[Update] Die „Reform der Kirche“ hat begonnen – Ein Pontifikat und viele Fragen


Vatikan Römische Kurie: Reform oder Umbau der Kirche durch Papst Franziskus?(Vati­kan) „Die Kuri­en­re­form hat bereits begon­nen“, mit die­sen Wor­ten umreißt der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster die ersten Ent­schei­dun­gen von Papst Fran­zis­kus. Viel­leicht mein­te Magi­ster mehr eine „Kir­chen­re­form“ als eine „Kuri­en­re­form“. Die Ent­schlos­sen­heit des Pap­stes zu „refor­mie­ren“ wird aus sei­nen ersten Ent­schei­dun­gen deut­lich, die unüber­seh­bar eine Dis­kon­ti­nui­tät zum Aus­druck brin­gen, ange­fan­gen von sei­ner Ent­schei­dung, nicht die päpst­li­che Woh­nung zu bezie­hen und einen völ­lig neu­en Papst­na­men zu wählen.

Wohnortfrage nicht nur „sympathisch“ oder „exaltiert“

Anzei­ge

Die Wahl des Wohn­or­tes mag vie­len je nach Posi­ti­on ledig­lich als sym­pa­thisch oder exal­tiert erscheinen.Doch Papst Fran­zis­kus woll­te damit sofort einen Bruch signa­li­sie­ren. Die blo­ße Geste, die viel Applaus fin­det, weil demü­ti­ge Gesten ande­rer immer ger­ne gese­hen wer­den, birgt den ent­schlos­se­nen Wil­len, der Kir­che sei­nen ganz eige­nen Regie­rungs­stil auf­zu­zwin­gen und sich nicht, von nie­man­den, in einen Regie­rungs­stil hin­ein­pres­sen zu las­sen. Durch das Woh­nen im Domus Sanc­tae Mart­hae ent­zieht sich der Papst phy­sisch den durch Jahr­hun­der­te ein­ge­üb­ten Gewohn­hei­ten der Römi­schen Kurie. Die gewohn­ten Abläu­fe kön­nen mit einem Schlag nicht mehr ein­ge­hal­ten wer­den. Der Papst behält das Heft des Han­delns in der Hand und zwar ganz allein.

Das bestä­tigt argen­ti­ni­sche Stim­men, die sofort das Bild eines demü­ti­gen Auf­tre­tens beschrie­ben, hin­ter dem sich jedoch ein eiser­ner Wil­len ver­birgt, der dele­giert, sich aber Ent­schei­dun­gen vor­be­hält. Und nicht zögert Ent­schei­dun­gen zu treffen.

Paradoxer Gegensatz zwischen zögerlichem „Panzerkardinal“ und demütiger Entschlossenheit

Damit tritt ein para­dox anmu­ten­der Gegen­satz zu sei­nem Vor­gän­ger auf. Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger eil­te der von bestimm­ten Tei­len der Kir­che und Medi­en sorg­sam auf­ge­bau­te Ruf vor­aus, ein „Pan­zer­kar­di­nal“ zu sein. Als Papst zeig­te er jedoch eine gewis­se Ent­schei­dungs­scheu, weil sei­nem Kir­chen­ver­ständ­nis nichts mehr ein Gräu­el war als ein Bruch. Er setz­te auf Kon­ti­nui­tät und hielt Kon­ti­nui­tät für ein essen­ti­el­les Merk­mal für ein gedeih­li­ches kirch­li­ches Leben. Er such­te gedul­dig zu über­zeu­gen und wenn die Wider­stän­de zu groß waren, ver­schob er Ent­schei­dun­gen auf einen spä­te­ren Zeit­punkt, in der Hoff­nung, daß die­ser dann gün­sti­ger sein werde.

Bei Jor­ge Mario Kar­di­nal Berg­o­glio scheint der gegen­tei­li­ge Ein­druck vor­zu­herr­schen: ein demü­ti­ger Bru­der, der kein Macht­mensch sein kann, der nicht über ande­re hin­weg ent­schei­det. Die schlich­te Stren­ge Bene­dikts XVI. und die demü­ti­ge Locker­heit von Fran­zis­kus sind äußer­li­che Ein­drücke, die wenig über den Cha­rak­ter die­ser bei­den Päp­ste und ihren Regie­rungs­stil aussagen.

