(London) Der wegen Ungehorsam aus der Priesterbruderschaft St. Pius X. ausgeschlossene Weihbischof Williamson will in den nächsten Tagen Deutschland besuchen. Er will Priester und Laien der Piusbruderschaft treffen, um deren Spaltung voranzutreiben. Geplant scheint unter anderem die Weihe einer Kapelle in einem kleinen Kloster in Häusern. Ähnlich wie bei den Karmelschwestern von Brilon hatte der eingesetzte Hausspiritual die Trennung von der Priesterbruderschaft St. Pius X. eingeleitet, dies aber bereits vor Jahren, weil die Priesterbruderschaft St. Pius X. den Sedisvakantismus ablehne.
Bischof Williamson wird auch die Schwestern in Brilon Wald besuchen, die sich vor kurzem von der Priesterbruderschaft St. Pius X. trennten. Eine andere Station wird voraussichtlich Wigratzbad sein. Dort hat vor kurzem ein Priester im 25. Jahr seiner Weihe eine sedisvakantistische Gemeinde, ca. 50 Personen, übernommen. Zuvor betreute er für die Priesterbruderschaft St. Pius X. Gläubige in Überlingen. In Konstanz gründete er den Verein Sankt Thomas von Aquin e. V., um auch dort Fuß zu fassen. Er ist seit Jahren mit dem Spiritual des Klosters in Häusern in engem Kontakt und predigt dort den Schwestern regelmäßig die Exerzitien. Er verließ schon einmal die Bruderschaft, kehrte aber noch einmal zu ihr zurück. Seit einiger Zeit betet er in der Heiligen Messe nicht mehr für den Papst, was von den Oberen und seinen Mitbrüdern sehr kritisch gesehen wurde.
Bischof Williamson wird zu einem Privatbesuch [Update 24.4 8:25: 1. und 2. Mai] in [Update 25.4. 23:45 Ober-Ramstadt Brombachtal] erwartet, wo er ein frisch vermähltes Ehepaar besucht, das sich ursprünglich von ihm in einer Kapelle der Priesterbruderschaft St. Pius X. trauen lassen wollte. Dies verbot der deutsche Distriktobere der Priesterbruderschaft St. Pius X., Pater Franz Schmidberger, worauf der Prior von Rheinhausen das Paar vermählte. [Update 24.4 8:25: Aus dem privaten Treffen wird versucht eine zweitätige Tagung mit Vorträgen und gemeinsamen Spaziergang mit Bischof Williamson zu organisieren. Die Anmeldungen scheinen nicht so zahlreich zu sein. Es werden bereits Familien angesprochen die fest in der Priesterbruderschaft St. Pius X. verbunden sind.]
Der Streit zwischen den Oberen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und dem Lager um Williamson eskaliert weiter. Eine Spaltung oder Abtrennung dieser Gruppe steht unmittelbar bevor. Auf einer Hochzeit, die vor kurzem stattfand, kritisierte ein deutscher Prior offen den Generaloberen der Priesterbruderschaft, Bischof Bernard Fellay als „Veräter“. Gleiches wurde bereits von einem Priester während der letztjährigen Pfingstwallfahrt gesagt. Beobachter deuten dies auch als Drohkulisse, um den Oberen eine bestimmteMeinung aufzuzwingen, ohne selbst die Piusbruderschaft verlassen zu wollen.
Auf der erwähnten Hochzeit waren zahlreiche Priester anwesend, die bereits vor Jahren, weit vor den Gesprächen mit dem Vatikan, die Priesterbruderschaft verlassen hatten und Priester, die erst vor kurzem die Bruderschaft verließen und offiziell den derzeitigen Kurs der Priesterbruderschaft als „modernistisch“ brandmarken. Einige dieser Priester wandten sich nach dem Weggang zunächst erstaunlicherweise dem Vatikan näherstehenden Gemeinschaften zu, verließen diese aber wieder schnell, um als „vagantes“ weiter zu suchen.
Laien, sie sich offen sedisvakantistisch positionieren, erteilt der deutsche Distriktobere Hausverbot. Sie dürfen in den konkrete Fällen derzeit noch die Sakramente in den Kapellen der Piusbruderschaft empfangen, aber keine Schriften verteilen und nicht zur Unruhe aufstacheln. Solche Maßnahmen sind nichts besonderes und wurden von Distriktoberen seit der Gründung der Piusbruderschaft immer wieder verhängt.
Ein mit Hausverbot belegter Laie soll die Reise von Bischof Williamson mitorganisiert haben. Bischof Williamson wird mit der Reise offenbar prüfen, mit wieviel und welcher Unterstützung er in Deutschland rechnen kann.
Die meisten „Priester im Widerstand“ fielen bereits seit Jahren wegen Ungehorsams und maßloser Kritik gegenüber Oberen auf. Versetzungen und Zusammensetzung von Prioratsgemeinschaften waren häufig die Hauptkritikpunkte. Ob die „Widerstandspriester“ sich einer Autorität unterstellen oder ihre eigenen Initiativen gründen, bei denen sie sich selbst die einzige Autorität sind, bleibt abzuwarten.
