Kritik an Missale-Neuübersetzung: Durch amerikanischen Klerus oder progressive Medien?


Missale Romanum englische Neuübersetzung(Washing­ton) Man­che kön­nen nicht aus ihrer Haut. Schon gar nicht aus der anti­rö­mi­schen. Dazu gehört der Natio­nal Catho­lic Repor­ter (NCR), das Flagg­schiff unter den pro­gres­si­ven US-Katho­li­ken. Mit einem aus­führ­li­chen Bei­trag beklagt die Zeit­schrift die Neu­über­set­zung des Mis­sa­le Roma­num ins Englische.

Anzei­ge

Papst Johan­nes Paul II. und Papst Bene­dikt XVI. for­der­ten eine Über­ar­bei­tung aller volks­sprach­li­chen Über­set­zun­gen. Maß­stab dafür soll­te eine mög­lichst enge Anleh­nung an das latei­ni­sche Ori­gi­nal sein. Defi­zi­te der aus den 70er Jah­ren nach der Lit­ur­gie­re­form stam­men­den Über­set­zun­gen soll­ten damit beho­ben wer­den. Defi­zi­te, die theo­lo­gi­sche Unklar­hei­ten, Unge­nau­ig­kei­ten und Quel­len von Miß­ver­ständ­nis­sen besei­ti­gen soll­ten. Dazu gehört auch die Über­set­zung des pro mul­tis in den Wand­lungs­wor­ten mit für vie­le statt für alle. Die Grün­de, wes­halb der Papst eine näher dem Ori­gi­nal fol­gen­de Über­set­zung wünsch­te, leg­te Bene­dikt XVI. in einem Schrei­ben vom 14. April 2012 an die deut­schen Bischö­fe dar. Grob ver­ein­fa­chend gesagt, gilt es den miß­ver­ständ­li­chen Ein­druck zu ver­mei­den, Erlö­sung sei eine Form von Auto­ma­tis­mus nach dem Mot­to: „Wir sind alle lieb, alle Kin­der Got­tes und ohne­hin alle gerettet“.

Die eng­li­sche Neu­über­set­zung des Mis­sa­le ist seit 2011 für den gesam­ten eng­lisch­spra­chi­gen Raum in Gebrauch.

National Catholic Reporter versucht Richtigkeit progressiver Kritik zu belegen – durch progressive Stimmen

Der Natio­nal Catho­lic Repor­ter wehr­te sich sei­ner­zeit gegen die Neu­über­set­zung, sah dar­in einen Rück­schritt, eine römi­sche Ein­mi­schung und vor allem einen neu­en Exklu­si­vis­mus durch die Pro-mul­tis-Über­set­zung. Der Wider­stand fruch­te­te nichts. Die zustän­di­gen Stel­len setz­ten die gewünsch­te Reform des Pap­stes um.

Die Neu­über­set­zung, so NCR, habe eine gan­ze Rei­he von bedeu­tungs­vol­len Ver­än­de­run­gen gebracht. Als ein­schnei­den­de Ver­än­de­rung wird die Über­set­zung Et cum spi­ri­tu tuo kri­ti­siert. Für Katho­li­ken des roma­ni­schen Sprach­raums sei die Über­set­zung Und mit dei­nem Gei­ste „natür­lich“, so der NCR, nicht aber für eng­lisch­spra­chi­ge Katho­li­ken. Die Neu­über­set­zung sieht ein prä­zi­ses And with your spi­rit vor, wäh­rend es bis­her And also with you hieß. Für Joshua J. Mc Elwee, den Autor des NCR-Arti­kels ist das eine „über­trie­be­ne wört­li­che Anleh­nung an den latei­ni­schen Text des Mis­sa­le Roma­num“ und „Grund der Skep­sis“ unter den Prie­stern, denn dadurch sei „die Spra­che für die mei­sten unver­ständ­lich gewor­den“. Wenn er es sagt.

Die pro­gres­si­ve Lar­moy­anz bringt der Ver­ant­wort­li­che der Natio­nal Fede­ra­ti­on of Priests Councils (NFPC) auf den Punkt: Die Prie­ster sei­en durch die Ein­füh­rung der Neu­über­set­zung in eine „unhalt­ba­re Posi­ti­on“ ver­setzt wor­den, weil „gezwun­gen zwi­schen der Treue zum Lehr­amt oder der Hil­fe für das Wachs­tum des Got­tes­vol­kes zu wäh­len“. Die 1965 gegrün­de­te Natio­nal Fede­ra­ti­on of Priests Coun­cils ver­tritt pro­gres­si­ve Stand­punk­te vom Wider­stand gegen die Enzy­kli­ka Hum­a­nae vitae von Paul VI. bis zum Beschluß auf der Voll­ver­samm­lung 1971 den ver­pflich­ten­den Zöli­bat für Prie­ster abzu­schaf­fen. Ent­spre­chend gespannt war das Ver­hält­nis der NFPC mit der Bischofs­kon­fe­renz und dem Vati­kan. Und umso näher ein wohl­wol­len­des Ver­hält­nis zum Natio­nal Catho­lic Repor­ter.