Papst Franziskus hält Heft des Handelns fest in der Hand

Fran­zis­kus zwingt die ver­schie­de­nen Büros der Römi­schen Kurie bereits aus prak­ti­schen Grün­den, den Papier­auf­wand zu redu­zie­ren, sich kür­zer zu fas­sen und dem Papst vor­zu­le­gen­den Doku­men­te auf ein Mini­mum zu redu­zie­ren. Es ist ein offe­nes Geheim­nis, daß Bene­dikt XVI., der ein Duld­er war, von man­chen Dik­aste­ri­en und Amts­stel­len gera­de­zu unter Papier begra­ben wur­de. Wer erin­nert sich nicht an den Anflug einer sanf­ten Auf­leh­nung, als ihm das 400-Sei­ten star­ke Pro­gramm sei­nes Deutsch­land-Besuchs vor­ge­legt wurde.

Der neue Regie­rungs­stil von Fran­zis­kus wirft zahl­rei­che Fra­gen auf, wie er es kon­kret und vor allem inhalt­lich mit spe­zi­fi­schen Fra­gen bei der Lei­tung der Welt­kir­che hält. Es ist bekannt, daß der Argen­ti­ni­er sich bevor­zugt als Bischof von Rom bezeich­net und offen­sicht­lich vor­hat, struk­tu­rel­le Refor­men in Rich­tung Kol­le­gia­li­tät umzu­set­zen. Zumin­dest wur­de eine ent­spre­chen­de Stu­die in Auf­trag gege­ben. Mit der Kol­le­gia­li­tät kon­tra­stiert aber sein ent­schlos­se­nes Han­deln als allein­ent­schei­den­der Papst. Es besteht kein Zwei­fel, daß Fran­zis­kus sei­ne Ent­schei­dun­gen allei­ne trifft und dabei nicht zögert.

Dies deu­tet dar­auf hin, daß er die sei­nem Pon­ti­fi­kat ver­gönn­ten Jah­re für Ände­run­gen zu nüt­zen gedenkt, die in die Zukunft hin­ein­wir­ken und sei­ne Nach­fol­ger bedin­gen sollen.

Erste Bischofsernennungen im völligen Alleingang

Ein kon­kre­tes Bei­spiel: Sei­ne erste Per­so­nal­ent­schei­dung, die Ernen­nung sei­nes Nach­fol­gers als Erz­bi­schof von Bue­nos Aires und Pri­mas von Argen­ti­ni­en ging garan­tiert nicht über den Tisch der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on. Das übli­che Pro­ze­de­re von Erhe­bun­gen vor Ort durch den Nun­ti­us, durch brei­te Kon­sul­ta­tio­nen in Argen­ti­ni­en unter Bischö­fen, Kle­rus und Lai­en, durch eine Über­prü­fung durch das zustän­di­ge Dik­aste­ri­um und schließ­lich das Unter­brei­ten von Vor­schlä­gen wur­de mit Sicher­heit nicht ein­ge­hal­ten. Die Letzt­ent­schei­dung steht immer dem Papst zu. Davon hat Fran­zis­kus Gebrauch gemacht. Er kann­te die Situa­ti­on, kürz­te das gesam­te Prü­fungs­ver­fah­ren ab und ernann­te sofort den, den er dort haben wollte.

Glei­ches wird auch von der zwei­ten Per­so­nal­ent­schei­dung gesagt, der Ernen­nung von Gin­ta­ras Grusas zum neu­en Erz­bi­schof von Wil­na in Litau­en. Er tritt die Nach­fol­ge von Audrys Kar­di­nal Backis an. Der Kar­di­nal, hat­te Grusas als sei­nen Nach­fol­ger vor­ge­schla­gen. Auch die­se Ent­schei­dung traf der neue Papst im Allein­gang an der Bischofs­kon­gre­ga­ti­on vor­bei, deren Prä­fekt der Kana­di­er Marc Kar­di­nal Ouel­let ist, der selbst als Papa­bi­le galt. Bei­de Ernen­nun­gen betref­fen poten­ti­el­le künf­ti­ge Kardinäle.

