­tig sei nur, daß man von einer „Art von Ehe“ spre­che, nicht aber von der wirk­li­chen Ehe zwi­schen Mann und Frau. Es sei not­wen­dig, ein neu­es Wort dafür zu prä­gen. Zur Fra­ge einer Lega­li­sie­rung durch den Staat habe die Kir­che nichts zu sagen.

Die bel­gi­sche Tages­zei­tung Le Soir füg­te in ihrem Bericht über die Dan­neels-Aus­sa­ge den amtie­ren­den Erz­bi­schof von Mecheln-Brüs­sel, Msgr. And­re-Joseph Leo­nard hin­zu, mit der Behaup­tung, auch die­ser wür­de die Posi­ti­on des Kar­di­nals tei­len. Einen Beleg für die Behaup­tung lie­fer­te die Tages­zei­tung nicht. Statt des­sen wur­de eine sol­che Behaup­tung vom Pres­se­spre­cher des Erz­bi­schofs umge­hend dementiert.

Die neue Formel: „Homo-Ehe Ja, Hauptsache man nennt sie nicht Ehe“

Was im Fal­le von Erz­bi­schof Leo­nard nicht gilt, gilt aber für ande­re hohe kirch­li­che Wür­den­trä­ger. Seit der Rück­tritts­an­kün­di­gung Bene­dikts XVI. konn­ten die Medi­en plötz­lich eine Rei­he von Wort­mel­dun­gen ver­neh­men. Sie fol­gen mehr oder weni­ger der­sel­ben Linie: Homo-Ehe ja, Haupt­sa­che man nennt sie nicht Ehe. Die vier wich­tig­sten Ver­tre­ter die­ser Linie sind, laut San­dro Magi­ster, neben Kar­di­nal Danneels:

  • Kuri­en­erz­bi­schof Pie­ro Mari­ni, der ehe­ma­li­ge päpst­li­che Zere­mo­nien­mei­ster Johan­nes Pauls II. und nun­meh­ri­ge Prä­si­dent der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on für die Eucha­ri­sti­schen Kongresse;
  • Kuri­en­erz­bi­schof Vin­cen­zo Paglia, Prä­si­dent des Päpst­li­chen Rats für die Fami­lie, der sich nach hef­ti­ger Kri­tik korrigierte;
  • Kar­di­nal Chri­stoph Schön­born, Erz­bi­schof von Wien;
  • Kar­di­nal Ruben Sala­zar Gomez, Erz­bi­schof von Bogo­ta in Kolum­bi­en, der die­se Posi­ti­on im Herbst 2012 äußer­te, aller­dings sofort einen schnel­len Rück­zie­her mach­te, bevor er zum Kar­di­nal erho­ben wur­de, um inzwi­schen wie­der sei­ne alte Posi­ti­on zu ver­tre­ten. Der Kar­di­nal dürf­te ein Para­de­bei­spiel für das sein, was Papst Fran­zis­kus als Kar­rie­ris­mus in der Kir­che kritisiert.

Die deut­li­che Ant­wort des Schwei­zer Theo­lo­gen Mar­tin Rhon­hei­mer vom Opus Dei auf die Aus­sa­gen der Kuri­en­erz­bi­schö­fe Pie­ro Mari­ni und Paglia wur­de von Catho­lic News Agen­cy ver­öf­fent­licht (und kann hier nach­ge­le­sen wer­den).

Vatikansprecher Lombardi: „Es ist der Papst, der Stellung nehmen muß“

Am ver­gan­ge­nen 24. April nahm auch der Lei­ter des Pres­se­am­tes des Hei­li­gen Stuhls, Pater Feder­i­co Lom­bar­di SJ zum The­ma Stel­lung. Auf eine Jour­na­li­sten­fra­ge zur Lega­li­sie­rung der „Homo-Ehe“ durch das fran­zö­si­sche Par­la­ment sag­te er: man müs­se „mit Deut­lich­keit beto­nen, daß die Ehe zwi­schen einem Mann und einer Frau eine spe­zi­fi­sche und fun­da­men­ta­le Insti­tu­ti­on in der Geschich­te der Mensch­heit ist. Dies bedeu­tet aber nicht, daß auf irgend­ei­ne Wei­se nicht auch ande­re For­men der Ver­bin­dung zwi­schen zwei Per­so­nen aner­kannt wer­den könnten“.

