(Rom) Durch eine glückliche Fügung fällt der Beginn des Konklaves am heutigen 12. März mit dem dies natalis des heiligen Gregors des Großen zusammen. Als dieser große Papst gewählt war, sandte er einen ausführlichen Brief an den ökumenischen Patriarchen Johannes in Konstantinopel und an die anderen Patriarchen des Ostens, um ihnen seine Einsetzung auf der Kathedra Petri in Rom mitzuteilen. Die Kirche gedachte bis zur Liturgiereform 1969 am 12. März dieser herausragenden Gestalt der Kirchengeschichte, seinem Todestag. Seither wird der 3. September, der Tag seiner Papstwahl im Jahr 590, in der Kirche begangen.
In seinem Schreiben legte er nicht nur sein Programm dar, sondern zeichnete auch das Idealprofil eines Papstes mit Worten, die wegen ihrer immerwährenden Gültigkeit noch heute beeindrucken. Nachfolgend nur eine kleine Auswahl markanter Sätze aus seinem Liber Regulae Pastoralis, seinen Episteln und Dialogen.
Es ist darauf zu achten, daß nicht durch übertriebene Demut die Autorität Schaden leide; denn wenn der Vorgesetzte mehr als recht ist, herabsteigt, vermag er die Untergebenen nicht mehr in Zucht zu halten.
Strenge und Milde verlieren ihren Wert, sobald die eine ohne die andere angewendet wird.
Besser, es gibt Skandale, als daß die Wahrheit zu kurz kommt.
Von Papst Gregor dem Großen stammt der Satz, der die Haltung Benedikts XVI. im Zusammenhang mit dem Pädophilieskandal treffend charakterisiert. Der Papst wußte, daß die Aufdeckung von Tätern und Schuld der Kirche momentan schaden würde. Und die Kirche hatte eine hohen Preis zu bezahlen, wobei die Geldzahlungen an Opfer dabei der geringste Teil ist. Das ist aber nur ein Moment in der Kirchengeschichte, während der Akt der Reinigung notwendig war und dauerhaft Nutzen bringt, da hemmende Lasten abgeworfen wurden und neue, reine Glaubwürdigkeit zurückgewonnen wurde.
Einige Fehler muß man lange ertragen, wenn nämlich die Umstände eine offene Zurechtweisung nicht zulassen; denn unzeitig aufgeschnittene Wunden entzünden sich noch heftiger.
Die Friedensstifter sollen wohl zusehen, zwischen welchen Menschen sie Frieden stiften müssen; denn wie die Zwietracht der Guten ein Übel ist, so ist auch ein Übel die Eintracht der Bösen.
Wenn ihr nicht alles, was ihr in der Welt besitzt, verlassen könnt, so behaltet die zeitlichen Güter doch wenigstens nur so, daß ihr von ihnen nicht wie von Fesseln an die Welt geschmiedet werdet.
Alle irdische Weisheit, mag sie mit noch so großem Scharfblick ausgerüstet sein, ist mit Gottes Weisheit verglichen Torheit.
Vor der Sünde fürchte Gottes Gerechtigkeit, nach der Sünde hoffe auf Gottes Barmherzigkeit.
Bei keiner Kunst maßt man sich an, sie zu lehren, bevor man sie gewissenhaft gelernt hat. Wie groß ist demnach der Leichtsinn, wenn Unerfahrene das Lehramt übernehmen; denn die Kunst aller Künste ist die Seelenleitung.