Schluß­fol­ge­run­gen sind ver­früht. Es wird jeden­falls span­nend, sobald Papst Fran­zis­kus zum ersten außer­or­dent­li­chen Kon­si­sto­ri­um ein­la­den und damit neue Kar­di­nä­le ernen­nen wird. Wen wird er ernen­nen? Und wird er sich an die Ober­gren­ze von höch­stens 120 Papst­wäh­lern hal­ten, die seit einem hal­ben Jahr­hun­dert gilt? Wird er die Orts­kir­chen der Kurie bevor­zu­gen? Wird er auf Per­so­nen ach­ten oder auf tra­di­tio­nell mit der Kar­di­nals­wür­de ver­bun­de­ne Erz­bi­schofs­sit­ze? Wird sich das Gewicht im Kar­di­nals­kol­le­gi­um aus Ita­li­en und Euro­pa in die Schwel­len­län­der und die Drit­te Welt verlagern?

Eine wei­te­re Ver­än­de­rung betrifft die Glaubenskongregation.

Wird Glaubenskongregation an Bedeutung verlieren?

Mit Joseph Kar­di­nal Ratz­in­ger zunächst als Prä­fekt, dann als Papst spiel­te die Kon­gre­ga­ti­on eine gro­ße Rol­le bei der Lei­tung der Kir­che, man den­ke nur an die Doku­men­te zu den nicht-ver­han­del­ba­ren Wer­ten wie die Instruk­tio­nen Donum vitae von 1987 und Digni­tas per­so­nae von 2008, oder die Lehr­mä­ßi­gen Noten über die Katho­li­ken in der Poli­tik von 2002 und gegen die staat­li­che Lega­li­sie­rung homo­se­xu­el­ler Bezie­hun­gen von 2003. Glei­ches galt auch für die Ein­grif­fe und Dis­zi­pli­nar­maß­nah­men gegen häre­ti­sche The­sen, die von Theo­lo­gen ver­brei­tet wur­den, dar­un­ter meh­re­re Jesui­ten: Antho­ny de Mel­lo 1998, Jac­ques Dupuis 2001, Roger Haight 2004 und Jon Sobri­no 2006. Nicht zuletzt sind noch die umfang­rei­chen kir­chen­recht­li­chen Zustän­dig­kei­ten zu nen­nen, die den Orts­bi­schö­fen ent­zo­gen und der Kon­gre­ga­ti­on über­tra­gen wur­den, um gegen soge­nann­te Delic­ta gra­vio­ra vor­zu­ge­hen, dar­un­ter vor allem gegen Pädo­phi­lie mit den stren­gen 2001 beschlos­se­nen Bestim­mun­gen, die 2010 noch ein­mal ver­schärft wurden.

Wel­che Rol­le wird die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on jedoch unter Papst Fran­zis­kus spie­len, frag­te sich jüngst San­dro Magi­ster. Papst Fran­zis­kus ver­fügt über die nor­ma­le phi­lo­so­phi­sche und theo­lo­gi­sche Aus­bil­dung eines Prie­sters. Er ver­fügt aber weder über eine theo­lo­gi­sche Spe­zia­li­sie­rung noch über ein Dok­to­rat. Fach­aus­bil­dung und Pro­mo­ti­on gal­ten bereits vor dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil als Vor­aus­set­zung für eine Bischofsernennung.

Am 5. April emp­fing der neue Papst Kuri­en­erz­bi­schof Ger­hard Lud­wig Mül­ler in Audi­enz. Der ehe­ma­li­ge Bischof von Regens­burg war im Som­mer 2012 von Bene­dikt XVI. zum Prä­fek­ten der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on ernannt wor­den. Über den Inhalt der Bespre­chung wur­de wenig bekannt. Die Kon­gre­ga­ti­on erließ im Anschluß nur eine knap­pe Pres­se­er­klä­rung, in der her­vor­ge­ho­ben wur­de, daß gegen sexu­el­len Kin­des­miß­brauch durch Kle­ri­ker die kom­pro­miß­lo­se Linie von Bene­dikt XVI. fort­ge­setzt werde.

