(Rom) Papst Franziskus empfing gestern Velasio Kardinal De Paolis CS in Privataudienz. Der Päpstliche Delegat und damit kommissarische Leiter der Legionäre Christi berichtete Papst Franziskus über die positive Entwicklung des Ordens. Er teilte dem Papst mit, daß die für Ende 2013 geplante Einberufung eines Generalkapitels ordnungsgemäß erfolgen kann. Das Generalkapitel soll die neuen Ordensregeln beschließen und eine neue, eigenständige Ordensleitung wählen.
„Die Kongregation hat einen sehr schwierigen Moment in ihrer Geschichte erlebt, geprägt durch die Sünde, durch Entmutigung und Demütigung“, so Kardinal De Paolis. „Fast die Gesamtheit der Priester, obwohl von allen Seiten bedrängt, wie der heilige Paulus sagt, hat ihren Weg fortgesetzt, ließ sich nicht entmutigen, sondern hielt an der eigenen Berufung fest. Die pars destruens ist zu Ende, nun wird die pars costruens Papst Franziskus und der Weltkirche eine starke und lebendige Wirklichkeit übergeben, die bereichert um die wachsende Rolle von Regnum Christi ist“.
Anders als annehmbar verließen nur verhältnismäßig wenige Priester die Legion. Vor allem dauert das Wachstum des Ordens an. Die vorhergesagten Einbrüche bei den Priesterberufungen traten nicht ein. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Orden der katholischen Kirche erlebt die Legion einen ungebrochenen Zustrom. Der Kirchenhistoriker und katholische Blogger Francisco de la Cigoña schrieb zum auch hier veröffentlichten aktuellen Bild des Noviziats der Legion Christi in Salamanca: „Das Foto ist atemberaubend. Nach so vielen Widrigkeiten… Gott segnet die erneuerte Legion Christi. Anders läßt sich das so erfreuliche Bild nicht erklären.“
Die Legion zählt heute rund 1000 Priester. Am 15. Dezember 2012 weihte Kardinal De Paolis 44 Neupriester in der Lateranbasilika in Rom, darunter auch ein Priester aus dem deutschen Sprachraum. Im Orden bereiten sich derzeit rund 2000 Seminaristen und Novizen auf das Priestertum vor. 700 Frauen und 100 Männer führen als eigenständige Ordenszweige ein gottgeweihtes Leben in der Welt. Hinzu kommt Regnum Christi, die Laienorganisation des Ordens, der rund 40.000 Menschen angehören. Die Legion ist vor allem im akademischen Bereich mit 15 eigenen Universitäten und 43 Hochschulen aktiv. Seit Februar 2012 ist der Deutsche, Pater Sylvester Freiherr von Heeremann Generalvikar der Kongregation, der seit Oktober provisorisch bis zum Generalkapitel auch das Amt des Generaloberen ausübt.
Der katholische Kirchenrechtler De Paolis, dessen Wappenschild das Wort Humilitas (Demut) enthält, wurde im Juli 2010 von Papst Benedikt XVI. zum Päpstlichen Delegaten für die Legionäre Christi ernannt, der seither faktisch die Legion leitet. Die Kongregation gehört zu den blühendsten Orden der katholischen Krise. Nach Bekanntwerden des Skandals um schwerwiegende Verfehlung von Ordensgründer Marcial Maciel (1920–2008) geriet der Orden in eine schwere Krise. Benedikt XVI., soeben zum Papst gewählt, ordnete umgehend die Wiederaufnahme von Untersuchungen gegen Maciel an, die er 2002, wohl auf Anweisung Johannes Pauls II., der die Anschuldigungen gegen Maciel nicht wahrhaben wollte, da wahrscheinlich nicht umfassend informiert, einstellen hatte müssen. Als sich die Vorwürfe bestätigten, griff Benedikt XVI. zum drastischen Mittel und entfernte Maciel aus der Ordensleitung und verurteilte ihn zu einem Leben der Buße und des Gebets. Kurz darauf stellte er die Legion unter kommissarische Verwaltung, um deren grundlegende Neuordnung auf solider Basis in die Wege zu leiten.
Beobachter sahen den Orden Mitte des vorigen Jahrzehnts bereits am Ende. Doch es kam anders. Papst Benedikt XVI., der eine radikale Reinigung verlangte und mit der Einsetzung De Paolis einen klaren Bruch mit der Ordensleitung unter Maciel vollzog, wollte die zahlreichen guten Kräfte des Ordens stärken, um einen Neubeginn zu wagen. Ein Wagnis, das fünf Jahre nach dem Tod des Gründers, offensichtlich erfolgreich war. Im Juli endet das dreijährige Mandat, das Benedikt XVI. Kardinal De Paolis verliehen hatte. De Paolis berichtete Papst Franziskus über die während seines Mandats eingetretene Entwicklung, ordensinterne Problem, aber auch die erstaunlich positive Entwicklung in der Legion.
Anders als von vielen erwartet, zerbrach die Legion unter der Last der Erschütterung rund um ihren Gründer nicht. Grund dafür waren die zahlreichen vorbildlichen Priester, die in der Legion tätig sind und die ihrer Berufung und ihrem Auftrag treu blieben. Mit diesen Kräften gelang ein solider Neubeginn.
Kardinal De Paolis wird noch das Generalkapitel einberufen und leiten. Sobald die neuen Ordensregeln genehmigt und eine neue Ordensleitung gewählt ist, wird er Papst Franziskus mit einem abschließenden Bericht sein Mandat zurücklegen.
Die Frage, warum die einen Orden keinen und andere starken Zuwachs haben, wäre am Beispiel der Legionäre Christi ein lohnenswertes Studium für die Gesamtkirche.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: La cigüeña de la torre