Auf die Nach­fra­ge, wie eine even­tu­el­le Reak­ti­on des Pap­stes auf die Ent­schei­dung von Paris aus­fal­len könn­te, sag­te Pater Lom­bar­di nur: „Es ist der Papst, der Stel­lung neh­men muß, ich las­se ihn sprechen.“

Papst Franziskus hat zum Thema Homosexualität und zu Konflikt in Frankreich geschwiegen

Papst Fran­zis­kus hat bis­her nichts zur fran­zö­si­schen Ent­schei­dung gesagt und auch nichts zum seit Herbst 2012 in Frank­reich toben­den poli­ti­schen Kampf, der Mil­lio­nen von Men­schen gegen die Ein­füh­rung der „Homo-Ehe“ auf die Stra­ße brach­te. Die Pari­ser Ent­schei­dung ist von Bedeu­tung, weil in Frank­reich „gleich­ge­schlecht­li­che Part­ner­schaf­ten“ als Pac­te Civi­le de Soli­da­ri­té (PACS) bereits seit zwei Jah­ren aner­kannt waren. In der Hoch­stu­fung zur „Ehe“ geht es nicht um eine inhalt­li­che, son­dern um eine ideo­lo­gi­sche Fra­ge und damit um eine geziel­te Pro­vo­ka­ti­on nicht zuletzt des Chri­sten­tums und der katho­li­schen Kir­che im beson­de­ren. Das „Schwei­gen“ des Pap­stes zum The­ma, zu dem Papst Bene­dikt XVI. kla­re Wor­te gefun­den hat­te (zuletzt in sei­ner Bot­schaft zum Welt­frie­dens­tag 2013), ist erst noch zu ent­zif­fern. Am 23. Mai äußer­te er sich dazu eben­so­we­nig, als er erst­mals die ita­lie­ni­schen Bischö­fe emp­fing, deren Pri­mas und Vor­sit­zen­der er fak­tisch „ex offi­cio“ ist.

Die feh­len­de Stel­lung­nah­me des Kir­chen­ober­haupts beflü­gelt jeden­falls jene in der Kir­che, die wie Kar­di­nal Dan­neels weni­ger Beden­ken haben, einen Teil der christ­li­chen Leh­re, die gera­de beson­ders ange­fein­det und abge­lehnt wird, „zurück­zu­stel­len“.

Der Vor­sit­zen­de der ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, Kar­di­nal Ange­lo Bag­nas­co nahm­hin­ge­gen zur Fra­ge Stel­lung und das sehr deut­lich: „Die Fami­lie darf nicht gede­mü­tigt und geschwächt wer­den durch ihr ähn­li­che Erschei­nun­gen, die ledig­lich ein getarn­tes, pro­gres­si­ves ‚vul­nus‘ gegen ihre spe­zi­fi­sche Iden­ti­tät dar­stel­len und die nicht not­wen­dig sind, um die indi­vi­du­el­len Rech­te zu schüt­zen, die bereits durch die Rechts­ord­nung garan­tiert werden“.

Schwerpunkt des Papstes zu „himmelschreienden Sünden“ liegt auf sozialen Aspekten

Nimmt man als Maß­stab, was die kate­che­ti­sche Tra­di­ti­on der katho­li­schen Kir­che als pec­ca­ta cla­man­tia bezeich­net, als Sün­den, die zum Him­mel schrei­en, wie sie sowohl im Kate­chis­mus von Pius X. als auch im Kate­chis­mus von Johan­nes Paul II. genannt wer­den, hat Papst Fran­zis­kus bis­her einen ein­deu­ti­gen Schwer­punkt gesetzt. Das gilt sowohl für sei­ne Pre­dig­ten als auch für sei­ne Anspra­che an die neu­en beim Hei­li­gen Stuhl akkre­di­tie­ren Diplo­ma­ten. Mit dem Fin­ger zeigt er auf die sozia­len Aspek­te der bei­den im Kate­chis­mus zuletzt genann­ten him­mel­schrei­en­den Sün­den: auf die Unter­drückung der Armen (Kla­ge der Frem­den, der Wit­wen und Wai­sen) und den gerech­ten Lohn, der den Arbei­tern vor­ent­hal­ten wird. Bis­her nahm er noch nicht zur Sün­de der Sodo­mi­ten Stel­lung, also der Homo­se­xu­el­len, die im Kate­chis­mus an zwei­ter Stel­le genannt wird und eben­falls als him­mel­schrei­end gilt (KKK 1867).

Am 19. März, sechs Tage nach der Wahl von Papst Fran­zis­kus, am Tag sei­ner Amts­ein­füh­rung in Rom schrieb die links­li­be­ra­le New York Times, daß Jor­ge Mario Berg­o­glio 2009/​2010, als in Argen­ti­ni­en der Kon­flikt um die Ein­füh­rung der „Homo-Ehe“ ent­brann­te, sich für eine Kom­pro­miß­lö­sung durch staat­li­che Aner­ken­nung “gleich­ge­schlecht­li­cher Part­ner­schaf­ten“ aus­ge­spro­chen hätte.