Nach Audienz von Erzbischof Müller wurde wenig über weitere Arbeit bekannt

Die Erklä­rung soll zumin­dest in die­sem Punkt jeden Ver­dacht der Dis­kon­ti­nui­tät zer­streu­en, und das in einem Pon­ti­fi­kat, das durch den Wil­len des Amts­in­ha­bers gera­de auf Dis­kon­ti­nui­tät aus­ge­rich­tet scheint. Das mag welt­li­che Medi­en zufrie­den­stel­len, ist aber eini­ger­ma­ßen nichts­sa­gend, ange­sichts der zen­tra­len Fra­gen, mit wel­chen die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on befaßt ist. Wie geht es mit den „nicht-ver­han­del­ba­ren Wer­ten“ wei­ter? Wie mit dem gras­sie­ren­den Übel häre­ti­scher Leh­ren an katho­li­schen Fakul­tä­ten? Wie mit den Miß­stän­den bei der Aus­bil­dung von Prie­ster, Theo­lo­gen, stän­di­gen Dia­ko­nen, Pasto­ral­as­si­sten­ten? Wird die Kon­gre­ga­ti­on auch wei­ter­hin eine prä­ven­ti­ve Über­prü­fung der Tex­te von Papst Fran­zis­kus durch­füh­ren, wie dies bei den bis­he­ri­gen Päp­sten der Fall war? Oder geht der Papst durch die per­sön­li­che Bera­tung von Kuri­en­erz­bi­schof Lada­ria einen ande­ren Weg? Kommt es für die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on tat­säch­lich zu einem rele­van­ten Bedeu­tungs­ab­bau, wie eini­ge Signa­le des neu­en Pon­ti­fi­kats anzu­deu­ten scheinen?

Was wird aus liturgischer Erneuerung Benedikts XVI., dem Alten Ritus und dem pro multis?

Bene­dikt XVI. hat­te ein beson­de­res lit­ur­gi­sches Gespür. Sei­ne anti­pro­gres­si­ver Wider­stand, den er in sei­ner Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät for­mu­lier­te, bestand nicht zuletzt auch dar­in, das Ver­ständ­nis für die Bedeu­tung, die Zen­tra­li­tät und die Sakra­li­tät der Lit­ur­gie zu stär­ken. Er befrei­te den „Alten Ritus“ aus der Qua­ran­tä­ne, in die er von den Bil­der­stür­mern ver­bannt wor­den war. Sei­ner Über­zeu­gung fol­gend, wonach jede Form von Bruch für die Kir­che eine schwer­wie­gen­de Erschüt­te­rung bedeu­tet, konn­te der Bruch vor­wärts nicht mit einem Bruch rück­wärts beant­wor­tet wer­den, son­dern nur mit einem schritt­wei­sen Über­win­den des­sel­ben. Die­sem Ver­ständ­nis ist auch der bedau­er­li­che Umstand geschul­det, daß er wegen anhal­ten­den Wider­stän­den den Zeit­punkt noch nicht für gekom­men sah, als Papst öffent­lich im „Alten Ritus“ zu zelebrieren.

Mit dem Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum setz­te er jedoch einen Mei­len­stein in der jün­ge­ren Kir­chen­ge­schich­te. Der Schritt, der vor­kon­zi­lia­ren Lit­ur­gie wie­der Aner­ken­nung und Wür­de zurück­zu­ge­ben, löste star­ken Wider­spruch aus. Glei­ches gilt für die Über­ar­bei­tung der lan­des­sprach­li­chen Meß­bü­cher, um sie in eine dem latei­ni­schen Ori­gi­nal ent­spre­chen­de­re Form zu brin­gen. Dazu gehört vor allem die kor­rek­te Über­set­zung der Wand­lungs­wor­te pro mul­tis mit dem theo­lo­gisch angemesseneren„für vie­le“ statt dem bis­her gebrauch­ten „für alle“. Nach hef­ti­ger Oppo­si­ti­on folg­ten schließ­lich auch deut­scher und ita­lie­ni­scher Epi­sko­pat. Was wird nun mit die­sem müh­se­lig errun­ge­nen Durch­bruch Bene­dikts XVI.?