Durch sich selbst nämlich und nicht nach dem Willen des obersten Lenkers regieren, die ohne die Stütze der Tugenden, ohne göttliche Berufung, sondern nur aus eigener Begehrlichkeit das Hirtenamt mehr an sich reißen als es erlangen. Diese läßt der Richter über das Innere im Menschen zur Höhe gelangen, will sie aber nicht kennen; denn wenn er sie auch in seiner Zulassung erträgt, so kennt er sie sicher nicht bei der Verurteilung im Gerichte. Darum sagt er zu einigen, die vor ihm erscheinen, auch wenn sie Wunder gewirkt haben: „Weichet von mir, ihr Übeltäter; ich weiß nicht, wer ihr seid!“
Die Unerfahrenheit der Hirten wird von der ewigen Wahrheit getadelt, wenn sie durch den Propheten spricht: „Obwohl Hirten, haben sie doch keinen Verstand.“
An einer anderen Stelle zeigt der Herr seinen Abscheu gegen sie mit den Worten: „Auch die mit dem Gesetz umgingen, kannten mich nicht.“ Es klagt also die ewige Wahrheit, daß sie von diesen nicht erkannt werde, und beteuert, daß sie das Vorsteheramt der Unwissenden nicht kenne; denn gewiß will der Herr von denen nichts wissen, die in seinen Angelegenheiten unkundig sind, wie Paulus bezeugt: „Erkennt es aber jemand nicht, der wird auch nicht erkannt werden.“
Häufig aber entspricht der Unwissenheit der Hirten auch das Verdienst der Untergebenen; denn obgleich jene aus eigener Schuld das Licht der Wissenschaft nicht besitzen, so ist es doch die Folge eines strengen Gerichtes, daß durch ihre Unwissenheit auch diejenigen Schaden leiden, die sich nach ihnen richten. Darum sagt im Evangelium die ewige Wahrheit selbst: „Wenn ein Blinder einen Blinden führt, so fallen beide in die Grube.“
Es gibt solche, die sorgfältig und emsig die Gesetze des geistlichen Lebens erforschen, aber durch ihr Leben das mit Füßen treten, was sie mit dem Verstande erfassen. Schnell lehren sie, was sie nicht durch eigene Übung, sondern nur durch Nachdenken erlernt haben; und was sie dann mit Worten predigen, das bekämpfen sie durch ihr Verhalten. So geht der Hirt den jähen Weg abwärts, und die Herde stürzt ihm nach. Darum klagt der Herr über diese bejammernswerte Wissenschaft der Hirten durch den Propheten: „Nachdem ihr das reinste Wasser getrunken, habt ihr, was übrig blieb, mit eueren Füßen getrübt. So hatten meine Schafe zur Weide, was euere Füße zertraten; und was euere Füße trübten, das tranken sie.“
Die Bibel ist wie ein Strom, der so flach ist, daß ein Lamm daraus trinken kann, und so tief, daß ein Elefant darin baden kann.
Gib dir also Mühe, ich bitte Dich, und betrachte täglich die Worte Deines Schöpfers. Lerne das Herz Gottes in Gottes Worten kennen.
Text: Giuseppe Nardi
Nur am Rande zum Stichwort „dies natalis“: Ich frage mich schon sehr lange, ob der Natismus*, die vielleicht überhöhte Betonung der Geburt, nicht auch zur Herabsetzung des Ungeborenenstatus geführt hat. Natürlich ist das ein großartiger Vorgang, wenn ein Mensch sichtbar wird – zumal in einer durchvisualisierten Welt. Umso mehr müßte ein Gefühl entwickelt und vermittelt werden, für das unsichtbare Daseiende, welcher der Sichtbarkeit zwingend vorausgeht. Es gibt eine unsichtbare Wahrheit – und es gibt viele Trugbilder. So prägen Filme das Denken wie Erlebtes – und Ungesehenes geht wahrlich verloren, viel zu oft gar zu Tode.
*Begriff in Abgrenzung zum Natalismus
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Ansonsten: Ganz große Worte des Hl Gregor zur rechten Zeit. Und ein Lehrwort, das auch mich betrifft.
@MisterX
Die Aussage „Dies natalies“ bezieht sich bei den Heiligen in den meisten Fällen auf deren Sterbetag. Dieser wird als Tag der Geburt für den Himmel gesehen. Daher oft der Todestag eines Heiligen als dessen Festtag.
Siehe auch diesen Blogeintrag von gestern.
Drei starke Worte des heiligen Gregorius.
http://etnunc.blogspot.de/2013/03/sedisvakanz-12-tag.html