Die Haupt­kri­tik im NCR-Arti­kel rich­tet sich ein­mal mehr gegen Rom. Es wird beklagt, daß die Neu­über­set­zung top-down von oben durch das römi­sche Lehr­amt durch­ge­setzt wor­den sei. Rom habe die Mei­nung der Prie­ster nicht berück­sich­tigt, so der NFPC-Vor­sit­zen­de Antho­ny Cutcher.

NCR läßt auch Bischof Robert Brom von San Die­go in Kali­for­ni­en zu Wort kom­men, der zu den „dienst­äl­te­sten“ und rang­höch­sten Kri­ti­kern der Neu­über­set­zung gehört. Für Bischof Brom sei das neue Mis­sa­le „mehr Last als Segen“ für sei­ne Prie­ster. Sei­ne Diö­ze­se zahl­te bereits 200 Mil­lio­nen US-Dol­lar an Schmer­zens­geld an Opfer von sexu­el­lem Miß­brauch durch Kle­ri­ker und steht vor dem finan­zi­el­len Kol­laps. Papst Bene­dikt XVI. ernann­te 2012 Msgr. Ciri­lo Flo­res, den er 2009 zum Weih­bi­schof beru­fen hat­te, zum Bischof­ko­ad­ju­tor von Bischof Brom mit Nachfolgerecht.

Hausgemachte Umfragen progressiver Medien bestätigen eigene Position

Nach­tra­gend sucht der Natio­nal Catho­lic Repor­ter 2013 die trot­zi­ge Revan­che, indem er den Ein­druck erwecken will, daß die Mehr­heit der ame­ri­ka­ni­schen Prie­ster andert­halb Jah­re nach der Ein­füh­rung des neu­über­setz­ten Mis­sa­le damit unzu­frie­den sei. Zum Beweis wird eine Stu­die der Saint John’s School of Theo­lo­gy in Min­ne­so­ta ange­führt. Laut deren Erhe­bung sei­en 41 Pro­zent mit dem neu­en Mis­sa­le zufrie­den, 59 Pro­zent der Prie­ster in den USA aber nicht. Durch­ge­führt wur­de die Erhe­bung unter der Lei­tung des Bene­dik­ti­ners God­froy Diek­mann vom Zen­trum für patri­sti­sche und lit­ur­gi­sche Stu­di­en an der Saint John’s School of Theo­lo­gy. Die Erhe­bung fand zwi­schen dem 21. Febru­ar und 6. Mai statt. 61 Pro­zent der Ant­wor­ten­den wür­de sogar eine „drin­gen­de“ Über­ar­bei­tung der Über­ar­bei­tung wün­schen. Die Stu­die begei­stert die NCR-Redak­ti­on, scheint sie deren „Beden­ken“ zu bestätigen.

Aller­dings ist die Erhe­bung nicht reprä­sen­ta­tiv, wie Msgr. Andrew Wads­worth, der Direk­tor der Inter­na­tio­nal Com­mis­si­on on Eng­lish in the Lit­ur­gy (ICEL) der eng­lisch­spra­chi­gen Bischofs­kon­fe­ren­zen hin­weist. Das Zen­trum von Pater Diek­mann kon­tak­tier­te alle 178 Diö­ze­sen der USA mit der Ein­la­dung, alle Prie­ster den vor­be­rei­te­ten Fra­ge­bo­gen aus­fül­len zu las­sen. Nur aus 32 Diö­ze­sen gin­gen Rück­mel­dun­gen ein, was einem Anteil von 17,9 Pro­zent ent­spricht. 1536 Prie­ster haben den Online-Fra­ge­bo­gen aus­ge­füllt, das aber sind gera­de ein­mal 3,7 Pro­zent aller US-Prie­ster. „Die Erhe­bung zeigt nur, daß die Neu­über­set­zung eini­gen Prie­stern nicht gefällt“, so Msgr. Wadsworth.

