(Rom) Zu den öffentlichen Äußerungen verschiedener Bischöfe Apuliens über ihr Zusammentreffen mit Papst Franziskus wurden bereits mehrere Beiträge veröffentlicht (Papst Franziskus und die Liturgie: bischöfliche Indiskretionen – Warum Guido Marini nicht entlassen wurde; „Die alte Messe wird nicht angeührt“; Papst überrascht erneut alle – Nein zu Rücknahme von Summorum Pontificum: Es braucht das Neue und das Alte) Nicht fehlen darf eine Stellungnahme des aus Apulien stammenden katholischen Kultur- und Kunstkritikers Francesco Colafemmina als „direkt Betroffener“. Colafemmina stellt in seiner gewohnt wortmächtigen, für deutsche Ohren ungewohnten Polemik die Bischöfe in den Mittelpunkt seiner Kritik und beklagt die kirchenpolitischen Absichten derselben, denen er vorwirft, ihren Pflichten nicht nachzukommen.
von Francesco Colafemmina
Herabsetzen was oben ist und erhöhen, was unten ist. Ein extrem klares Programm, wenn auch mit ungewissem Ausgang. Das ist das derzeitige Programm eines Teils der katholischen Kirche. Man lichtet da und dort mit der Machete und ob die Kommunion im Stehen empfangen und ohne Patene ausgeteilt wird, ob auf dem Altar zwei oder sieben Kerzenleuchter stehen, ob der Papst weiß oder schwarz gekleidet ist, spielt dabei keine Rolle. Was zählt, ist das Essentielle, und das ist ein inklusiver Gott, dessen Apostel ungehobelte Intolerante waren und dessen Kirche für Jahrhunderte die „Kirche des Nein“ war, eine dermaßen abartige Kirche, daß sie sogar Kriege, Kreuzzüge im Namen Gottes führte.
Und vielleicht wäre es besser gewesen, sich vor tausend Jahren vernichten und konvertieren zu lassen. Wir hätten heute ein alles überragendes Minarett in Wien statt des Südturms des Stephansdoms und eine gewaltige Moschee statt des Petersdoms. Dafür müßten wir nicht auf Radio Vatikan Besprechungen von Kinofilmen hören, die sexuelle Akte überdrehter lesbischer Teenager feiern, als handle es sich um die hohen Ideale eines Romans der Schwestern Brontà«. Wir müßten nicht Kardinal Bagnasco sehen, wie er die Eucharistie (konzeptionell zu einem einfachen Stück Brot reduziert) einem notorischen Perversling gibt, dessen Spiritualität mindestens ebenso konfus ist wie seine sexuelle Identität. Wir müßten nicht die heute so in Mode stehenden unschlüssigen Predigten anhören, die normalerweise mit wenig Salz, aber vielen in Essig eingelegten Chili-Schoten zubereitet und mit ein bißchen Gott aus der Spraydose garniert sind.
Tristes Schicksal eines dekadenten Katholizismus, wie ihn die europäische Gesellschaft hervorgebracht hat. 50 Jahre permanente Revolution und das ist das Ergebnis: eine verwahrloste Kirche, die ihren Pflichten nicht nachkommt, eingeschüchtert von der Macht, die ein Komplize der vorherrschenden weltlichen Ideologien ist.
Und dann beklagen wir uns, daß die Kirchenneubauten widerlich sind … Wie könnte ein in ewig langweiliger Exzentrik eingetauchter Klerus die großartigen Kirchen der Vergangenheit bauen? Es ist schon viel, wenn solche Priester imstande sind, sich eine einigermaßen dezente Kasel anzulegen, geschweige denn, daß die Kirchen … Man diskutiert dann mit emotionalem Bangen über die jüngsten Auslassungen der gesprächigen apulischen Bischöfe, die alle einzig auf die „Heiligsprechung“ des Papstes ausgerichtet sind. Natürlich. In Wirklichkeit dienen sie nur deren eigener Rechtfertigung.
Da ist Msgr. di Molfetta: während er daran denkt, im Dom von Cerignola eine neue Krypta zu bauen, um einen würdigen Platz für seinen erhabenen Leichnam am fernen Tag seines Ablebens zu schaffen, will er in der Öffentlichkeit franziskanischer als Papst Franziskus erscheinen und schmückt sich mit den päpstlichen Botschaften über die Armut und die Kirche, die bis an die Ränder vordringt.
Ebenso Msgr. Padovano, dessen Ziel es ist, den Nachweis zu erbringen, daß der „Traditionalismus“ Gegenstand der „Wachsamkeit“ sein müsse (ein Begriff, der normalerweise dem Antisemitismus gilt) und sich integrieren müsse, mindestens so wie Msgr. Marini es dem Papst gegenüber muß, wenn schon nicht mehr erreicht werden kann. Die unterschwellige Botschaft richtet sich an manchen Consultor des Amtes für die liturgischen Zelebrationen des Papstes und dessen Anhänger in Apulien, die bei Msgr. Padovano unbeliebt sind.
Und schließlich Msgr. Martella, angestrengt fixiert auf Don Tonino Bellistas Kult der Armut und Aufnahme. Das sind unsere Bischöfe, wir respektieren sie und wir haben sie gern, wir werden von ihnen aber weniger Gerede und mehr Fakten verlangen!
So und weil ich das gesagt habe, bin ich vielleicht ein deprimierter, säuerlicher oder tragischer Katholik? Nein, ich bin glücklich, weil ich glaube und weil ich noch imstande bin, die Schöpfung zu betrachten und mir im Dschungel des Häßlichen und des Unförmigen Platz zu machen verstehe, um das Schöne auch in den kleinen Dingen zu suchen. Aber ich bin auch ein verärgerter Katholik! Ich habe die Rhetorik der guten Absichten und die Doppeldeutigkeiten des Gutmenschendiskurses satt. Ich möchte bei denen Hingabe sehen, die über den Glauben wachen müßten. Statt dessen sehe ich einen unermüdlichen Wettlauf, der Welt hinterherzurennen.
Herr, hab Erbarmen, bekehre sie, schenke ihnen mehr Licht, denn trotz allem tappen sie noch immer im Dunkeln.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bilder: Fides et Forma