Da sich die „theologische“ Begründung des „Widerstandes“ auf dünnem Eis bewegt und die Gespräche zwischen dem Vatikan und der Priesterbruderschaft St. Pius X. falsch interpretiert zu werden scheinen, sieht der derzeitige Obere des deutschen Distrikts, Pater Franz Schmidberger, den Konflikt eher auf persönlicher Ebene: „Eigensinn, Rechthaberei, Besserwisserei, Kritiksucht, falsche Dialektik, Spott und Häme“, beschrieb er im Vorwort des Mitteilungsblattes im April 2013 das Verhalten.
Die Priesterbruderschaft St. Pius X. erduldet seit ihrer Gründung Angriffe auf die Oberen, einerseits von progressistischer, auf der anderen von sedisvakantistischer Seite. Deshalb werden seitens der Priesterbruderschaft regelmäßig Artikel, wie Rechtmäßiger Ungehorsam gegen die Autorität und Mgr. Lefebvre: Über die Verhandlungen mit Rom veröffentlicht.
Bischof Williamson erweitert bereits seit Wochen in seinen regelmäßig erscheinenden Eleison-Kommentare seine Position Richtung Sedivakantismus und beginnt sich von Erzbischof Lefebvre abzugrenzen. Vermutlich versucht er die von ihm gegründete St. Marcel Initiative zum weltweiten Zentrum des Sedisvakantismus der Zukunft auszubauen.
Seit ihrer Gründung der Bruderschaft 1970 durch Erzbischof Marcel Lefebvre verließen jedes Jahr zwei, drei Priester je Distrikt die Priesterbruderschaft St. Pius X., weil sie mit ihren Oberen unzufrieden waren, oder sie wurden ausgeschlossen, weil sie sich weigerten, „dem rechtmäßigen Oberen den nötigen Respekt und Gehorsam zu erweisen“.
Zur Piusbruderschaft gehören nach eigenen Angaben von 2012 weltweit 569 Priester. Die Zahl der Gläubigen, die sich zu ihr verbunden ist, soll nach Angaben von Kardinal Darào Castrillón Hoyos von 2007 etwa 600.000 Personen umfassen, davon 100.000 in Frankreich. Andere Quellen nennen 150.000 Anhänger.
Blogs und Foren des „Widerstandes“ nennen derzeit 22 Priester, die weltweit dieser Richtung zugehörig sein sollen.
Bischof Williamson wurde im Januar vom Amtsgericht Regensburg wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 1800 Euro verurteilt. Das Amtsgericht begründete die relativ geringe Geldstrafe damit, daß Williamson nach Ansicht des Gerichts derzeit über kein Einkommen verfüge. Gegen das Urteil legte Williamson Berufung ein.
[Update 17:06 Uhr: Der Besuch Williamson in Deutschland wird den Aussöhnungsprozeß zwischen der Priesterbruderschaft St. Pius X. und dem Vatikan enorm erschweren, wenn nicht sogar beenden, was ganz sicher seine Absicht ist.
So schreibt er in seiner Kolumne vom 9. März „Tatsächlich brachten die freundschaftlichen Kontakte zwischen Rom und der Bruderschaft im Januar 2009 einen solchen Prozeß in Gang. Nur ein gewisser Ausbruch der schrecklichsten Häresie der Neuzeit – des „Antisemitismus“ – mitten aus der Bruderschaft lähmte diesen Prozeß. Doch entweder ist eine katholische Versöhnung mit dem Zweiten Vatikanum kein Problem, oder aber die göttliche Vorsehung bewirkte den erwähnten „Ausbruch“, denn er verhinderte – wenigstens für eine Weile – die falsche Versöhnung.“ In dem am 9. Februar veröffentlichten Kolummne schreibt er: „Und jede historische Wahrheit basiert auf Beweisen, wovon die zuverlässigsten aus den materiellen Überresten der Vergangenheit bestehen, weil sie prinzipiell von menschlichen Gefühlen unabhängig sind.“
Bischof Williamson war es nach seinen eigenen Worten egal, ob seine Aussagen in Deutschland verbreitet werden würden oder nicht, er ging sogar von einer Veröffentlichung seiner Worte aus, da er mit Hilfe der Holocaustleugnung ein anderes Ziel verfolgte, nämlich die Torpedierung der Gespräche zwischen Rom und der Priesterbruderschaft. Diese Intention dürfte dem sogenannten Dolus eventualis entsprechen, nach welchem der Täter den Taterfolg als Folge seines Handelns ernsthaft für möglich hält und ihn zugleich billigend in Kauf nimmt und sich damit abfindet. Anders ausgedrückt: Bischof Williamson hat eine Straftat bewußt als Provokation begangen, um einen anderen Zweck, die Torpedierung der der Gespräche zwischen Rom und der Bruderschaft zu erreichen.
Daß Bischof Williamson in diesem Zusammenhang einerseits auf die Offenbarung göttlicher Wahrheiten beruft, andererseits sein Handeln als von der göttlichen Vorsehung inspiriert ansieht, ist ein interessanter Einblick über seinen Geisteszustand.]
Text: Linus Schneider
Bild: Jens Falk