Wie ist Haltung Kardinal Bergoglios bei argentinischer Legalisierung der „Homo-Ehe“ zu interpretieren?

Seit­her ist umstrit­ten, was in Argen­ti­ni­en damals wirk­lich vor­ge­fal­len ist. Gemäß einer glaub­wür­di­gen Rekon­struk­ti­on der Ereig­nis­se durch John Allen den seri­ös arbei­ten­den Vati­ka­ni­sten des pro­gres­si­ven Natio­nal Catho­lic Repor­ter, dis­ku­tier­te die argen­ti­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz über die Posi­ti­on, die die Kir­che gegen­über dem Gesetz­ent­wurf ein­neh­men soll­te. Am Ende setz­te sich nicht die Posi­ti­on der „Tau­ben“ durch, die von Kar­di­nal Berg­o­glio ange­führt wur­den, son­dern die der „Fal­ken“, deren Wort­füh­rer der Erz­bi­schof von La Pla­ta, Hec­tor Ruben Aguer war.

Der Kon­flikt in der argen­ti­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz ist von beson­de­rer Bedeu­tung für die aktu­el­le Situa­ti­on. Es ging dabei näm­lich um die Fra­ge, ob ein Kom­pro­miß akzep­ta­bel sei oder nicht, der „zivi­le Part­ner­schaf­ten“ aner­kennt, ohne das Wort „Ehe“ zu gebrauchen.

Um so bemer­kens­wer­ter ist ein Schrei­ben von Kar­di­nal Berg­o­glio eini­ge Zeit nach der Sit­zung der Bischofs­kon­fe­renz, aber weni­ge Wochen vor der Bil­li­gung der umstrit­te­nen „Homo-Ehe“ am 15. Juli 2010 durch das argen­ti­ni­sche Par­la­ment. Der Erz­bi­schof von Bue­nos Aires wand­te sich in dem Brief an die vier Kar­me­li­tin­nen­klö­ster sei­ner Erz­diö­ze­se (die eng­li­sche Über­set­zung des Brie­fes kann hier gele­sen wer­den). Dar­in leg­te er dar, daß es bei der Fra­ge nicht nur um einen Geset­zes­ent­wurf gehe, son­dern „um eine Akti­on des Vaters der Lüge der die Kin­der Got­tes zu ver­wir­ren und zu betrü­gen ver­sucht“. Der Kar­di­nal bat die Klö­ster, Gott anzu­ru­fen, damit er den hei­li­gen Geist auf die Sena­to­ren her­ab­sen­det, damit sie nicht vom Irr­tum getrie­ben abstim­men, son­dern gemäß dem Natur­recht und dem Gesetz Gottes.

Bergoglio: Bei „Homo-Ehe“ ist der Teufel am Werk – Stilles Gebet statt öffentliche Kundgebungen?

Der dama­li­ge Kar­di­nal und heu­ti­ge Papst sah im neu­en Gesetz den „Teu­fel“ am Werk, „durch den die Sün­de in die Welt kam“ und der „arg­li­stig ver­sucht, das Ange­sicht Got­tes, das heißt von Mann und Frau zu zer­stö­ren, die das Gebot erhiel­ten, sich zu ver­meh­ren und sich die Welt unter­tan zu machen“.

Bereits 2005 hat­te Kar­di­nal Berg­o­glio in einem Vor­wort zu einem Buch über die Zukunft Latein­ame­ri­kas geschrie­ben, daß Geset­ze, wie jene zur Lega­li­sie­rung der „Homo-Ehe“ Aus­druck „einer impe­ria­li­sti­sche Auf­fas­sung von Glo­ba­li­sie­rung“ sei­en, die „den gefähr­lich­sten Tota­li­ta­ris­mus der Post­mo­der­ne darstellt“.

Um auf die Her­aus­for­de­rung zu reagie­ren, ver­trau­te der Kar­di­nal 2010 offen­sicht­lich mehr auf das Gebet der Klau­sur­schwe­stern als auf öffent­li­che Erklä­run­gen und Kund­ge­bun­gen. Es gibt bis­her kei­ne Anzei­chen, daß er als Papst sei­ne Linie dies­be­züg­lich geän­dert hat. Wel­che Aus­wir­kun­gen hat eine sol­che Hal­tung für die öffent­li­che Ver­ant­wor­tung der Kirche?

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: santibeati

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