Als Papst Fran­zis­kus am 17. März, dem ersten Sonn­tag sei­nes Pon­ti­fi­kats einen uner­war­te­ten Besuch in einer römi­schen Stadt­pfar­rei absol­vier­te, zele­brier­te er das Hoch­ge­bet in ita­lie­ni­scher Spra­che mit dem „für alle“. Bene­dikts XVI. sprach den Kanon immer auf Latein und damit immer das pro mul­tis.

Neuer Sekretär der Ordenskongregation: Wie geht es mit rebellischen US-Nonnen weiter?

Wie wird Papst Fran­zis­kus, der erste Ordens­mann auf dem Papst­thron seit mehr als 150 Jah­ren mit dem Brand­herd der rebel­li­schen US-Ordens­frau­en umge­hen? Sei­ne erste Ernen­nung an der Römi­schen Kurie betraf am 6. April die Beru­fung des Gene­ral­mi­ni­sters der Fran­zis­ka­ner, des Spa­ni­ers José Rodri­guez Car­bal­lo zum neu­en Sekre­tär der Ordenskongregation.

Car­bal­lo über­nimmt die seit Okto­ber 2012 unbe­setz­te Stel­le des Ame­ri­ka­ners Joseph Wil­liam Tobin, dem ehe­ma­li­gen Gene­ral­obe­ren der Redempto­ri­sten. Tobin war nach nur zwei Jah­ren durch Ernen­nung zum Erz­bi­schof von India­na­po­lis (USA) aus Rom weg­be­för­dert wor­den, weil er gegen­über den Rebel­lin­nen einen zu wei­chen Kurs fuhr.

Die Wahl dürf­te nicht auf Car­bal­lo gefal­len sein, weil er fran­zis­ka­ni­scher Gene­ral­mi­ni­ster ist, son­dern weil er 2012 zum Vor­sit­zen­den der Uni­on der Gene­ral­obe­ren der Ordens­ge­mein­schaf­ten gewählt wur­de, eines kol­le­gia­len Organs ohne direk­te Ent­schei­dungs­be­fug­nis­se. Car­bal­lo ist damit gewis­ser­ma­ßen der höch­ste Spre­cher der katho­li­schen Orden.

Papst Fran­zis­kus folg­te damit nicht der noch unter Bene­dikt XVI. getrof­fe­nen Vor­ent­schei­dung, wonach ein ame­ri­ka­ni­scher Domi­ni­ka­ner zum neu­en Sekre­tär der Ordens­kon­gre­ga­ti­on ernannt wer­den sollte.

Und nicht zuletzt: Wie geht es mit der Piusbruderschaft weiter?

Unter Bene­dikt XVI. wur­den die Gesprä­che zwi­schen dem Hei­li­gen Stuhl und der Prie­ster­bru­der­schaft St. Piux X. nicht abge­schlos­sen.  Papst Fran­zis­kus hat bis­her das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil nur ein­mal erwähnt und zwar am 20. März bei der Begeg­nung mit den Reli­gi­ons­ver­tre­tern. Der Unter­schied zu den vor­her­ge­hen­den Pon­ti­fi­ka­ten seit Paul VI. ist offen­sicht­lich. Die Fra­ge der Her­me­neu­tik des Kon­zils scheint ihn nicht beson­ders zu berüh­ren. Trotz wider­sprüch­li­cher Stim­men, scheint er in sei­ner Erz­diö­ze­se und im Gegen­satz zu zahl­rei­chen euro­päi­schen Bischö­fen rela­tiv tole­rant gegen­über den „Tra­di­tio­na­li­sten“ gewe­sen zu sein.

Wird Blockade des Heiligsprechungsverfahrens von Oscar Arnulfo Romero aufgehoben?