Die Erhe­bung wur­de von vie­len Prie­stern offen­sicht­lich nicht für rele­vant gehal­ten oder sogar abge­lehnt. Offen abge­lehnt wur­de die Betei­li­gung an der Erhe­bung von den bei­den Lit­ur­gie­ver­ant­wort­li­chen der ame­ri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz Msgr. Rick Hil­gart­ner, dem Direk­tor der Lit­ur­gie­kom­mis­si­on und von Bischof Gre­go­ry Aymond, dem Vor­sit­zen­den der­sel­ben. Ein deut­li­ches Signal an die Bischö­fe und Prie­ster, das sei­ne Wir­kung offen­sicht­lich nicht ver­fehl­te. Glei­ches gilt für Dani­el Kar­di­nal DiNar­do, den Bischof von Galveston-Houston.

„Absolute Notwendigkeit“, daß Übersetzung „ohne Auslassungen, Hinzufügungen und Umschreibungen“ dem Original „maximal treu“ ist

Erst gar nicht geant­wor­tet hat Timo­thy Kar­di­nal Dolan, der Erz­bi­schof von New York und Vor­sit­zen­de der ame­ri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz. Eben­so­we­nig der Austra­li­er Geor­ge Kar­di­nal Pell, der für die Erhe­bung kon­tak­tiert wur­de, weil er Vor­sit­zen­der des Komi­tees Vox Cla­ra war. Das 2001 gebil­de­te, der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on zuge­ord­ne­te Komi­tee ist für die Über­set­zung der latei­ni­schen lit­ur­gi­schen Tex­te ins Eng­li­sche zustän­dig. Kar­di­nal Pell ist einer der acht Kar­di­nä­le, die Papst Fran­zis­kus in sein neu­es Bera­tungs­gre­mi­um geru­fen hat. Mit der Instruk­ti­on Lit­ur­giam authen­ti­cam, von 2001 bekräf­tig­te die Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on mit Zustim­mung des Pap­stes die „abso­lu­te“ Not­wen­dig­keit einer maxi­ma­len Treue zum latei­ni­schen Ori­gi­nal „ohne Aus­las­sun­gen oder Hin­zu­fü­gun­gen“ und „ohne Umschrei­bun­gen oder Glossen“.

Bereits im Dezem­ber 2012 hat­te das Cen­ter for Applied Rese­arch in the Apo­sto­la­te (CARA) an der George­town Uni­ver­si­ty eine Umfra­ge unter Katho­li­ken durch­ge­führt. Befragt wur­den 1.047 Erwach­se­ne, die sich selbst als Katho­li­ken bezeich­ne­ten. Die Umfra­ge ergab, daß 70 Pro­zent der Katho­li­ken die Neu­über­set­zung für eine „gute Sache“ halten.

Wie NCR in den USA so The Tablet in England: der Feind sitzt in Rom

Es erstaunt nicht, daß die in Lon­don erschei­nen­de katho­li­sche Wochen­zei­tung The Tablet bereits zu ähn­li­chen Ergeb­nis­sen wie der Natio­nal Catho­lic Regi­ster gekom­men ist. The Tablet bezeich­net sich als Organ des „pro­gres­si­ve, but respon­si­ble Catho­lic thin­king“. Laut Tablet äußer­ten sich in einer von der Wochen­zei­tung durch­ge­führ­ten Umfra­ge zwi­schen 5. Dezem­ber 2012 und 9. Janu­ar 2013 70 Pro­zent der befrag­ten eng­li­schen Katho­li­ken kri­tisch zur Neu­über­set­zung des Mis­sa­le. Die Spra­che sei „zu gewählt“ und manch­mal „unver­ständ­lich“. Vor allem stößt sich auch The Tablet an der Strei­chung des für alle für pro mul­tis. Auch hier staunt Msgr. Wads­worth dar­über, wor­an sich man­che sto­ßen: Laut The Tablet unter ande­rem an con­sub­stan­ti­al with the Father (con­sub­stan­tia­lem Patri) statt one in Being with the Father im Niz­ä­no-Kon­stan­ti­no­po­li­ta­ni­schen Glau­bens­be­kennt­nis, aber auch an Cha­li­ce der in den Wand­lungs­wor­ten Cup ersetzte.

Aber im deut­schen Sprach­raum wird ja wei­ter­hin bei den Wand­lungs­wor­ten für alle statt für vie­le gespro­chen, trotz der unzwei­deu­ti­gen Auf­for­de­rung von Papst Bene­dikt XVI., den Wider­stand gegen die Annä­he­rung an das latei­ni­sche Ori­gi­nal auf­zu­ge­ben. Die öster­rei­chi­sche Bischofs­kon­fe­renz erklär­te, das für alle blei­be in Gel­tung bis zur Ein­füh­rung eines neu­en Mis­sa­le. Der Wider­stand ist ein Indiz für zwei unter­schied­li­che Ver­ständ­nis­for­men, bei der auf einer Sei­te eine ver­schwom­me­ne Aller­lö­sungs­theo­rie mitschwingt.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: EWTN

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!