Wei­te­re Fra­gen betref­fen die wei­te­ren Ernen­nun­gen an der Römi­schen Kurie. Wird sich die Zahl der kuria­len Doku­men­te und vor allem ihr Umfang ver­rin­gern? Die ersten Hei­lig- und Selig­spre­chun­gen waren bereits am Tag sei­ner Rück­tritts­an­kün­di­gung von Bene­dikt XVI. bekannt­ge­ge­ben wor­den. Sie betref­fen neben eini­gen Ordens­grün­de­rin­nen vor allem Mär­ty­rer, die Opfer des Islam, des Kom­mu­nis­mus und des Natio­nal­so­zia­lis­mus wur­den. Papst Fran­zis­kus hat sie ohne Ände­run­gen ange­nom­men. Wie wird es mit den Hei­lig- und Selig­spre­chun­gen wei­ter­ge­hen? Pro­gres­si­ve Krei­se drän­gen schon lan­ge, das Hei­lig­spre­chungs­ver­fah­ren von Oscar Arnul­fo Rome­ro, des Erz­bi­schofs von San Sal­va­dor zu Ende zu füh­ren. Ein Ver­fah­ren, das nicht nur ein­fach lie­gen­ge­blie­ben ist, son­dern von der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on unter Kar­di­nal Ratz­in­ger, dann auch als Papst Bene­dikt XVI. blockiert wurde.

Ein Pon­ti­fi­kat mit vie­len Fra­gen. „Die Ant­wor­ten wer­den mit der Zeit kom­men. Und es wird nicht an Über­ra­schun­gen feh­len. Dar­auf könn­te man wet­ten“, so der Vati­ka­nist San­dro Magister.

[Update] Papst Bene­dikt XVI. sprach bei sei­nem Deutsch­land­be­such die Wand­lungs­wor­te bei den Hei­li­gen Mes­sen in Ber­lin und Erfurt auf Latein, in Frei­burg aller­dings Deutsch und das pro mul­tis als „für alle“, wie es in der deut­schen Über­set­zung des Mis­sa­le noch vor­ge­se­hen ist (dem lit­ur­gi­schen Ver­ständ­nis Bene­dikts XVI. hät­te es wider­spro­chen, in einer Lan­des­spra­che nicht nach dem gel­ten­den Mis­sa­le zu zele­brie­ren, wenn er auch auf deren Ände­rung dräng­te). Ich dan­ke dem Hin­weis auf­merk­sa­mer Leser. Tat­säch­lich ergab eine Durch­sicht mei­ner Noti­zen zu Frei­burg an der betref­fen­den Stel­le drei Ruf­zei­chen. War­um in Frei­burg der Kanon deutsch gespro­chen wur­de, konn­te ich nicht klä­ren. Über­haupt bot die Etap­pe in Frei­burg (Jugend­vi­gil und Meß­fei­er mit Kohor­ten von Kom­mu­ni­on­hel­fe­rin­nen) aus­rei­chend Grund zum Stau­nen, aller­dings vor allem über die Gast­ge­ber, die dem Papst Ele­men­te ihres Kir­chen­ver­ständ­nis­ses gera­de­zu auf­zwin­gen woll­ten. Dazu scheint auch das deutsch gespro­che­ne Hoch­ge­bet gehört zu haben. Nur ein hal­bes Jahr spä­ter ver­öf­fent­lich­te Bene­dikt XVI. am 14. April 2012 sein Schrei­ben zur kor­rek­ten Über­set­zung der Wand­lungs­wor­te (dazu auch „Ein­griff Bene­dikt XVI. zu Wand­lungs­wor­ten been­det lan­ge Kon­tro­ver­se“). Der Papst wand­te sich mit die­sem Schrei­ben an die Welt­kir­che, bedien­te sich dabei der deut­schen Spra­che und rich­te­te es kon­kret an die deut­schen Bischö­fe. Eine kla­re Bot­schaft. Es kann kein Zwei­fel dar­an bestehen, daß Bene­dikt XVI. die Über­tra­gung des pro mul­tis in die Lan­des­spra­chen als „für vie­le“ woll­te und dafür jah­re­lan­ge, gedul­di­ge, wahr­schein­lich zu gedul­di­ge Über­zeu­gungs­ar­beit gelei­stet hat. Das Schrei­ben vom 14. April 2012 ist Aus­druck die­ser Über­zeu­gungs­ar­beit und der Wider­stän­de, die sich ihm dabei entgegensetzten.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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